Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Süden ist eine acht bis zehn Meilen breite verhältni߬
mäßig ebene Gegend von großer Fruchtbarkeit, die
endlich von dem Zuge der Alpen begrenzt ist. Ich
war bisher nur vorzugsweise in die Alpen gegangen,
die nördlichen Hochlande hatte ich blos ein einziges
Mal betreten, und nur eine kleine Ecke derselben durch¬
wandert. Jezt sollte ich mit meinem Gastfreunde eine
Fahrt in das Innere derselben machen; denn die
Kirche, welche das Ziel unserer Reise war, steht weit
näher an der nördlichen als an der südlichen Grenze
des Hochlandes. Wir fuhren in der Begleitung Eu¬
stachs von dem Stromesufer die staffelartigen Erhe¬
bungen empor, und fuhren dann in dem hohen viel¬
gehügelten Lande dahin. Wir fuhren oft mit unserm
Gespann langsam bis auf die höchste Spize eines
Berges empor, dann auf der Höhe fort, oder wir
senkten uns wieder in ein Thal, umfuhren oft in
Windungen abwärts die Dachung des Berges, legten
eine enge Schlucht zurück, stiegen wieder empor, ver¬
änderten recht oft unsere Richtung, und sahen die
Hügel die Gehöfte und andere Bildungen von ver¬
schiedenen Seiten. Wir erblickten oft von einer Spize
das ganze flache gegen Mittag gelegene Land mit sei¬
ner erhabenen Hochgebirgskette, und waren dann

Süden iſt eine acht bis zehn Meilen breite verhältni߬
mäßig ebene Gegend von großer Fruchtbarkeit, die
endlich von dem Zuge der Alpen begrenzt iſt. Ich
war bisher nur vorzugsweiſe in die Alpen gegangen,
die nördlichen Hochlande hatte ich blos ein einziges
Mal betreten, und nur eine kleine Ecke derſelben durch¬
wandert. Jezt ſollte ich mit meinem Gaſtfreunde eine
Fahrt in das Innere derſelben machen; denn die
Kirche, welche das Ziel unſerer Reiſe war, ſteht weit
näher an der nördlichen als an der ſüdlichen Grenze
des Hochlandes. Wir fuhren in der Begleitung Eu¬
ſtachs von dem Stromesufer die ſtaffelartigen Erhe¬
bungen empor, und fuhren dann in dem hohen viel¬
gehügelten Lande dahin. Wir fuhren oft mit unſerm
Geſpann langſam bis auf die höchſte Spize eines
Berges empor, dann auf der Höhe fort, oder wir
ſenkten uns wieder in ein Thal, umfuhren oft in
Windungen abwärts die Dachung des Berges, legten
eine enge Schlucht zurück, ſtiegen wieder empor, ver¬
änderten recht oft unſere Richtung, und ſahen die
Hügel die Gehöfte und andere Bildungen von ver¬
ſchiedenen Seiten. Wir erblickten oft von einer Spize
das ganze flache gegen Mittag gelegene Land mit ſei¬
ner erhabenen Hochgebirgskette, und waren dann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0454" n="440"/>
Süden i&#x017F;t eine acht bis zehn Meilen breite verhältni߬<lb/>
mäßig ebene Gegend von großer Fruchtbarkeit, die<lb/>
endlich von dem Zuge der Alpen begrenzt i&#x017F;t. Ich<lb/>
war bisher nur vorzugswei&#x017F;e in die Alpen gegangen,<lb/>
die nördlichen Hochlande hatte ich blos ein einziges<lb/>
Mal betreten, und nur eine kleine Ecke der&#x017F;elben durch¬<lb/>
wandert. Jezt &#x017F;ollte ich mit meinem Ga&#x017F;tfreunde eine<lb/>
Fahrt in das Innere der&#x017F;elben machen; denn die<lb/>
Kirche, welche das Ziel un&#x017F;erer Rei&#x017F;e war, &#x017F;teht weit<lb/>
näher an der nördlichen als an der &#x017F;üdlichen Grenze<lb/>
des Hochlandes. Wir fuhren in der Begleitung Eu¬<lb/>
&#x017F;tachs von dem Stromesufer die &#x017F;taffelartigen Erhe¬<lb/>
bungen empor, und fuhren dann in dem hohen viel¬<lb/>
gehügelten Lande dahin. Wir fuhren oft mit un&#x017F;erm<lb/>
Ge&#x017F;pann lang&#x017F;am bis auf die höch&#x017F;te Spize eines<lb/>
Berges empor, dann auf der Höhe fort, oder wir<lb/>
&#x017F;enkten uns wieder in ein Thal, umfuhren oft in<lb/>
Windungen abwärts die Dachung des Berges, legten<lb/>
eine enge Schlucht zurück, &#x017F;tiegen wieder empor, ver¬<lb/>
änderten recht oft un&#x017F;ere Richtung, und &#x017F;ahen die<lb/>
Hügel die Gehöfte und andere Bildungen von ver¬<lb/>
&#x017F;chiedenen Seiten. Wir erblickten oft von einer Spize<lb/>
das ganze flache gegen Mittag gelegene Land mit &#x017F;ei¬<lb/>
ner erhabenen Hochgebirgskette, und waren dann<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0454] Süden iſt eine acht bis zehn Meilen breite verhältni߬ mäßig ebene Gegend von großer Fruchtbarkeit, die endlich von dem Zuge der Alpen begrenzt iſt. Ich war bisher nur vorzugsweiſe in die Alpen gegangen, die nördlichen Hochlande hatte ich blos ein einziges Mal betreten, und nur eine kleine Ecke derſelben durch¬ wandert. Jezt ſollte ich mit meinem Gaſtfreunde eine Fahrt in das Innere derſelben machen; denn die Kirche, welche das Ziel unſerer Reiſe war, ſteht weit näher an der nördlichen als an der ſüdlichen Grenze des Hochlandes. Wir fuhren in der Begleitung Eu¬ ſtachs von dem Stromesufer die ſtaffelartigen Erhe¬ bungen empor, und fuhren dann in dem hohen viel¬ gehügelten Lande dahin. Wir fuhren oft mit unſerm Geſpann langſam bis auf die höchſte Spize eines Berges empor, dann auf der Höhe fort, oder wir ſenkten uns wieder in ein Thal, umfuhren oft in Windungen abwärts die Dachung des Berges, legten eine enge Schlucht zurück, ſtiegen wieder empor, ver¬ änderten recht oft unſere Richtung, und ſahen die Hügel die Gehöfte und andere Bildungen von ver¬ ſchiedenen Seiten. Wir erblickten oft von einer Spize das ganze flache gegen Mittag gelegene Land mit ſei¬ ner erhabenen Hochgebirgskette, und waren dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/454
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/454>, abgerufen am 25.11.2024.