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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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seine Knie legte und mit der andern Hand langsam durch seine Locken fahrend in süßem Klang die Worte lispelte: Ach, wie seyd ihr so naß geworden, lieber Herr! dazu drehte sie ihr Gesicht, das erröthende, vom Feuerschein geröthete, gegen das seinige, das tiefgefärbte, und ihre funkelnden Augen versenkten sich in die seinigen, die blitzenden. Unmächtig der schmeichelnden Gewalt zu wehren, schlang er seinen Arm um ihren Hals und küßte sie. Wir beiden Alten lächelten, wohl wissend, daß seine Kraft nicht erliegen würde. Aber diese Pinzgauerinnen! Zu was könnten sie den harmlosen, vertrauenden Pilger nicht verleiten, die nordisch frischen Gestalten mit dem südlich heißen Blut! Und wie unschuldig gab sie sich, die schmiegsame Maid, die gar nichts wollte und begehrte, als den andern "gern haben." Wir warteten die Ereignisse neidlos ab und als nun unser Jüngster die prüfende Hand an den vollen Arm des Mädchens legte, waren wir Zeugen ihrer ruhig ergebenen Anstelligkeit zu jenen minniglichen Zärtlichkeiten, welche die Jugend sich so gerne gestattet, und aus den lachenden Augen schien's zu leuchten, wie ein Freibrief für alles, was da noch kommen könnte. Es war sehr störend, daß die Wirthin auf einmal in die Küche fiel und diese anziehenden Beobachtungen mit der Bitte unterbrach, wir möchten essen gehen - der Braten, für dessen schnelle Bereitung wir so sehr geeifert, stehe auf dem Tische.

Da war das Liebesspiel zu Ende - wir saßen in der Zechstube zur Tafel und erquickten uns an dem besten Gstraünenen, das die Prettau zu bieten hatte. Für ein Dörflein, das eine Tagreise von der Heerstraße, am Fuß der Tauern liegt, war die Bewirthung nur zu loben. Als wir fertig waren, fragte unser Jüngster leise nach seinem Mädchen und erfuhr, daß sie die Wirthin unterdessen zu Bette gebracht; "sie müsse früh aufstehen, um über den Tauern heimzugehen." Das schien uns ebenso abgeschmackt als weise. Nach einigen Reden Für und Wider gingen wir zur Ruhe, um den Tauern auszuschlafen.

Andern Tages in der Morgendämmerung beriethen wir uns über die Fortsetzung der Reise. Die beiden Gefährten,

seine Knie legte und mit der andern Hand langsam durch seine Locken fahrend in süßem Klang die Worte lispelte: Ach, wie seyd ihr so naß geworden, lieber Herr! dazu drehte sie ihr Gesicht, das erröthende, vom Feuerschein geröthete, gegen das seinige, das tiefgefärbte, und ihre funkelnden Augen versenkten sich in die seinigen, die blitzenden. Unmächtig der schmeichelnden Gewalt zu wehren, schlang er seinen Arm um ihren Hals und küßte sie. Wir beiden Alten lächelten, wohl wissend, daß seine Kraft nicht erliegen würde. Aber diese Pinzgauerinnen! Zu was könnten sie den harmlosen, vertrauenden Pilger nicht verleiten, die nordisch frischen Gestalten mit dem südlich heißen Blut! Und wie unschuldig gab sie sich, die schmiegsame Maid, die gar nichts wollte und begehrte, als den andern „gern haben.“ Wir warteten die Ereignisse neidlos ab und als nun unser Jüngster die prüfende Hand an den vollen Arm des Mädchens legte, waren wir Zeugen ihrer ruhig ergebenen Anstelligkeit zu jenen minniglichen Zärtlichkeiten, welche die Jugend sich so gerne gestattet, und aus den lachenden Augen schien’s zu leuchten, wie ein Freibrief für alles, was da noch kommen könnte. Es war sehr störend, daß die Wirthin auf einmal in die Küche fiel und diese anziehenden Beobachtungen mit der Bitte unterbrach, wir möchten essen gehen – der Braten, für dessen schnelle Bereitung wir so sehr geeifert, stehe auf dem Tische.

Da war das Liebesspiel zu Ende – wir saßen in der Zechstube zur Tafel und erquickten uns an dem besten Gstraünenen, das die Prettau zu bieten hatte. Für ein Dörflein, das eine Tagreise von der Heerstraße, am Fuß der Tauern liegt, war die Bewirthung nur zu loben. Als wir fertig waren, fragte unser Jüngster leise nach seinem Mädchen und erfuhr, daß sie die Wirthin unterdessen zu Bette gebracht; „sie müsse früh aufstehen, um über den Tauern heimzugehen.“ Das schien uns ebenso abgeschmackt als weise. Nach einigen Reden Für und Wider gingen wir zur Ruhe, um den Tauern auszuschlafen.

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[596/0600] seine Knie legte und mit der andern Hand langsam durch seine Locken fahrend in süßem Klang die Worte lispelte: Ach, wie seyd ihr so naß geworden, lieber Herr! dazu drehte sie ihr Gesicht, das erröthende, vom Feuerschein geröthete, gegen das seinige, das tiefgefärbte, und ihre funkelnden Augen versenkten sich in die seinigen, die blitzenden. Unmächtig der schmeichelnden Gewalt zu wehren, schlang er seinen Arm um ihren Hals und küßte sie. Wir beiden Alten lächelten, wohl wissend, daß seine Kraft nicht erliegen würde. Aber diese Pinzgauerinnen! Zu was könnten sie den harmlosen, vertrauenden Pilger nicht verleiten, die nordisch frischen Gestalten mit dem südlich heißen Blut! Und wie unschuldig gab sie sich, die schmiegsame Maid, die gar nichts wollte und begehrte, als den andern „gern haben.“ Wir warteten die Ereignisse neidlos ab und als nun unser Jüngster die prüfende Hand an den vollen Arm des Mädchens legte, waren wir Zeugen ihrer ruhig ergebenen Anstelligkeit zu jenen minniglichen Zärtlichkeiten, welche die Jugend sich so gerne gestattet, und aus den lachenden Augen schien’s zu leuchten, wie ein Freibrief für alles, was da noch kommen könnte. Es war sehr störend, daß die Wirthin auf einmal in die Küche fiel und diese anziehenden Beobachtungen mit der Bitte unterbrach, wir möchten essen gehen – der Braten, für dessen schnelle Bereitung wir so sehr geeifert, stehe auf dem Tische. Da war das Liebesspiel zu Ende – wir saßen in der Zechstube zur Tafel und erquickten uns an dem besten Gstraünenen, das die Prettau zu bieten hatte. Für ein Dörflein, das eine Tagreise von der Heerstraße, am Fuß der Tauern liegt, war die Bewirthung nur zu loben. Als wir fertig waren, fragte unser Jüngster leise nach seinem Mädchen und erfuhr, daß sie die Wirthin unterdessen zu Bette gebracht; „sie müsse früh aufstehen, um über den Tauern heimzugehen.“ Das schien uns ebenso abgeschmackt als weise. Nach einigen Reden Für und Wider gingen wir zur Ruhe, um den Tauern auszuschlafen. Andern Tages in der Morgendämmerung beriethen wir uns über die Fortsetzung der Reise. Die beiden Gefährten,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/600>, abgerufen am 23.11.2024.