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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Wir gingen noch ins Freie. Wie schnell war in Kur¬
zem der Schauplaz geändert. Die belebende und fär¬
bende Sonne war verschwunden, alles stand einfär¬
biger da, die Kühle der Luft ließ sich empfinden, in
der Tiefe der Wiesengründe zogen sich sehr bald
Nebelfäden hin, das ferne Hochgebirge stand scharf
in der klaren Luft, während das Tiefland verschwamm
und Schleier wurde. Der Westhimmel war über den
dunkeln Wäldern hellgelb, manche Rauchsäule stieg
aus einer Wohnung gegen ihn auf, und bald auch
glänzte hie und da ein Stern, die feine Mondes¬
sichel wurde über den Zacken des westlichen Waldes
sichtbar, um in sie zu sinken.

Wir gingen nun in ein Zimmer, das für uns ge¬
heizt worden war, verzehrten dort unser Abendessen,
blieben noch eine Zeit in Gesprächen sizen, und bega¬
ben uns dann in unsere Schlafgemächer.

Am andern Tage war ein klarer Reif über Wiesen
und Felder. Die Nebelfäden unserer Umgebung wa¬
ren verschwunden, alles lag scharf und funkelnd da,
nur das Tiefland war ein einziger wogender Nebel,
jenseits dessen das Hochgebirge deutlich mit seinen
frischen und sonnigen Schneefeldern dastand.

Kurz nach Aufgang der Sonne fuhren wir fort,

Wir gingen noch ins Freie. Wie ſchnell war in Kur¬
zem der Schauplaz geändert. Die belebende und fär¬
bende Sonne war verſchwunden, alles ſtand einfär¬
biger da, die Kühle der Luft ließ ſich empfinden, in
der Tiefe der Wieſengründe zogen ſich ſehr bald
Nebelfäden hin, das ferne Hochgebirge ſtand ſcharf
in der klaren Luft, während das Tiefland verſchwamm
und Schleier wurde. Der Weſthimmel war über den
dunkeln Wäldern hellgelb, manche Rauchſäule ſtieg
aus einer Wohnung gegen ihn auf, und bald auch
glänzte hie und da ein Stern, die feine Mondes¬
ſichel wurde über den Zacken des weſtlichen Waldes
ſichtbar, um in ſie zu ſinken.

Wir gingen nun in ein Zimmer, das für uns ge¬
heizt worden war, verzehrten dort unſer Abendeſſen,
blieben noch eine Zeit in Geſprächen ſizen, und bega¬
ben uns dann in unſere Schlafgemächer.

Am andern Tage war ein klarer Reif über Wieſen
und Felder. Die Nebelfäden unſerer Umgebung wa¬
ren verſchwunden, alles lag ſcharf und funkelnd da,
nur das Tiefland war ein einziger wogender Nebel,
jenſeits deſſen das Hochgebirge deutlich mit ſeinen
friſchen und ſonnigen Schneefeldern daſtand.

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[215/0229] Wir gingen noch ins Freie. Wie ſchnell war in Kur¬ zem der Schauplaz geändert. Die belebende und fär¬ bende Sonne war verſchwunden, alles ſtand einfär¬ biger da, die Kühle der Luft ließ ſich empfinden, in der Tiefe der Wieſengründe zogen ſich ſehr bald Nebelfäden hin, das ferne Hochgebirge ſtand ſcharf in der klaren Luft, während das Tiefland verſchwamm und Schleier wurde. Der Weſthimmel war über den dunkeln Wäldern hellgelb, manche Rauchſäule ſtieg aus einer Wohnung gegen ihn auf, und bald auch glänzte hie und da ein Stern, die feine Mondes¬ ſichel wurde über den Zacken des weſtlichen Waldes ſichtbar, um in ſie zu ſinken. Wir gingen nun in ein Zimmer, das für uns ge¬ heizt worden war, verzehrten dort unſer Abendeſſen, blieben noch eine Zeit in Geſprächen ſizen, und bega¬ ben uns dann in unſere Schlafgemächer. Am andern Tage war ein klarer Reif über Wieſen und Felder. Die Nebelfäden unſerer Umgebung wa¬ ren verſchwunden, alles lag ſcharf und funkelnd da, nur das Tiefland war ein einziger wogender Nebel, jenſeits deſſen das Hochgebirge deutlich mit ſeinen friſchen und ſonnigen Schneefeldern daſtand. Kurz nach Aufgang der Sonne fuhren wir fort,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/229>, abgerufen am 24.11.2024.