Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

und finstere Bläue," erwiederte ich, "welche dem Re¬
gen vorangeht, und die Wolkenbildung begann be¬
reits am Mittage, und schritt sehr rasch vorwärts."

"Bis hieher habt ihr Recht," sagte mein Beglei¬
ter, "und die Natur hat euch auch Recht gegeben, in¬
dem sie eine ungewöhnliche Menge von Wolken er¬
zeugte. Aber es gibt auch noch andere Merkmale, als
die wir bisher besprochen haben, welche euch entgan¬
gen sind. Ihr werdet wissen, daß Anzeichen bestehen,
welche nur einer gewissen Gegend eigen sind, und von
den Eingebornen verstanden werden, denen sie von Ge¬
schlecht zu Geschlecht überliefert worden sind. Oft ver¬
mag die Wissenschaft recht wohl den Grund der lan¬
gen Erfahrung anzugeben. Ihr wißt, daß in Gegen¬
den ein kleines Wölklein an einer bestimmten Stelle
des Himmels, der sonst rein ist, erscheinend und dort
schweben bleibend ein sicherer Gewitteranzeiger für
diese Gegend ist, daß ein trüberer Ton an einer ge¬
wissen Stelle des Himmels ein Windstoß aus einer
gewissen Gegend her Vorboten eines Landregens sind,
und daß der Regen immer kömmt. Solche Anzeichen
hat auch diese Gegend, und es sind gestern keine ein¬
getreten, die auf Regen wiesen."

"Merkmale, die nur dieser Gegend angehören,"

und finſtere Bläue,“ erwiederte ich, „welche dem Re¬
gen vorangeht, und die Wolkenbildung begann be¬
reits am Mittage, und ſchritt ſehr raſch vorwärts.“

„Bis hieher habt ihr Recht,“ ſagte mein Beglei¬
ter, „und die Natur hat euch auch Recht gegeben, in¬
dem ſie eine ungewöhnliche Menge von Wolken er¬
zeugte. Aber es gibt auch noch andere Merkmale, als
die wir bisher beſprochen haben, welche euch entgan¬
gen ſind. Ihr werdet wiſſen, daß Anzeichen beſtehen,
welche nur einer gewiſſen Gegend eigen ſind, und von
den Eingebornen verſtanden werden, denen ſie von Ge¬
ſchlecht zu Geſchlecht überliefert worden ſind. Oft ver¬
mag die Wiſſenſchaft recht wohl den Grund der lan¬
gen Erfahrung anzugeben. Ihr wißt, daß in Gegen¬
den ein kleines Wölklein an einer beſtimmten Stelle
des Himmels, der ſonſt rein iſt, erſcheinend und dort
ſchweben bleibend ein ſicherer Gewitteranzeiger für
dieſe Gegend iſt, daß ein trüberer Ton an einer ge¬
wiſſen Stelle des Himmels ein Windſtoß aus einer
gewiſſen Gegend her Vorboten eines Landregens ſind,
und daß der Regen immer kömmt. Solche Anzeichen
hat auch dieſe Gegend, und es ſind geſtern keine ein¬
getreten, die auf Regen wieſen.“

„Merkmale, die nur dieſer Gegend angehören,“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0190" n="176"/>
und fin&#x017F;tere Bläue,&#x201C; erwiederte ich, &#x201E;welche dem Re¬<lb/>
gen vorangeht, und die Wolkenbildung begann be¬<lb/>
reits am Mittage, und &#x017F;chritt &#x017F;ehr ra&#x017F;ch vorwärts.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bis hieher habt ihr Recht,&#x201C; &#x017F;agte mein Beglei¬<lb/>
ter, &#x201E;und die Natur hat euch auch Recht gegeben, in¬<lb/>
dem &#x017F;ie eine ungewöhnliche Menge von Wolken er¬<lb/>
zeugte. Aber es gibt auch noch andere Merkmale, als<lb/>
die wir bisher be&#x017F;prochen haben, welche euch entgan¬<lb/>
gen &#x017F;ind. Ihr werdet wi&#x017F;&#x017F;en, daß Anzeichen be&#x017F;tehen,<lb/>
welche nur einer gewi&#x017F;&#x017F;en Gegend eigen &#x017F;ind, und von<lb/>
den Eingebornen ver&#x017F;tanden werden, denen &#x017F;ie von Ge¬<lb/>
&#x017F;chlecht zu Ge&#x017F;chlecht überliefert worden &#x017F;ind. Oft ver¬<lb/>
mag die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft recht wohl den Grund der lan¬<lb/>
gen Erfahrung anzugeben. Ihr wißt, daß in Gegen¬<lb/>
den ein kleines Wölklein an einer be&#x017F;timmten Stelle<lb/>
des Himmels, der &#x017F;on&#x017F;t rein i&#x017F;t, er&#x017F;cheinend und dort<lb/>
&#x017F;chweben bleibend ein &#x017F;icherer Gewitteranzeiger für<lb/>
die&#x017F;e Gegend i&#x017F;t, daß ein trüberer Ton an einer ge¬<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Stelle des Himmels ein Wind&#x017F;toß aus einer<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Gegend her Vorboten eines Landregens &#x017F;ind,<lb/>
und daß der Regen immer kömmt. Solche Anzeichen<lb/>
hat auch die&#x017F;e Gegend, und es &#x017F;ind ge&#x017F;tern keine ein¬<lb/>
getreten, die auf Regen wie&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Merkmale, die nur die&#x017F;er Gegend angehören,&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0190] und finſtere Bläue,“ erwiederte ich, „welche dem Re¬ gen vorangeht, und die Wolkenbildung begann be¬ reits am Mittage, und ſchritt ſehr raſch vorwärts.“ „Bis hieher habt ihr Recht,“ ſagte mein Beglei¬ ter, „und die Natur hat euch auch Recht gegeben, in¬ dem ſie eine ungewöhnliche Menge von Wolken er¬ zeugte. Aber es gibt auch noch andere Merkmale, als die wir bisher beſprochen haben, welche euch entgan¬ gen ſind. Ihr werdet wiſſen, daß Anzeichen beſtehen, welche nur einer gewiſſen Gegend eigen ſind, und von den Eingebornen verſtanden werden, denen ſie von Ge¬ ſchlecht zu Geſchlecht überliefert worden ſind. Oft ver¬ mag die Wiſſenſchaft recht wohl den Grund der lan¬ gen Erfahrung anzugeben. Ihr wißt, daß in Gegen¬ den ein kleines Wölklein an einer beſtimmten Stelle des Himmels, der ſonſt rein iſt, erſcheinend und dort ſchweben bleibend ein ſicherer Gewitteranzeiger für dieſe Gegend iſt, daß ein trüberer Ton an einer ge¬ wiſſen Stelle des Himmels ein Windſtoß aus einer gewiſſen Gegend her Vorboten eines Landregens ſind, und daß der Regen immer kömmt. Solche Anzeichen hat auch dieſe Gegend, und es ſind geſtern keine ein¬ getreten, die auf Regen wieſen.“ „Merkmale, die nur dieſer Gegend angehören,“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/190
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/190>, abgerufen am 22.11.2024.