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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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serer Geräthe gelernt, die wir eben nach ihnen einge¬
richtet haben."

"Wenn man so viele dieser Dinge in so vielen
Abbildungen vor sich sieht, wie wir jezt gethan haben,"
sagte ich, "so kann man nicht umhin, einen großen
Eindruck zu empfinden, den sie machen."

"Es haben sehr tiefsinnige Menschen vor uns ge¬
lebt," erwiederte er, "man hat es nicht immer erkannt,
und fängt erst jezt an, es wieder ein wenig einzu¬
sehen. Ich weiß nicht, ob ich es Rührung oder Schwer¬
muth nennen soll, was ich empfinde, wenn ich daran
denke, daß unsere Voreltern ihre größten und umfas¬
sendsten Werke nicht vollendet haben. Sie mußten auf
eine solche Ewigkeit des Schönheitsgefühles gerechnet
haben, daß sie überzeugt waren, die Nachwelt werde
an dem weiter bauen, was sie angefangen haben.
Ihre unfertigen Kirchen stehen wie Fremdlinge in un¬
serer Zeit. Wir haben sie nicht mehr empfunden, oder
haben sie durch häßliche Aftergebilde verunstaltet. Ich
möchte jung sein, wenn eine Zeit kömmt, in welcher
in unserem Vaterlande das Gefühl für diese Anfänge
so groß wird, daß es die Mittel zusammenbringt,
diese Anfänge weiter zu führen. Die Mittel sind vor¬
handen, nur werden sie auf etwas anderes angewendet,

ſerer Geräthe gelernt, die wir eben nach ihnen einge¬
richtet haben.“

„Wenn man ſo viele dieſer Dinge in ſo vielen
Abbildungen vor ſich ſieht, wie wir jezt gethan haben,“
ſagte ich, „ſo kann man nicht umhin, einen großen
Eindruck zu empfinden, den ſie machen.“

„Es haben ſehr tiefſinnige Menſchen vor uns ge¬
lebt,“ erwiederte er, „man hat es nicht immer erkannt,
und fängt erſt jezt an, es wieder ein wenig einzu¬
ſehen. Ich weiß nicht, ob ich es Rührung oder Schwer¬
muth nennen ſoll, was ich empfinde, wenn ich daran
denke, daß unſere Voreltern ihre größten und umfaſ¬
ſendſten Werke nicht vollendet haben. Sie mußten auf
eine ſolche Ewigkeit des Schönheitsgefühles gerechnet
haben, daß ſie überzeugt waren, die Nachwelt werde
an dem weiter bauen, was ſie angefangen haben.
Ihre unfertigen Kirchen ſtehen wie Fremdlinge in un¬
ſerer Zeit. Wir haben ſie nicht mehr empfunden, oder
haben ſie durch häßliche Aftergebilde verunſtaltet. Ich
möchte jung ſein, wenn eine Zeit kömmt, in welcher
in unſerem Vaterlande das Gefühl für dieſe Anfänge
ſo groß wird, daß es die Mittel zuſammenbringt,
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[160/0174] ſerer Geräthe gelernt, die wir eben nach ihnen einge¬ richtet haben.“ „Wenn man ſo viele dieſer Dinge in ſo vielen Abbildungen vor ſich ſieht, wie wir jezt gethan haben,“ ſagte ich, „ſo kann man nicht umhin, einen großen Eindruck zu empfinden, den ſie machen.“ „Es haben ſehr tiefſinnige Menſchen vor uns ge¬ lebt,“ erwiederte er, „man hat es nicht immer erkannt, und fängt erſt jezt an, es wieder ein wenig einzu¬ ſehen. Ich weiß nicht, ob ich es Rührung oder Schwer¬ muth nennen ſoll, was ich empfinde, wenn ich daran denke, daß unſere Voreltern ihre größten und umfaſ¬ ſendſten Werke nicht vollendet haben. Sie mußten auf eine ſolche Ewigkeit des Schönheitsgefühles gerechnet haben, daß ſie überzeugt waren, die Nachwelt werde an dem weiter bauen, was ſie angefangen haben. Ihre unfertigen Kirchen ſtehen wie Fremdlinge in un¬ ſerer Zeit. Wir haben ſie nicht mehr empfunden, oder haben ſie durch häßliche Aftergebilde verunſtaltet. Ich möchte jung ſein, wenn eine Zeit kömmt, in welcher in unſerem Vaterlande das Gefühl für dieſe Anfänge ſo groß wird, daß es die Mittel zuſammenbringt, dieſe Anfänge weiter zu führen. Die Mittel ſind vor¬ handen, nur werden ſie auf etwas anderes angewendet,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/174>, abgerufen am 22.11.2024.