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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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ich mit der Rücksicht auf meine Begleiter, denen nichts
neu war, für vereinbarlich hielt. Es waren viele
Pflanzen aus fremden Welttheilen da sowohl im war¬
men als im kalten Hause. Besonders erfreut war er
über seine reiche Sammlung von Ananas, die einen
eigenen Plaz in einem Gewächshause einnahmen.

Nicht weit hinter dem Gewächshause stand eine
Gruppe von Linden, welche beinahe so schön und so
groß waren wie die in dem Garten des Asperhofes.
Auch war der Sand unter ihrem Schattendache so
rein gefegt, und um die Ähnlichkeit zu vollenden, lie¬
fen auf demselben Finken Ammern Schwarzkehlchen
und andere Vögel so traulich hin wie auf dem Sande
des Rosenhauses. Daß Bänke unter den Linden stan¬
den, ist natürlich. Die Linde ist der Baum der Wohn¬
lichkeit. Wo wäre eine Linde in deutschen Landen --
und gewiß ist es in andern auch so -- unter der nicht
eine Bank stände, oder auf der nicht ein Bild hinge,
oder neben welcher sich nicht eine Kapelle befände.
Die Schönheit ihres Baues das Überdach ihres
Schattens und das gesellige Summen des Lebens in
ihren Zweigen ladet dazu ein. Wir gingen in den
Schatten der Linden.

"Das ist eigentlich der schönste Plaz in dem Ster¬

ich mit der Rückſicht auf meine Begleiter, denen nichts
neu war, für vereinbarlich hielt. Es waren viele
Pflanzen aus fremden Welttheilen da ſowohl im war¬
men als im kalten Hauſe. Beſonders erfreut war er
über ſeine reiche Sammlung von Ananas, die einen
eigenen Plaz in einem Gewächshauſe einnahmen.

Nicht weit hinter dem Gewächshauſe ſtand eine
Gruppe von Linden, welche beinahe ſo ſchön und ſo
groß waren wie die in dem Garten des Asperhofes.
Auch war der Sand unter ihrem Schattendache ſo
rein gefegt, und um die Ähnlichkeit zu vollenden, lie¬
fen auf demſelben Finken Ammern Schwarzkehlchen
und andere Vögel ſo traulich hin wie auf dem Sande
des Roſenhauſes. Daß Bänke unter den Linden ſtan¬
den, iſt natürlich. Die Linde iſt der Baum der Wohn¬
lichkeit. Wo wäre eine Linde in deutſchen Landen —
und gewiß iſt es in andern auch ſo — unter der nicht
eine Bank ſtände, oder auf der nicht ein Bild hinge,
oder neben welcher ſich nicht eine Kapelle befände.
Die Schönheit ihres Baues das Überdach ihres
Schattens und das geſellige Summen des Lebens in
ihren Zweigen ladet dazu ein. Wir gingen in den
Schatten der Linden.

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[472/0486] ich mit der Rückſicht auf meine Begleiter, denen nichts neu war, für vereinbarlich hielt. Es waren viele Pflanzen aus fremden Welttheilen da ſowohl im war¬ men als im kalten Hauſe. Beſonders erfreut war er über ſeine reiche Sammlung von Ananas, die einen eigenen Plaz in einem Gewächshauſe einnahmen. Nicht weit hinter dem Gewächshauſe ſtand eine Gruppe von Linden, welche beinahe ſo ſchön und ſo groß waren wie die in dem Garten des Asperhofes. Auch war der Sand unter ihrem Schattendache ſo rein gefegt, und um die Ähnlichkeit zu vollenden, lie¬ fen auf demſelben Finken Ammern Schwarzkehlchen und andere Vögel ſo traulich hin wie auf dem Sande des Roſenhauſes. Daß Bänke unter den Linden ſtan¬ den, iſt natürlich. Die Linde iſt der Baum der Wohn¬ lichkeit. Wo wäre eine Linde in deutſchen Landen — und gewiß iſt es in andern auch ſo — unter der nicht eine Bank ſtände, oder auf der nicht ein Bild hinge, oder neben welcher ſich nicht eine Kapelle befände. Die Schönheit ihres Baues das Überdach ihres Schattens und das geſellige Summen des Lebens in ihren Zweigen ladet dazu ein. Wir gingen in den Schatten der Linden. „Das iſt eigentlich der ſchönſte Plaz in dem Ster¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/486>, abgerufen am 22.11.2024.