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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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des Regens, der von den Dächern lief und aus den Rinnen schoß und in breiten Bächen ins Pinzgau hinunter strömte. Ich hatte es schon ziemlich früh gemerkt, schon früh hatte ich auf meiner Pilgerfahrt im Traume immer den Regenschirm ausgespannt und allen Pinzgauern, die paarweise hinter mir drein wallten, zugerufen, sie sollten auch ihre Parapluies auseinanderthun, damit man trocken in den Orient käme und nicht die Kleider zu wechseln brauche, wo wegen des herrschenden Wassermangels die Wäsche so theuer sey. So rückte ich mit meiner Caravane immer tiefer gegen Aufgang und immer tiefer in den Tag hinein, der mir endlich auch noch die letzte Traumbinde von den Augen nahm und mir dafür eine andere vorlegte, nämlich graue, dicke Nebel, die sich dicht um uns herum gelagert hatten und so weich und wässrig anzusehen waren, wie unausgewundene Strümpfe. Ach, das plätscherte so sicher und so ruhig fort, fort und fort bis zum Mittag und wieder weiter bis zum Abend, daß wir den ganzen Tag keinen Schritt aus dem Hause thun konnten.

Ins Pinzgau verlegen nun sorgfältige Touristen gar gerne eine Liebschaft, und ein Regentag wie jener reicht wohl auch zuweilen hin um zu kommen, zu sehen und zu siegen, so daß es am Abende überflüssig ist, ein Trutzlied zu singen, wie:

Wenn d' mi nit magst, geh' i übern Tauern;
Hab'n a' schöne Madeln die Kärthner Bauern.

Aber ich bin den ganzen Tag büßend auf meiner Stube gesessen und habe die Regentropfen gezählt, wie sie vom Hausdache fielen, während die Gefährten ihrer Laune nachgingen, und wenn wieder eine von den drei Huldinnen frischen Wein zutrug und frische Liebesworte sprach und das blöde Herz zu klopfen begann, wie Yoricks Staar, der in die Freiheit will, so sprach ich ihm Beschwörungen zu und bat es mit aufgehobenen Händen sich ruhig zu verhalten. Mit was wäre da nun viel zu prahlen, als mit einer milden Rede oder freundlichem Augenwinken, oder einem feinen Handschlag und dergleichen harmlosen Beigaben des menschlichen Verkehrs? Und wenn sich nun einer damit zierte und aus dem poetischen Farbenkasten

des Regens, der von den Dächern lief und aus den Rinnen schoß und in breiten Bächen ins Pinzgau hinunter strömte. Ich hatte es schon ziemlich früh gemerkt, schon früh hatte ich auf meiner Pilgerfahrt im Traume immer den Regenschirm ausgespannt und allen Pinzgauern, die paarweise hinter mir drein wallten, zugerufen, sie sollten auch ihre Parapluies auseinanderthun, damit man trocken in den Orient käme und nicht die Kleider zu wechseln brauche, wo wegen des herrschenden Wassermangels die Wäsche so theuer sey. So rückte ich mit meiner Caravane immer tiefer gegen Aufgang und immer tiefer in den Tag hinein, der mir endlich auch noch die letzte Traumbinde von den Augen nahm und mir dafür eine andere vorlegte, nämlich graue, dicke Nebel, die sich dicht um uns herum gelagert hatten und so weich und wässrig anzusehen waren, wie unausgewundene Strümpfe. Ach, das plätscherte so sicher und so ruhig fort, fort und fort bis zum Mittag und wieder weiter bis zum Abend, daß wir den ganzen Tag keinen Schritt aus dem Hause thun konnten.

Ins Pinzgau verlegen nun sorgfältige Touristen gar gerne eine Liebschaft, und ein Regentag wie jener reicht wohl auch zuweilen hin um zu kommen, zu sehen und zu siegen, so daß es am Abende überflüssig ist, ein Trutzlied zu singen, wie:

Wenn d’ mi nit magst, geh’ i übern Tauern;
Hab’n a’ schöne Madeln die Kärthner Bauern.

Aber ich bin den ganzen Tag büßend auf meiner Stube gesessen und habe die Regentropfen gezählt, wie sie vom Hausdache fielen, während die Gefährten ihrer Laune nachgingen, und wenn wieder eine von den drei Huldinnen frischen Wein zutrug und frische Liebesworte sprach und das blöde Herz zu klopfen begann, wie Yoricks Staar, der in die Freiheit will, so sprach ich ihm Beschwörungen zu und bat es mit aufgehobenen Händen sich ruhig zu verhalten. Mit was wäre da nun viel zu prahlen, als mit einer milden Rede oder freundlichem Augenwinken, oder einem feinen Handschlag und dergleichen harmlosen Beigaben des menschlichen Verkehrs? Und wenn sich nun einer damit zierte und aus dem poetischen Farbenkasten

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[583/0587] des Regens, der von den Dächern lief und aus den Rinnen schoß und in breiten Bächen ins Pinzgau hinunter strömte. Ich hatte es schon ziemlich früh gemerkt, schon früh hatte ich auf meiner Pilgerfahrt im Traume immer den Regenschirm ausgespannt und allen Pinzgauern, die paarweise hinter mir drein wallten, zugerufen, sie sollten auch ihre Parapluies auseinanderthun, damit man trocken in den Orient käme und nicht die Kleider zu wechseln brauche, wo wegen des herrschenden Wassermangels die Wäsche so theuer sey. So rückte ich mit meiner Caravane immer tiefer gegen Aufgang und immer tiefer in den Tag hinein, der mir endlich auch noch die letzte Traumbinde von den Augen nahm und mir dafür eine andere vorlegte, nämlich graue, dicke Nebel, die sich dicht um uns herum gelagert hatten und so weich und wässrig anzusehen waren, wie unausgewundene Strümpfe. Ach, das plätscherte so sicher und so ruhig fort, fort und fort bis zum Mittag und wieder weiter bis zum Abend, daß wir den ganzen Tag keinen Schritt aus dem Hause thun konnten. Ins Pinzgau verlegen nun sorgfältige Touristen gar gerne eine Liebschaft, und ein Regentag wie jener reicht wohl auch zuweilen hin um zu kommen, zu sehen und zu siegen, so daß es am Abende überflüssig ist, ein Trutzlied zu singen, wie: Wenn d’ mi nit magst, geh’ i übern Tauern; Hab’n a’ schöne Madeln die Kärthner Bauern. Aber ich bin den ganzen Tag büßend auf meiner Stube gesessen und habe die Regentropfen gezählt, wie sie vom Hausdache fielen, während die Gefährten ihrer Laune nachgingen, und wenn wieder eine von den drei Huldinnen frischen Wein zutrug und frische Liebesworte sprach und das blöde Herz zu klopfen begann, wie Yoricks Staar, der in die Freiheit will, so sprach ich ihm Beschwörungen zu und bat es mit aufgehobenen Händen sich ruhig zu verhalten. Mit was wäre da nun viel zu prahlen, als mit einer milden Rede oder freundlichem Augenwinken, oder einem feinen Handschlag und dergleichen harmlosen Beigaben des menschlichen Verkehrs? Und wenn sich nun einer damit zierte und aus dem poetischen Farbenkasten

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/587>, abgerufen am 23.11.2024.