Deputirte antwortete: Die Churfürstl. wären hier nicht als Ambassadeurs, son- dern, nach dem Regenspurgischen Ver- gleich, nur als Deputirete sine charactere anzusehen. Wogegen die Churfürstl. repli- cireten: Daß ihre Principalen diesen Feh- ler, welchen ihre zu Regenspurg subsisti- rende Ministri begangen, nicht genehm ge- halten, sondern redressiret hätten. Damit nun dieser Zanck wegen der Praesession, der Reichs-Deputation nicht noch je länger je mehr hinderlich fiele, wurde man schlüßig eine Quer-Banck in das Zimmer zu setzen, auf welcher die nicht characterisireten Mi- nistri ihren Platz nehmen solten; Allein es wolte sich diese Placirung auch nicht schi- cken. Dannenhero man endlich beschloß, pe- le-mele sich an die Tafel zu setzen; worauf die Churfürstl. Fürstl. und Städtischen Ministri durcheinander sassen, wie es sich traffe. Allein der Chur-Maintzische Dire- ctor, nebst seinen zwey Räthen, sahen doch immer, wie sie ihren Rang und den Vorsitz behaupten konten; Als aber der Chur- Maintzische Gesandte Herr von Schön- born, einstens an dem Podagra darnieder lage, so delegirete er einen andern an seine Stelle: welchen die Reichs-Deputirte zwar zuliessen; alleine er muste seinen Stuhl über
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Hoff-Ceremoniel.
Deputirte antwortete: Die Churfuͤrſtl. waͤren hier nicht als Ambaſſadeurs, ſon- dern, nach dem Regenſpurgiſchen Ver- gleich, nur als Deputirete ſine charactere anzuſehen. Wogegen die Churfuͤrſtl. repli- cireten: Daß ihre Principalen dieſen Feh- ler, welchen ihre zu Regenſpurg ſubſiſti- rende Miniſtri begangen, nicht genehm ge- halten, ſondern redreſſiret haͤtten. Damit nun dieſer Zanck wegen der Præſeſſion, der Reichs-Deputation nicht noch je laͤnger je mehr hinderlich fiele, wurde man ſchluͤßig eine Quer-Banck in das Zimmer zu ſetzen, auf welcher die nicht characteriſireten Mi- niſtri ihren Platz nehmen ſolten; Allein es wolte ſich dieſe Placirung auch nicht ſchi- cken. Dannenhero man endlich beſchloß, pé- le-méle ſich an die Tafel zu ſetzen; worauf die Churfuͤrſtl. Fuͤrſtl. und Staͤdtiſchen Miniſtri durcheinander ſaſſen, wie es ſich traffe. Allein der Chur-Maintziſche Dire- ctor, nebſt ſeinen zwey Raͤthen, ſahen doch immer, wie ſie ihren Rang und den Vorſitz behaupten konten; Als aber der Chur- Maintziſche Geſandte Herr von Schoͤn- born, einſtens an dem Podagra darnieder lage, ſo delegirete er einen andern an ſeine Stelle: welchen die Reichs-Deputirte zwar zulieſſen; alleine er muſte ſeinen Stuhl uͤber
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Hoff-Ceremoniel.
Deputirte antwortete: Die Churfuͤrſtl.
waͤren hier nicht als Ambaſſadeurs, ſon-
dern, nach dem Regenſpurgiſchen Ver-
gleich, nur als Deputirete ſine charactere
anzuſehen. Wogegen die Churfuͤrſtl. repli-
cireten: Daß ihre Principalen dieſen Feh-
ler, welchen ihre zu Regenſpurg ſubſiſti-
rende Miniſtri begangen, nicht genehm ge-
halten, ſondern redreſſiret haͤtten. Damit
nun dieſer Zanck wegen der Præſeſſion, der
Reichs-Deputation nicht noch je laͤnger je
mehr hinderlich fiele, wurde man ſchluͤßig
eine Quer-Banck in das Zimmer zu ſetzen,
auf welcher die nicht characteriſireten Mi-
niſtri ihren Platz nehmen ſolten; Allein es
wolte ſich dieſe Placirung auch nicht ſchi-
cken. Dannenhero man endlich beſchloß, pé-
le-méle ſich an die Tafel zu ſetzen; worauf
die Churfuͤrſtl. Fuͤrſtl. und Staͤdtiſchen
Miniſtri durcheinander ſaſſen, wie es ſich
traffe. Allein der Chur-Maintziſche Dire-
ctor, nebſt ſeinen zwey Raͤthen, ſahen doch
immer, wie ſie ihren Rang und den Vorſitz
behaupten konten; Als aber der Chur-
Maintziſche Geſandte Herr von Schoͤn-
born, einſtens an dem Podagra darnieder
lage, ſo delegirete er einen andern an ſeine
Stelle: welchen die Reichs-Deputirte zwar
zulieſſen; alleine er muſte ſeinen Stuhl uͤber
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/609>, abgerufen am 25.11.2024.
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