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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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vor wenigen Jahren. Todt sind auch die drei andern Sandwirths-Töchter, von denen zwei im Thale verheiratet waren, die dritte zu Wien verblich. Dort lebt noch sein Sohn Johann v. Hofer, der aber, wie man im Lande sagt, nicht recht gut thut. Des Sandwirths Enkel, Andreas v. Hofer, ist im Jahre 1838 mit dem Hofe belehnt worden, den Kaiser Ferdinand angekauft und als landesfürstliches Lehen erklärt hatte. Andreas Erb sitzt jetzt als Pächter darauf.

Ueber den Nachruhm Hofers nur wenige Worte. Was er als volksthümlicher Heros zu seiner Zeit, als rächender Blutzeuge in den Befreiungskriegen gegolten, ist bekannt. Ihn in jener Glorie aufzufassen, will aber den Tirolern in der Gegenwart nur schwer gelingen, schwerer noch den Landleuten, als den Gebildeten. Einmal war sein eigenes Unternehmen fruchtlos - der Landesherr blieb nach dem Kriege derselbe - und ferner entsprach auch der Gang der Dinge nach dem Heimfall an Oesterreich nicht ganz den Hoffnungen, die gehegt worden. So seufzt der Schatten des unglücklichen Helden unter doppelter Verantwortlichkeit - erstens weil er einen Aufstand erhoben, der Gut und Blut seiner Landsleute nutzlos aufzehrte, dann weil er etwas gewollt, was, wenn es die Ereignisse herbeiführten, hinzunehmen war, was aber nicht mit Gewalt hätte erstrebt werden sollen. Die Stunden der Begeisterung sind vergangen - man berechnet jetzt nur die Erfolge. Dieser wegen glaubt man nicht, daß man ihm etwas zu danken habe. So vergißt man gerne "von seinen Tugenden zu reden, von seinem christgläubigen Sterbemuth, von vielem Guten, das an ihm war," *) von seiner Milde, setzen wir hinzu, die er gegen die Feinde pflog, von seiner Menschlichkeit im wüthenden Volkskriege, von seiner Redlichkeit und seiner Treue. Man hebt mehr den Sandwirth hervor, der vor Schulden sich nicht mehr anders zu helfen wußte, als eine Rebellion zu machen, der fromm und einfältig nicht bedachte, was er that, der nie einem

*) S. "das Fremdenbuch im Sandwirthshause im Passeyer" von J. F. Lentner. Morgenblatt. 1843. Nr. 169 u. ff.

vor wenigen Jahren. Todt sind auch die drei andern Sandwirths-Töchter, von denen zwei im Thale verheiratet waren, die dritte zu Wien verblich. Dort lebt noch sein Sohn Johann v. Hofer, der aber, wie man im Lande sagt, nicht recht gut thut. Des Sandwirths Enkel, Andreas v. Hofer, ist im Jahre 1838 mit dem Hofe belehnt worden, den Kaiser Ferdinand angekauft und als landesfürstliches Lehen erklärt hatte. Andreas Erb sitzt jetzt als Pächter darauf.

Ueber den Nachruhm Hofers nur wenige Worte. Was er als volksthümlicher Heros zu seiner Zeit, als rächender Blutzeuge in den Befreiungskriegen gegolten, ist bekannt. Ihn in jener Glorie aufzufassen, will aber den Tirolern in der Gegenwart nur schwer gelingen, schwerer noch den Landleuten, als den Gebildeten. Einmal war sein eigenes Unternehmen fruchtlos – der Landesherr blieb nach dem Kriege derselbe – und ferner entsprach auch der Gang der Dinge nach dem Heimfall an Oesterreich nicht ganz den Hoffnungen, die gehegt worden. So seufzt der Schatten des unglücklichen Helden unter doppelter Verantwortlichkeit – erstens weil er einen Aufstand erhoben, der Gut und Blut seiner Landsleute nutzlos aufzehrte, dann weil er etwas gewollt, was, wenn es die Ereignisse herbeiführten, hinzunehmen war, was aber nicht mit Gewalt hätte erstrebt werden sollen. Die Stunden der Begeisterung sind vergangen – man berechnet jetzt nur die Erfolge. Dieser wegen glaubt man nicht, daß man ihm etwas zu danken habe. So vergißt man gerne „von seinen Tugenden zu reden, von seinem christgläubigen Sterbemuth, von vielem Guten, das an ihm war,“ *) von seiner Milde, setzen wir hinzu, die er gegen die Feinde pflog, von seiner Menschlichkeit im wüthenden Volkskriege, von seiner Redlichkeit und seiner Treue. Man hebt mehr den Sandwirth hervor, der vor Schulden sich nicht mehr anders zu helfen wußte, als eine Rebellion zu machen, der fromm und einfältig nicht bedachte, was er that, der nie einem

*) S. „das Fremdenbuch im Sandwirthshause im Passeyer“ von J. F. Lentner. Morgenblatt. 1843. Nr. 169 u. ff.
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vor wenigen Jahren. Todt sind auch die drei andern Sandwirths-Töchter, von denen zwei im Thale verheiratet waren, die dritte zu Wien verblich. Dort lebt noch sein Sohn Johann v. Hofer, der aber, wie man im Lande sagt, nicht recht gut thut. Des Sandwirths Enkel, Andreas v. Hofer, ist im Jahre 1838 mit dem Hofe belehnt worden, den Kaiser Ferdinand angekauft und als landesfürstliches Lehen erklärt hatte. Andreas Erb sitzt jetzt als Pächter darauf.</p>
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[351/0355] vor wenigen Jahren. Todt sind auch die drei andern Sandwirths-Töchter, von denen zwei im Thale verheiratet waren, die dritte zu Wien verblich. Dort lebt noch sein Sohn Johann v. Hofer, der aber, wie man im Lande sagt, nicht recht gut thut. Des Sandwirths Enkel, Andreas v. Hofer, ist im Jahre 1838 mit dem Hofe belehnt worden, den Kaiser Ferdinand angekauft und als landesfürstliches Lehen erklärt hatte. Andreas Erb sitzt jetzt als Pächter darauf. Ueber den Nachruhm Hofers nur wenige Worte. Was er als volksthümlicher Heros zu seiner Zeit, als rächender Blutzeuge in den Befreiungskriegen gegolten, ist bekannt. Ihn in jener Glorie aufzufassen, will aber den Tirolern in der Gegenwart nur schwer gelingen, schwerer noch den Landleuten, als den Gebildeten. Einmal war sein eigenes Unternehmen fruchtlos – der Landesherr blieb nach dem Kriege derselbe – und ferner entsprach auch der Gang der Dinge nach dem Heimfall an Oesterreich nicht ganz den Hoffnungen, die gehegt worden. So seufzt der Schatten des unglücklichen Helden unter doppelter Verantwortlichkeit – erstens weil er einen Aufstand erhoben, der Gut und Blut seiner Landsleute nutzlos aufzehrte, dann weil er etwas gewollt, was, wenn es die Ereignisse herbeiführten, hinzunehmen war, was aber nicht mit Gewalt hätte erstrebt werden sollen. Die Stunden der Begeisterung sind vergangen – man berechnet jetzt nur die Erfolge. Dieser wegen glaubt man nicht, daß man ihm etwas zu danken habe. So vergißt man gerne „von seinen Tugenden zu reden, von seinem christgläubigen Sterbemuth, von vielem Guten, das an ihm war,“ *) von seiner Milde, setzen wir hinzu, die er gegen die Feinde pflog, von seiner Menschlichkeit im wüthenden Volkskriege, von seiner Redlichkeit und seiner Treue. Man hebt mehr den Sandwirth hervor, der vor Schulden sich nicht mehr anders zu helfen wußte, als eine Rebellion zu machen, der fromm und einfältig nicht bedachte, was er that, der nie einem *) S. „das Fremdenbuch im Sandwirthshause im Passeyer“ von J. F. Lentner. Morgenblatt. 1843. Nr. 169 u. ff.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/355>, abgerufen am 23.11.2024.