Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Hoff-Ceremoniel.
cte, umb die Infantin zu seiner Gemahlin zu ha-
ben, und den Frieden zu beschleinigen, gar leichte
wäre eingegangen, und sein bestes Interesse hätte
fahren lassen; wäre solches in keinem andern als
diesen Absehen geschehen, die Infantin ohne einige
Renunciation zu heurathen, glaubete demnach
Mazarin: daß sich niemand würde einbilden kön-
nen, daß sein König bloß umb der Heurath alleine
sich so vieler Vortheile begeben, wenn er nicht auch
zugleich auf das Erb-Recht der Infantin zugleich
Reflexion gemacht, und umb dieser consequentz
der Heyrath so prompt gewesen, sein gegenwär-
tiges Interesse zu negligiren. Denn im fall schon
(fuhr der Cardinal zu reden weiter fort) hochge-
dachte Infantin die gröste Partie von Europa
wäre, so wäre hingegen der König in Franckreich
ihr nicht ungleich; denn ob zwar der Frantzösische
König kein Kayser: so wäre doch die Kayserliche
Würde etwas gar unbeständiges, und nicht im-
mer auf einer Familie hafftendes: ja es wäre all-
zugewiß, daß sich der Kayser für denn allerglück-
seligsten Printzen in der Welt achten würde, im
fall er nur sein Kayserthum mit Spanien oder
Franckreich verwechseln könte. Es ist bey dieser
von dem Cardinal gethaner Proposition und
Remonstration, zweyerley wohl anzumercken.

1. Wie schwer es dem König in Franckreich,
und dem Cardinal eingegangen, bey der
Heu-
D d 5

Hoff-Ceremoniel.
cte, umb die Infantin zu ſeiner Gemahlin zu ha-
ben, und den Frieden zu beſchleinigen, gar leichte
waͤre eingegangen, und ſein beſtes Intereſſe haͤtte
fahren laſſen; waͤre ſolches in keinem andern als
dieſen Abſehen geſchehen, die Infantin ohne einige
Renunciation zu heurathen, glaubete demnach
Mazarin: daß ſich niemand wuͤrde einbilden koͤn-
nen, daß ſein Koͤnig bloß umb der Heurath alleine
ſich ſo vieler Vortheile begeben, wenn er nicht auch
zugleich auf das Erb-Recht der Infantin zugleich
Reflexion gemacht, und umb dieſer conſequentz
der Heyrath ſo prompt geweſen, ſein gegenwaͤr-
tiges Intereſſe zu negligiren. Denn im fall ſchon
(fuhr der Cardinal zu reden weiter fort) hochge-
dachte Infantin die groͤſte Partie von Europa
waͤre, ſo waͤre hingegen der Koͤnig in Franckreich
ihr nicht ungleich; denn ob zwar der Frantzoͤſiſche
Koͤnig kein Kayſer: ſo waͤre doch die Kayſerliche
Wuͤrde etwas gar unbeſtaͤndiges, und nicht im-
mer auf einer Familie hafftendes: ja es waͤre all-
zugewiß, daß ſich der Kayſer fuͤr denn allergluͤck-
ſeligſten Printzen in der Welt achten wuͤrde, im
fall er nur ſein Kayſerthum mit Spanien oder
Franckreich verwechſeln koͤnte. Es iſt bey dieſer
von dem Cardinal gethaner Propoſition und
Remonſtration, zweyerley wohl anzumercken.

1. Wie ſchwer es dem Koͤnig in Franckreich,
und dem Cardinal eingegangen, bey der
Heu-
D d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0453" n="425"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hoff-<hi rendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/>
cte, umb die <hi rendition="#aq">Infantin</hi> zu &#x017F;einer Gemahlin zu ha-<lb/>
ben, und den Frieden zu be&#x017F;chleinigen, gar leichte<lb/>
wa&#x0364;re eingegangen, und &#x017F;ein be&#x017F;tes <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;</hi>e ha&#x0364;tte<lb/>
fahren la&#x017F;&#x017F;en; wa&#x0364;re &#x017F;olches in keinem andern als<lb/>
die&#x017F;en Ab&#x017F;ehen ge&#x017F;chehen, die <hi rendition="#aq">Infantin</hi> ohne einige<lb/><hi rendition="#aq">Renunciati</hi>on zu heurathen, glaubete demnach<lb/><hi rendition="#aq">Mazarin:</hi> daß &#x017F;ich niemand wu&#x0364;rde einbilden ko&#x0364;n-<lb/>
nen, daß &#x017F;ein Ko&#x0364;nig bloß umb der Heurath alleine<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o vieler Vortheile begeben, wenn er nicht auch<lb/>
zugleich auf das Erb-Recht der <hi rendition="#aq">Infantin</hi> zugleich<lb/><hi rendition="#aq">Reflexi</hi>on gemacht, und umb die&#x017F;er <hi rendition="#aq">con&#x017F;equen</hi>tz<lb/>
der Heyrath &#x017F;o <hi rendition="#aq">prompt</hi> gewe&#x017F;en, &#x017F;ein gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tiges <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;</hi>e zu <hi rendition="#aq">negligi</hi>ren. Denn im fall &#x017F;chon<lb/>
(fuhr der Cardinal zu reden weiter fort) hochge-<lb/>
dachte <hi rendition="#aq">Infantin</hi> die gro&#x0364;&#x017F;te Partie von Europa<lb/>
wa&#x0364;re, &#x017F;o wa&#x0364;re hingegen der Ko&#x0364;nig in Franckreich<lb/>
ihr nicht ungleich; denn ob zwar der Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Ko&#x0364;nig kein Kay&#x017F;er: &#x017F;o wa&#x0364;re doch die Kay&#x017F;erliche<lb/>
Wu&#x0364;rde etwas gar unbe&#x017F;ta&#x0364;ndiges, und nicht im-<lb/>
mer auf einer <hi rendition="#aq">Famili</hi>e hafftendes: ja es wa&#x0364;re all-<lb/>
zugewiß, daß &#x017F;ich der Kay&#x017F;er fu&#x0364;r denn allerglu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;elig&#x017F;ten Printzen in der Welt achten wu&#x0364;rde, im<lb/>
fall er nur &#x017F;ein Kay&#x017F;erthum mit Spanien oder<lb/>
Franckreich verwech&#x017F;eln ko&#x0364;nte. Es i&#x017F;t bey die&#x017F;er<lb/>
von dem Cardinal gethaner <hi rendition="#aq">Propo&#x017F;iti</hi>on und<lb/><hi rendition="#aq">Remon&#x017F;trati</hi>on, zweyerley wohl anzumercken.</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Wie &#x017F;chwer es dem Ko&#x0364;nig in Franckreich,<lb/>
und dem Cardinal eingegangen, bey der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Heu-</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0453] Hoff-Ceremoniel. cte, umb die Infantin zu ſeiner Gemahlin zu ha- ben, und den Frieden zu beſchleinigen, gar leichte waͤre eingegangen, und ſein beſtes Intereſſe haͤtte fahren laſſen; waͤre ſolches in keinem andern als dieſen Abſehen geſchehen, die Infantin ohne einige Renunciation zu heurathen, glaubete demnach Mazarin: daß ſich niemand wuͤrde einbilden koͤn- nen, daß ſein Koͤnig bloß umb der Heurath alleine ſich ſo vieler Vortheile begeben, wenn er nicht auch zugleich auf das Erb-Recht der Infantin zugleich Reflexion gemacht, und umb dieſer conſequentz der Heyrath ſo prompt geweſen, ſein gegenwaͤr- tiges Intereſſe zu negligiren. Denn im fall ſchon (fuhr der Cardinal zu reden weiter fort) hochge- dachte Infantin die groͤſte Partie von Europa waͤre, ſo waͤre hingegen der Koͤnig in Franckreich ihr nicht ungleich; denn ob zwar der Frantzoͤſiſche Koͤnig kein Kayſer: ſo waͤre doch die Kayſerliche Wuͤrde etwas gar unbeſtaͤndiges, und nicht im- mer auf einer Familie hafftendes: ja es waͤre all- zugewiß, daß ſich der Kayſer fuͤr denn allergluͤck- ſeligſten Printzen in der Welt achten wuͤrde, im fall er nur ſein Kayſerthum mit Spanien oder Franckreich verwechſeln koͤnte. Es iſt bey dieſer von dem Cardinal gethaner Propoſition und Remonſtration, zweyerley wohl anzumercken. 1. Wie ſchwer es dem Koͤnig in Franckreich, und dem Cardinal eingegangen, bey der Heu- D d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/453
Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/453>, abgerufen am 24.05.2024.