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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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kommen, sie werden ganz anderes bilden, wenn ihnen
gleich allen das Nehmliche zu Grunde liegt und liegen
wird, das Göttliche; und niemand kann sagen, was
in zehntausend in hunderttausend Jahren in Millio¬
nen von Jahren oder in hunderten von Billionen von
Jahren sein wird, da niemand den Plan des Schö¬
pfers mit dem menschlichen Geschlechte auf der Erde
kennt. Darum ist auch in der Kunst nichts ganz
unschön, so lange es noch ein Kunstwerk ist, das
heißt, so lange es das Göttliche nicht verneint, son¬
dern es auszudrücken strebt, und darum ist auch nichts
in ihr ohne Möglichkeit der Übertreffung schön, weil
es dann schon das Göttliche selber wäre nicht ein
Versuch des menschlichen Ausdruckes desselben. Aus
dem nehmlichen Grunde sind nicht alle Werke aus
den schönsten Zeiten gleich schön und nicht alle aus
den verkommensten oder rohesten gleich häßlich. Was
wäre denn die Kunst, wenn die Erhebung zu dem
Göttlichen so leicht wäre, wie groß oder klein auch
die Stufe der Erhebung sei, daß sie vielen ohne in¬
nere Größe und ohne Sammlung dieser Größe bis
zum sichtlichen Zeichen gelänge? Das Göttliche müßte
nicht so groß sein, und die Kunst würde uns nicht so
entzücken. Darum ist auch die Kunst so groß, weil

kommen, ſie werden ganz anderes bilden, wenn ihnen
gleich allen das Nehmliche zu Grunde liegt und liegen
wird, das Göttliche; und niemand kann ſagen, was
in zehntauſend in hunderttauſend Jahren in Millio¬
nen von Jahren oder in hunderten von Billionen von
Jahren ſein wird, da niemand den Plan des Schö¬
pfers mit dem menſchlichen Geſchlechte auf der Erde
kennt. Darum iſt auch in der Kunſt nichts ganz
unſchön, ſo lange es noch ein Kunſtwerk iſt, das
heißt, ſo lange es das Göttliche nicht verneint, ſon¬
dern es auszudrücken ſtrebt, und darum iſt auch nichts
in ihr ohne Möglichkeit der Übertreffung ſchön, weil
es dann ſchon das Göttliche ſelber wäre nicht ein
Verſuch des menſchlichen Ausdruckes desſelben. Aus
dem nehmlichen Grunde ſind nicht alle Werke aus
den ſchönſten Zeiten gleich ſchön und nicht alle aus
den verkommenſten oder roheſten gleich häßlich. Was
wäre denn die Kunſt, wenn die Erhebung zu dem
Göttlichen ſo leicht wäre, wie groß oder klein auch
die Stufe der Erhebung ſei, daß ſie vielen ohne in¬
nere Größe und ohne Sammlung dieſer Größe bis
zum ſichtlichen Zeichen gelänge? Das Göttliche müßte
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[221/0235] kommen, ſie werden ganz anderes bilden, wenn ihnen gleich allen das Nehmliche zu Grunde liegt und liegen wird, das Göttliche; und niemand kann ſagen, was in zehntauſend in hunderttauſend Jahren in Millio¬ nen von Jahren oder in hunderten von Billionen von Jahren ſein wird, da niemand den Plan des Schö¬ pfers mit dem menſchlichen Geſchlechte auf der Erde kennt. Darum iſt auch in der Kunſt nichts ganz unſchön, ſo lange es noch ein Kunſtwerk iſt, das heißt, ſo lange es das Göttliche nicht verneint, ſon¬ dern es auszudrücken ſtrebt, und darum iſt auch nichts in ihr ohne Möglichkeit der Übertreffung ſchön, weil es dann ſchon das Göttliche ſelber wäre nicht ein Verſuch des menſchlichen Ausdruckes desſelben. Aus dem nehmlichen Grunde ſind nicht alle Werke aus den ſchönſten Zeiten gleich ſchön und nicht alle aus den verkommenſten oder roheſten gleich häßlich. Was wäre denn die Kunſt, wenn die Erhebung zu dem Göttlichen ſo leicht wäre, wie groß oder klein auch die Stufe der Erhebung ſei, daß ſie vielen ohne in¬ nere Größe und ohne Sammlung dieſer Größe bis zum ſichtlichen Zeichen gelänge? Das Göttliche müßte nicht ſo groß ſein, und die Kunſt würde uns nicht ſo entzücken. Darum iſt auch die Kunſt ſo groß, weil

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/235>, abgerufen am 22.11.2024.