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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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lange Zeit als ein mit dem Bezirke und mit dem
Wildstande vertrauter Jäger gedient hätte, ließ ich
mir eine Zither über die Gebirge herüber bringen. Er
kannte, eben weil er nirgends lange blieb, und an
allen Orten schon gedient hatte, das ganze Gebirge
genau, und wußte, wo die besten und schönsten Zi¬
thern gemacht würden. Er konnte dies darum auch
am besten beurtheilen, weil er der fertigste und be¬
rühmteste Zitherspieler war, den es im Gebirge gab.
Er brachte mir eine sehr schöne Zither, deren Grifbrett
von rabenschwarzem Holze war, in welchem sich aus
Perlenmutter und Elfenbein eingelegte Verzierungen
befanden, und auf welchem die Stege von reinem
glänzenden Silber gemacht waren. Die Bretter, sagte
mein Bothe, könnten von keiner singreicheren Tanne
sein; sie ist von dem Meister gesucht und in guten
Zeichen und Jahren eingebracht worden. Die Füßlein
der Zither waren elfenbeinerne Kugeln. Und in der
That, wenn der Jägersmann auf ihr spielte, so meinte
ich nie einen süßeren Ton auf einem menschlichen Ge¬
räthe gehört zu haben. Selbst was Mathilde und
Natalie in dem Rosenhause gespielt hatten, war nicht
so gewesen; ich hatte weit und breit nichts gehört,
was an die Handhabung der Zither durch diesen

lange Zeit als ein mit dem Bezirke und mit dem
Wildſtande vertrauter Jäger gedient hätte, ließ ich
mir eine Zither über die Gebirge herüber bringen. Er
kannte, eben weil er nirgends lange blieb, und an
allen Orten ſchon gedient hatte, das ganze Gebirge
genau, und wußte, wo die beſten und ſchönſten Zi¬
thern gemacht würden. Er konnte dies darum auch
am beſten beurtheilen, weil er der fertigſte und be¬
rühmteſte Zitherſpieler war, den es im Gebirge gab.
Er brachte mir eine ſehr ſchöne Zither, deren Grifbrett
von rabenſchwarzem Holze war, in welchem ſich aus
Perlenmutter und Elfenbein eingelegte Verzierungen
befanden, und auf welchem die Stege von reinem
glänzenden Silber gemacht waren. Die Bretter, ſagte
mein Bothe, könnten von keiner ſingreicheren Tanne
ſein; ſie iſt von dem Meiſter geſucht und in guten
Zeichen und Jahren eingebracht worden. Die Füßlein
der Zither waren elfenbeinerne Kugeln. Und in der
That, wenn der Jägersmann auf ihr ſpielte, ſo meinte
ich nie einen ſüßeren Ton auf einem menſchlichen Ge¬
räthe gehört zu haben. Selbſt was Mathilde und
Natalie in dem Roſenhauſe geſpielt hatten, war nicht
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[4/0018] lange Zeit als ein mit dem Bezirke und mit dem Wildſtande vertrauter Jäger gedient hätte, ließ ich mir eine Zither über die Gebirge herüber bringen. Er kannte, eben weil er nirgends lange blieb, und an allen Orten ſchon gedient hatte, das ganze Gebirge genau, und wußte, wo die beſten und ſchönſten Zi¬ thern gemacht würden. Er konnte dies darum auch am beſten beurtheilen, weil er der fertigſte und be¬ rühmteſte Zitherſpieler war, den es im Gebirge gab. Er brachte mir eine ſehr ſchöne Zither, deren Grifbrett von rabenſchwarzem Holze war, in welchem ſich aus Perlenmutter und Elfenbein eingelegte Verzierungen befanden, und auf welchem die Stege von reinem glänzenden Silber gemacht waren. Die Bretter, ſagte mein Bothe, könnten von keiner ſingreicheren Tanne ſein; ſie iſt von dem Meiſter geſucht und in guten Zeichen und Jahren eingebracht worden. Die Füßlein der Zither waren elfenbeinerne Kugeln. Und in der That, wenn der Jägersmann auf ihr ſpielte, ſo meinte ich nie einen ſüßeren Ton auf einem menſchlichen Ge¬ räthe gehört zu haben. Selbſt was Mathilde und Natalie in dem Roſenhauſe geſpielt hatten, war nicht ſo geweſen; ich hatte weit und breit nichts gehört, was an die Handhabung der Zither durch dieſen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/18>, abgerufen am 24.04.2024.