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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Felder der Nachbarn, die ich untersuchte, eine Wahr¬
scheinlichkeitsrechnung zu machen, welche Getreide¬
menge im Durchschnitte jedes Jahr auf diesem Hügel
wächst. Ihr würdet die Zahlen nicht glauben, und
auch ich habe sie mir vorher nicht so groß vorgestellt.
Wenn es euch genehm ist, werde ich euch die Arbeit
in unserem Hause zeigen. Ich dachte mir damals,
das Getreide gehöre auch zu jenen unscheinbaren nach¬
haltigen Dingen dieses Lebens wie die Luft. Wir
reden von dem Getreide und von der Luft nicht weiter,
weil von beiden so viel vorhanden ist, und uns beide
überall umgeben. Die ruhige Verbrauchung und
Erzeugung zieht eine unermeßliche Kette durch die
Menschheit in den Jahrhunderten und Jahrtausenden.
Überall, wo Völker mit bestimmten geschichtlichen
Zeichnungen auftreten, und vernünftige Staatseinrich¬
tungen haben, finden wir sie schon zugleich mit dem
Getreide, und wo der Hirte in lockreren Gesellschafts¬
banden aber vereint mit seiner Heerde lebt, da sind es
zwar nicht die Getreide, die ihn nähren, aber doch
ihre geringeren Verwandten, die Gräser, die sein
ebenfalls geringeres Dasein erhalten. -- Aber ver¬
zeiht, daß ich da so von Gräsern und Getreiden rede,
es ist natürlich, da ich da mitten unter ihnen wohne,

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Felder der Nachbarn, die ich unterſuchte, eine Wahr¬
ſcheinlichkeitsrechnung zu machen, welche Getreide¬
menge im Durchſchnitte jedes Jahr auf dieſem Hügel
wächſt. Ihr würdet die Zahlen nicht glauben, und
auch ich habe ſie mir vorher nicht ſo groß vorgeſtellt.
Wenn es euch genehm iſt, werde ich euch die Arbeit
in unſerem Hauſe zeigen. Ich dachte mir damals,
das Getreide gehöre auch zu jenen unſcheinbaren nach¬
haltigen Dingen dieſes Lebens wie die Luft. Wir
reden von dem Getreide und von der Luft nicht weiter,
weil von beiden ſo viel vorhanden iſt, und uns beide
überall umgeben. Die ruhige Verbrauchung und
Erzeugung zieht eine unermeßliche Kette durch die
Menſchheit in den Jahrhunderten und Jahrtauſenden.
Überall, wo Völker mit beſtimmten geſchichtlichen
Zeichnungen auftreten, und vernünftige Staatseinrich¬
tungen haben, finden wir ſie ſchon zugleich mit dem
Getreide, und wo der Hirte in lockreren Geſellſchafts¬
banden aber vereint mit ſeiner Heerde lebt, da ſind es
zwar nicht die Getreide, die ihn nähren, aber doch
ihre geringeren Verwandten, die Gräſer, die ſein
ebenfalls geringeres Daſein erhalten. — Aber ver¬
zeiht, daß ich da ſo von Gräſern und Getreiden rede,
es iſt natürlich, da ich da mitten unter ihnen wohne,

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[99/0113] Felder der Nachbarn, die ich unterſuchte, eine Wahr¬ ſcheinlichkeitsrechnung zu machen, welche Getreide¬ menge im Durchſchnitte jedes Jahr auf dieſem Hügel wächſt. Ihr würdet die Zahlen nicht glauben, und auch ich habe ſie mir vorher nicht ſo groß vorgeſtellt. Wenn es euch genehm iſt, werde ich euch die Arbeit in unſerem Hauſe zeigen. Ich dachte mir damals, das Getreide gehöre auch zu jenen unſcheinbaren nach¬ haltigen Dingen dieſes Lebens wie die Luft. Wir reden von dem Getreide und von der Luft nicht weiter, weil von beiden ſo viel vorhanden iſt, und uns beide überall umgeben. Die ruhige Verbrauchung und Erzeugung zieht eine unermeßliche Kette durch die Menſchheit in den Jahrhunderten und Jahrtauſenden. Überall, wo Völker mit beſtimmten geſchichtlichen Zeichnungen auftreten, und vernünftige Staatseinrich¬ tungen haben, finden wir ſie ſchon zugleich mit dem Getreide, und wo der Hirte in lockreren Geſellſchafts¬ banden aber vereint mit ſeiner Heerde lebt, da ſind es zwar nicht die Getreide, die ihn nähren, aber doch ihre geringeren Verwandten, die Gräſer, die ſein ebenfalls geringeres Daſein erhalten. — Aber ver¬ zeiht, daß ich da ſo von Gräſern und Getreiden rede, es iſt natürlich, da ich da mitten unter ihnen wohne, 7 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/113>, abgerufen am 23.11.2024.