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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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jährlichen Zusatz der Revenuen zu einem bessern Daseyn zu ermuntern, so daß er sich auf Reisen machte und an gutthätigen Beiträgen von Bischöfen, Aebten, Stiftern und Privaten 555 fl. Stiftungsgelder zusammen brachte."

Im Gegenhalt zu den Sagen von früherer Sitteneinfalt erschien dem Caplan der zunehmende Aufwand seiner Zeit in sehr düsterer Beleuchtung. Das erste Wirthshaus stand in der Gruob, "allwo der Unrath mehrerer Orten zusammen laufender Petulanten auf einander loff." Der Weingenuß soll ehemals sehr sparsam gewesen und das Getränk lange Zeit maßweise von Oberstdorf geholt worden seyn - also auch hier wie allenthalben der Glaube an saturnische Jahrhunderte voll Enthaltsamkeit und Mäßigung, während sich auf historischem Wege, wie es scheint, viel leichter erhärten ließe, daß man im Land Tirol und Vorarlberg nie weniger getrunken und geschlemmt, als gerade jetzt. "Einmal auf eine Fastnacht legte der Wirth ein ganzes Faß in den Keller, wobei jedoch ein aufrichtiger Hausvater, als er es heranfahren sah, mit schweren Seufzern ausrief: "O unser Thal muß wohl verderben, wenn so zu saufen gewohnet wird!" - Was würde der gute Alte weissagen, meint der Chronist, wenn er jetzo mehrere Fuder Wein, ganze Saumladungen Branntwein, fünf goldene Kappen (Weibermützen), hundert Gulden theure Sackuhren anschaffen und das Geld so unnöthig verschwenden sähe!" Und was würde er sagen, hat eine jüngere Hand beigefügt, wenn er von 1830-40 zweiundzwanzig goldene Kappen, zwei Braustätten, und in vier Wirthshäusern tagtäglich viele, viele Zecher sähe!

Einer der neueren Fortsetzer hat seine Klagen darüber niedergelegt, daß das sündige Tanzen so schwer zu verbannen sey. Es zeugt von Unbefangenheit, daß er dabei auch die Gründe seiner bäuerlichen Gegner nicht verheimlicht. Es geschieht mehr Böses, läßt er seine Schäflein sprechen, an solchen Tagen, wenn man nicht tanzt, als wenn man tanzt. Betagte Leute sagen: wir sind in unsrer Jugend auch lustig gewesen; wenn wir nie ärger gesündigt, als bei derlei fröhlichen Unterhaltungen, so hätten wir gut sterben. Auch wollten sie bemerken,

jährlichen Zusatz der Revenuen zu einem bessern Daseyn zu ermuntern, so daß er sich auf Reisen machte und an gutthätigen Beiträgen von Bischöfen, Aebten, Stiftern und Privaten 555 fl. Stiftungsgelder zusammen brachte."

Im Gegenhalt zu den Sagen von früherer Sitteneinfalt erschien dem Caplan der zunehmende Aufwand seiner Zeit in sehr düsterer Beleuchtung. Das erste Wirthshaus stand in der Gruob, „allwo der Unrath mehrerer Orten zusammen laufender Petulanten auf einander loff." Der Weingenuß soll ehemals sehr sparsam gewesen und das Getränk lange Zeit maßweise von Oberstdorf geholt worden seyn – also auch hier wie allenthalben der Glaube an saturnische Jahrhunderte voll Enthaltsamkeit und Mäßigung, während sich auf historischem Wege, wie es scheint, viel leichter erhärten ließe, daß man im Land Tirol und Vorarlberg nie weniger getrunken und geschlemmt, als gerade jetzt. „Einmal auf eine Fastnacht legte der Wirth ein ganzes Faß in den Keller, wobei jedoch ein aufrichtiger Hausvater, als er es heranfahren sah, mit schweren Seufzern ausrief: „O unser Thal muß wohl verderben, wenn so zu saufen gewohnet wird!" – Was würde der gute Alte weissagen, meint der Chronist, wenn er jetzo mehrere Fuder Wein, ganze Saumladungen Branntwein, fünf goldene Kappen (Weibermützen), hundert Gulden theure Sackuhren anschaffen und das Geld so unnöthig verschwenden sähe!" Und was würde er sagen, hat eine jüngere Hand beigefügt, wenn er von 1830–40 zweiundzwanzig goldene Kappen, zwei Braustätten, und in vier Wirthshäusern tagtäglich viele, viele Zecher sähe!

Einer der neueren Fortsetzer hat seine Klagen darüber niedergelegt, daß das sündige Tanzen so schwer zu verbannen sey. Es zeugt von Unbefangenheit, daß er dabei auch die Gründe seiner bäuerlichen Gegner nicht verheimlicht. Es geschieht mehr Böses, läßt er seine Schäflein sprechen, an solchen Tagen, wenn man nicht tanzt, als wenn man tanzt. Betagte Leute sagen: wir sind in unsrer Jugend auch lustig gewesen; wenn wir nie ärger gesündigt, als bei derlei fröhlichen Unterhaltungen, so hätten wir gut sterben. Auch wollten sie bemerken,

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jährlichen Zusatz der Revenuen zu einem bessern Daseyn zu ermuntern, so daß er sich auf Reisen machte und an gutthätigen Beiträgen von Bischöfen, Aebten, Stiftern und Privaten 555 fl. Stiftungsgelder zusammen brachte."</p>
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[79/0084] jährlichen Zusatz der Revenuen zu einem bessern Daseyn zu ermuntern, so daß er sich auf Reisen machte und an gutthätigen Beiträgen von Bischöfen, Aebten, Stiftern und Privaten 555 fl. Stiftungsgelder zusammen brachte." Im Gegenhalt zu den Sagen von früherer Sitteneinfalt erschien dem Caplan der zunehmende Aufwand seiner Zeit in sehr düsterer Beleuchtung. Das erste Wirthshaus stand in der Gruob, „allwo der Unrath mehrerer Orten zusammen laufender Petulanten auf einander loff." Der Weingenuß soll ehemals sehr sparsam gewesen und das Getränk lange Zeit maßweise von Oberstdorf geholt worden seyn – also auch hier wie allenthalben der Glaube an saturnische Jahrhunderte voll Enthaltsamkeit und Mäßigung, während sich auf historischem Wege, wie es scheint, viel leichter erhärten ließe, daß man im Land Tirol und Vorarlberg nie weniger getrunken und geschlemmt, als gerade jetzt. „Einmal auf eine Fastnacht legte der Wirth ein ganzes Faß in den Keller, wobei jedoch ein aufrichtiger Hausvater, als er es heranfahren sah, mit schweren Seufzern ausrief: „O unser Thal muß wohl verderben, wenn so zu saufen gewohnet wird!" – Was würde der gute Alte weissagen, meint der Chronist, wenn er jetzo mehrere Fuder Wein, ganze Saumladungen Branntwein, fünf goldene Kappen (Weibermützen), hundert Gulden theure Sackuhren anschaffen und das Geld so unnöthig verschwenden sähe!" Und was würde er sagen, hat eine jüngere Hand beigefügt, wenn er von 1830–40 zweiundzwanzig goldene Kappen, zwei Braustätten, und in vier Wirthshäusern tagtäglich viele, viele Zecher sähe! Einer der neueren Fortsetzer hat seine Klagen darüber niedergelegt, daß das sündige Tanzen so schwer zu verbannen sey. Es zeugt von Unbefangenheit, daß er dabei auch die Gründe seiner bäuerlichen Gegner nicht verheimlicht. Es geschieht mehr Böses, läßt er seine Schäflein sprechen, an solchen Tagen, wenn man nicht tanzt, als wenn man tanzt. Betagte Leute sagen: wir sind in unsrer Jugend auch lustig gewesen; wenn wir nie ärger gesündigt, als bei derlei fröhlichen Unterhaltungen, so hätten wir gut sterben. Auch wollten sie bemerken,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/84>, abgerufen am 23.11.2024.