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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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noch viel schöner werden. Ihr Sohn, der sich durch
Handel Geld erworben, werde den Plaz in einen
Saal mit Säulen verwandeln, es werden Tische
herum stehen, und es werden vornehme Fremde kom¬
men, sich hier zu ergözen. Die Gestalten müssen weg,
weil sie ungleich seien, und weil Menschen und Thiere
unter einander stehen, ihr Sohn habe schon die schön¬
sten Gipsarbeiten bestellt, die alle gleich groß wären.
Sie führte mich zu dem Mädchen, und zeigte mir
durch eine Spalte der Bretter, daß dasselbe in ganzer
Gestalt da stehe, und also die andern Dinge weit
überrage. Man habe darum an dem oberen Rande
der Balken, mit denen die Gestalt umbaut ist, einen
hölzernen bemalten Sockel angebracht, von dem der
Oberleib wie eine Büste herab schaue. Dadurch
sei die Sache wieder zu den anderen gestimmt wor¬
den. Ich fragte, wann ihr Sohn hieherkomme, und
wann das Umbauen beginnen würde. Da sie mir das
gesagt hatte, entfernte ich mich. Zur Zeit des mir
von der Alten angegebenen Beginnes des Umbaues
fand ich mich auf dem Plaze wieder ein. Ich traf den
Sohn der Wittwe -- eine solche war sie -- hier an,
und der Bau hatte schon begonnen. Die alten reizen¬
den Mauerstücke waren zum Theile abgetragen, und

noch viel ſchöner werden. Ihr Sohn, der ſich durch
Handel Geld erworben, werde den Plaz in einen
Saal mit Säulen verwandeln, es werden Tiſche
herum ſtehen, und es werden vornehme Fremde kom¬
men, ſich hier zu ergözen. Die Geſtalten müſſen weg,
weil ſie ungleich ſeien, und weil Menſchen und Thiere
unter einander ſtehen, ihr Sohn habe ſchon die ſchön¬
ſten Gipsarbeiten beſtellt, die alle gleich groß wären.
Sie führte mich zu dem Mädchen, und zeigte mir
durch eine Spalte der Bretter, daß daſſelbe in ganzer
Geſtalt da ſtehe, und alſo die andern Dinge weit
überrage. Man habe darum an dem oberen Rande
der Balken, mit denen die Geſtalt umbaut iſt, einen
hölzernen bemalten Sockel angebracht, von dem der
Oberleib wie eine Büſte herab ſchaue. Dadurch
ſei die Sache wieder zu den anderen geſtimmt wor¬
den. Ich fragte, wann ihr Sohn hieherkomme, und
wann das Umbauen beginnen würde. Da ſie mir das
geſagt hatte, entfernte ich mich. Zur Zeit des mir
von der Alten angegebenen Beginnes des Umbaues
fand ich mich auf dem Plaze wieder ein. Ich traf den
Sohn der Wittwe — eine ſolche war ſie — hier an,
und der Bau hatte ſchon begonnen. Die alten reizen¬
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[111/0125] noch viel ſchöner werden. Ihr Sohn, der ſich durch Handel Geld erworben, werde den Plaz in einen Saal mit Säulen verwandeln, es werden Tiſche herum ſtehen, und es werden vornehme Fremde kom¬ men, ſich hier zu ergözen. Die Geſtalten müſſen weg, weil ſie ungleich ſeien, und weil Menſchen und Thiere unter einander ſtehen, ihr Sohn habe ſchon die ſchön¬ ſten Gipsarbeiten beſtellt, die alle gleich groß wären. Sie führte mich zu dem Mädchen, und zeigte mir durch eine Spalte der Bretter, daß daſſelbe in ganzer Geſtalt da ſtehe, und alſo die andern Dinge weit überrage. Man habe darum an dem oberen Rande der Balken, mit denen die Geſtalt umbaut iſt, einen hölzernen bemalten Sockel angebracht, von dem der Oberleib wie eine Büſte herab ſchaue. Dadurch ſei die Sache wieder zu den anderen geſtimmt wor¬ den. Ich fragte, wann ihr Sohn hieherkomme, und wann das Umbauen beginnen würde. Da ſie mir das geſagt hatte, entfernte ich mich. Zur Zeit des mir von der Alten angegebenen Beginnes des Umbaues fand ich mich auf dem Plaze wieder ein. Ich traf den Sohn der Wittwe — eine ſolche war ſie — hier an, und der Bau hatte ſchon begonnen. Die alten reizen¬ den Mauerſtücke waren zum Theile abgetragen, und

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/125>, abgerufen am 05.05.2024.