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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Weiber, welche Obst und Brod verkauften. Endlich waren auch eine Menge Säue auf die Kirchweih gekommen, welche zeitenweise den Gästen vorgeführt und dann wieder in den Stall getrieben wurden. An ihnen hatte besonders der weitgereiste Viehhändler seine Freude; er ließ sie des Tages über, wenn er Langweile hatte, noch oft vor sein Angesicht kommen, bloß um die Augen an ihnen zu weiden. Zu all dem ist als nothwendiger Rahmen und Einfang immer wieder nicht zu vergessen das hölzerne schwarzbraune Dorf von Lannersbach, das grüne Gebirge zu beiden Seiten und der weiße blinkende Ferner am Ende.

Zwischen jenen Festanstalten standen nun plaudernd die Duxer und Duxerinnen jeglichen Alters und Geschlechts, die Heimer, d. h. jene, welche des Sommers über zu Hause bleiben, und die Melcher oder Senner, die von den Almen herunter gekommen zur Kirchweih. Die Tracht der Männer, die ehemals wohl auch im Zillerthale galt, ist aus den wohlfeilsten Stoffen zusammengesetzt und gewährt ein schlichtes und ernstes Ansehen. Die graue Jacke vom gröbsten Loden erreicht kaum das Knie; sie heißt das Hemd, wogegen das, was andre Leute Hemd heißen, Pfait, Pfoad genannt wird. Das G'saß ist von gleichem Zeuge oder von Leder; die Strümpfe sind blau. Eine Weste wird nicht getragen, um den Leib aber liegt ein breiter, meistens schön gestickter, lederner Gurt, Fatsche, mit dem Namen des Inhabers, oft auch noch mit einer Gemse, einem geistlichen oder weltlichen Spruch verziert. Das Haupt deckt ein rundes Hütchen mit niederm rundem Kopfe. Die Sennen erschienen zumeist in schönen Bärten, da sie sich des Sommers über nicht zu scheeren pflegen. Wegen neuer Wäsche machen sich die biedern Hirten auch wenig Noth; sie bleiben bei der Pfait, mit der sie gen Alm fahren und wechseln nie bis sie herunter kommen. So ist der Schmutz der Wäsche ein Gegenstand des Ehrgeizes geworden, denn wer das unflätigste Hemd nach Hause bringt, glaubt das beste Zeugniß mitzuführen, daß er den Umgang mit dem Vieh und seine Pflege nie vernachlässigt habe. Tabak scheint ihnen allen ein unentbehrliches Bedürfniß. Sie

Weiber, welche Obst und Brod verkauften. Endlich waren auch eine Menge Säue auf die Kirchweih gekommen, welche zeitenweise den Gästen vorgeführt und dann wieder in den Stall getrieben wurden. An ihnen hatte besonders der weitgereiste Viehhändler seine Freude; er ließ sie des Tages über, wenn er Langweile hatte, noch oft vor sein Angesicht kommen, bloß um die Augen an ihnen zu weiden. Zu all dem ist als nothwendiger Rahmen und Einfang immer wieder nicht zu vergessen das hölzerne schwarzbraune Dorf von Lannersbach, das grüne Gebirge zu beiden Seiten und der weiße blinkende Ferner am Ende.

Zwischen jenen Festanstalten standen nun plaudernd die Duxer und Duxerinnen jeglichen Alters und Geschlechts, die Heimer, d. h. jene, welche des Sommers über zu Hause bleiben, und die Melcher oder Senner, die von den Almen herunter gekommen zur Kirchweih. Die Tracht der Männer, die ehemals wohl auch im Zillerthale galt, ist aus den wohlfeilsten Stoffen zusammengesetzt und gewährt ein schlichtes und ernstes Ansehen. Die graue Jacke vom gröbsten Loden erreicht kaum das Knie; sie heißt das Hemd, wogegen das, was andre Leute Hemd heißen, Pfait, Pfoad genannt wird. Das G’saß ist von gleichem Zeuge oder von Leder; die Strümpfe sind blau. Eine Weste wird nicht getragen, um den Leib aber liegt ein breiter, meistens schön gestickter, lederner Gurt, Fatsche, mit dem Namen des Inhabers, oft auch noch mit einer Gemse, einem geistlichen oder weltlichen Spruch verziert. Das Haupt deckt ein rundes Hütchen mit niederm rundem Kopfe. Die Sennen erschienen zumeist in schönen Bärten, da sie sich des Sommers über nicht zu scheeren pflegen. Wegen neuer Wäsche machen sich die biedern Hirten auch wenig Noth; sie bleiben bei der Pfait, mit der sie gen Alm fahren und wechseln nie bis sie herunter kommen. So ist der Schmutz der Wäsche ein Gegenstand des Ehrgeizes geworden, denn wer das unflätigste Hemd nach Hause bringt, glaubt das beste Zeugniß mitzuführen, daß er den Umgang mit dem Vieh und seine Pflege nie vernachlässigt habe. Tabak scheint ihnen allen ein unentbehrliches Bedürfniß. Sie

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Weiber, welche Obst und Brod verkauften. Endlich waren auch eine Menge Säue auf die Kirchweih gekommen, welche zeitenweise den Gästen vorgeführt und dann wieder in den Stall getrieben wurden. An ihnen hatte besonders der weitgereiste Viehhändler seine Freude; er ließ sie des Tages über, wenn er Langweile hatte, noch oft vor sein Angesicht kommen, bloß um die Augen an ihnen zu weiden. Zu all dem ist als nothwendiger Rahmen und Einfang immer wieder nicht zu vergessen das hölzerne schwarzbraune Dorf von Lannersbach, das grüne Gebirge zu beiden Seiten und der weiße blinkende Ferner am Ende.</p>
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[523/0527] Weiber, welche Obst und Brod verkauften. Endlich waren auch eine Menge Säue auf die Kirchweih gekommen, welche zeitenweise den Gästen vorgeführt und dann wieder in den Stall getrieben wurden. An ihnen hatte besonders der weitgereiste Viehhändler seine Freude; er ließ sie des Tages über, wenn er Langweile hatte, noch oft vor sein Angesicht kommen, bloß um die Augen an ihnen zu weiden. Zu all dem ist als nothwendiger Rahmen und Einfang immer wieder nicht zu vergessen das hölzerne schwarzbraune Dorf von Lannersbach, das grüne Gebirge zu beiden Seiten und der weiße blinkende Ferner am Ende. Zwischen jenen Festanstalten standen nun plaudernd die Duxer und Duxerinnen jeglichen Alters und Geschlechts, die Heimer, d. h. jene, welche des Sommers über zu Hause bleiben, und die Melcher oder Senner, die von den Almen herunter gekommen zur Kirchweih. Die Tracht der Männer, die ehemals wohl auch im Zillerthale galt, ist aus den wohlfeilsten Stoffen zusammengesetzt und gewährt ein schlichtes und ernstes Ansehen. Die graue Jacke vom gröbsten Loden erreicht kaum das Knie; sie heißt das Hemd, wogegen das, was andre Leute Hemd heißen, Pfait, Pfoad genannt wird. Das G’saß ist von gleichem Zeuge oder von Leder; die Strümpfe sind blau. Eine Weste wird nicht getragen, um den Leib aber liegt ein breiter, meistens schön gestickter, lederner Gurt, Fatsche, mit dem Namen des Inhabers, oft auch noch mit einer Gemse, einem geistlichen oder weltlichen Spruch verziert. Das Haupt deckt ein rundes Hütchen mit niederm rundem Kopfe. Die Sennen erschienen zumeist in schönen Bärten, da sie sich des Sommers über nicht zu scheeren pflegen. Wegen neuer Wäsche machen sich die biedern Hirten auch wenig Noth; sie bleiben bei der Pfait, mit der sie gen Alm fahren und wechseln nie bis sie herunter kommen. So ist der Schmutz der Wäsche ein Gegenstand des Ehrgeizes geworden, denn wer das unflätigste Hemd nach Hause bringt, glaubt das beste Zeugniß mitzuführen, daß er den Umgang mit dem Vieh und seine Pflege nie vernachlässigt habe. Tabak scheint ihnen allen ein unentbehrliches Bedürfniß. Sie

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/527>, abgerufen am 23.11.2024.