Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.trank und mir den Ort merkte. Ein paar Tage darauf kam ich wieder, denn in der Stadt hatte sich das Gerücht verbreitet, in Untermais würde eine Hochzeit seyn. Die kühle Halle des Wirthshauses war der herrschenden Hitze wegen eine sehr angenehme Warte, um die Anfänge der Begebenheit zu beobachten. Allmählich fuhren mehrere Caleschen vor, vom lustigen Posthorn angekündet und mit weidlich aufgeschmückten Gästen besetzt. Man wollte sich da gegenseitig erwarten, und so sammelte sich nach und nach eine ziemliche Anzahl von Leuten. Die Männer prangten in ihrem besten, schon erwähnten Sonntagsstaat, in braunen Jacken mit rothen Aufschlägen, rothen Leibchen, grünen Hosenträgern, schöngestickten, mit den Namensbuchstaben versehenen Gürteln, schwarzledernen Hosen, weißen Strümpfen und rothausgenähten Schuhen. Die "Buben" trugen große grüne, die "Mander" (Ehemänner) große schwarze Hüte, und diese wie jene und die der Postillione waren mit bunten Sträußchen verziert. Etwas mehr vom gewöhnlichen Sonntagsputze abweichend war die Tracht der "Weiberleute." Sie bestand aus violetten, rotheingefaßten Spensern, dunkeln rothbeborteten Röcken, von denen die schneeweißen Schürzen kräftig abstachen, und auf den Häuptern saßen die alterthümlichen Spitzelhauben. Diese Spitzelhauben sind, wie der Name besagt, aus schwarzen Spitzen gefertigt und umgeben das Haupt wie ein leichtes durchbrochenes Dreieck, so daß zwei Strahlen von den Schläfen ausgehen und ein dritter vom Scheitel. Hinten ist eine Art Cocarde oder Blume von seidenen Bändchen angebracht, welche bei den Jungfrauen roth, bei den Frauen weiß und mit einer großen Silbernadel befestigt ist. Der ganze Anzug sieht sehr schmuck und kleidsam aus. Ehemals soll er gewöhnliche Sonntagstracht gewesen seyn, noch früher war er wohl Gewand des Werktages. Die Spitzelhaube insbesondre verräth uns manches über die Geschichte der Volkstrachten. Jetzt ist sie in Meran und Bozen nur mehr als belächelte altfränkische Erscheinung an etlichen hochbetagten Höckerinnen zu sehen, dagegen bei dem Landvolke noch als Putz für Festtage und hohe Zeiten in Gebrauch, deßwegen auch auf den Grabgemälden, trank und mir den Ort merkte. Ein paar Tage darauf kam ich wieder, denn in der Stadt hatte sich das Gerücht verbreitet, in Untermais würde eine Hochzeit seyn. Die kühle Halle des Wirthshauses war der herrschenden Hitze wegen eine sehr angenehme Warte, um die Anfänge der Begebenheit zu beobachten. Allmählich fuhren mehrere Caleschen vor, vom lustigen Posthorn angekündet und mit weidlich aufgeschmückten Gästen besetzt. Man wollte sich da gegenseitig erwarten, und so sammelte sich nach und nach eine ziemliche Anzahl von Leuten. Die Männer prangten in ihrem besten, schon erwähnten Sonntagsstaat, in braunen Jacken mit rothen Aufschlägen, rothen Leibchen, grünen Hosenträgern, schöngestickten, mit den Namensbuchstaben versehenen Gürteln, schwarzledernen Hosen, weißen Strümpfen und rothausgenähten Schuhen. Die „Buben“ trugen große grüne, die „Mander“ (Ehemänner) große schwarze Hüte, und diese wie jene und die der Postillione waren mit bunten Sträußchen verziert. Etwas mehr vom gewöhnlichen Sonntagsputze abweichend war die Tracht der „Weiberleute.“ Sie bestand aus violetten, rotheingefaßten Spensern, dunkeln rothbeborteten Röcken, von denen die schneeweißen Schürzen kräftig abstachen, und auf den Häuptern saßen die alterthümlichen Spitzelhauben. Diese Spitzelhauben sind, wie der Name besagt, aus schwarzen Spitzen gefertigt und umgeben das Haupt wie ein leichtes durchbrochenes Dreieck, so daß zwei Strahlen von den Schläfen ausgehen und ein dritter vom Scheitel. Hinten ist eine Art Cocarde oder Blume von seidenen Bändchen angebracht, welche bei den Jungfrauen roth, bei den Frauen weiß und mit einer großen Silbernadel befestigt ist. Der ganze Anzug sieht sehr schmuck und kleidsam aus. Ehemals soll er gewöhnliche Sonntagstracht gewesen seyn, noch früher war er wohl Gewand des Werktages. Die Spitzelhaube insbesondre verräth uns manches über die Geschichte der Volkstrachten. Jetzt ist sie in Meran und Bozen nur mehr als belächelte altfränkische Erscheinung an etlichen hochbetagten Höckerinnen zu sehen, dagegen bei dem Landvolke noch als Putz für Festtage und hohe Zeiten in Gebrauch, deßwegen auch auf den Grabgemälden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0337" n="333"/> trank und mir den Ort merkte. Ein paar Tage darauf kam ich wieder, denn in der Stadt hatte sich das Gerücht verbreitet, in Untermais würde eine Hochzeit seyn. Die kühle Halle des Wirthshauses war der herrschenden Hitze wegen eine sehr angenehme Warte, um die Anfänge der Begebenheit zu beobachten. Allmählich fuhren mehrere Caleschen vor, vom lustigen Posthorn angekündet und mit weidlich aufgeschmückten Gästen besetzt. Man wollte sich da gegenseitig erwarten, und so sammelte sich nach und nach eine ziemliche Anzahl von Leuten. Die Männer prangten in ihrem besten, schon erwähnten Sonntagsstaat, in braunen Jacken mit rothen Aufschlägen, rothen Leibchen, grünen Hosenträgern, schöngestickten, mit den Namensbuchstaben versehenen Gürteln, schwarzledernen Hosen, weißen Strümpfen und rothausgenähten Schuhen. Die „Buben“ trugen große grüne, die „Mander“ (Ehemänner) große schwarze Hüte, und diese wie jene und die der Postillione waren mit bunten Sträußchen verziert.</p> <p>Etwas mehr vom gewöhnlichen Sonntagsputze abweichend war die Tracht der „Weiberleute.“ Sie bestand aus violetten, rotheingefaßten Spensern, dunkeln rothbeborteten Röcken, von denen die schneeweißen Schürzen kräftig abstachen, und auf den Häuptern saßen die alterthümlichen Spitzelhauben. Diese Spitzelhauben sind, wie der Name besagt, aus schwarzen Spitzen gefertigt und umgeben das Haupt wie ein leichtes durchbrochenes Dreieck, so daß zwei Strahlen von den Schläfen ausgehen und ein dritter vom Scheitel. Hinten ist eine Art Cocarde oder Blume von seidenen Bändchen angebracht, welche bei den Jungfrauen roth, bei den Frauen weiß und mit einer großen Silbernadel befestigt ist. Der ganze Anzug sieht sehr schmuck und kleidsam aus. Ehemals soll er gewöhnliche Sonntagstracht gewesen seyn, noch früher war er wohl Gewand des Werktages. Die Spitzelhaube insbesondre verräth uns manches über die Geschichte der Volkstrachten. Jetzt ist sie in Meran und Bozen nur mehr als belächelte altfränkische Erscheinung an etlichen hochbetagten Höckerinnen zu sehen, dagegen bei dem Landvolke noch als Putz für Festtage und hohe Zeiten in Gebrauch, deßwegen auch auf den Grabgemälden, </p> </div> </body> </text> </TEI> [333/0337]
trank und mir den Ort merkte. Ein paar Tage darauf kam ich wieder, denn in der Stadt hatte sich das Gerücht verbreitet, in Untermais würde eine Hochzeit seyn. Die kühle Halle des Wirthshauses war der herrschenden Hitze wegen eine sehr angenehme Warte, um die Anfänge der Begebenheit zu beobachten. Allmählich fuhren mehrere Caleschen vor, vom lustigen Posthorn angekündet und mit weidlich aufgeschmückten Gästen besetzt. Man wollte sich da gegenseitig erwarten, und so sammelte sich nach und nach eine ziemliche Anzahl von Leuten. Die Männer prangten in ihrem besten, schon erwähnten Sonntagsstaat, in braunen Jacken mit rothen Aufschlägen, rothen Leibchen, grünen Hosenträgern, schöngestickten, mit den Namensbuchstaben versehenen Gürteln, schwarzledernen Hosen, weißen Strümpfen und rothausgenähten Schuhen. Die „Buben“ trugen große grüne, die „Mander“ (Ehemänner) große schwarze Hüte, und diese wie jene und die der Postillione waren mit bunten Sträußchen verziert.
Etwas mehr vom gewöhnlichen Sonntagsputze abweichend war die Tracht der „Weiberleute.“ Sie bestand aus violetten, rotheingefaßten Spensern, dunkeln rothbeborteten Röcken, von denen die schneeweißen Schürzen kräftig abstachen, und auf den Häuptern saßen die alterthümlichen Spitzelhauben. Diese Spitzelhauben sind, wie der Name besagt, aus schwarzen Spitzen gefertigt und umgeben das Haupt wie ein leichtes durchbrochenes Dreieck, so daß zwei Strahlen von den Schläfen ausgehen und ein dritter vom Scheitel. Hinten ist eine Art Cocarde oder Blume von seidenen Bändchen angebracht, welche bei den Jungfrauen roth, bei den Frauen weiß und mit einer großen Silbernadel befestigt ist. Der ganze Anzug sieht sehr schmuck und kleidsam aus. Ehemals soll er gewöhnliche Sonntagstracht gewesen seyn, noch früher war er wohl Gewand des Werktages. Die Spitzelhaube insbesondre verräth uns manches über die Geschichte der Volkstrachten. Jetzt ist sie in Meran und Bozen nur mehr als belächelte altfränkische Erscheinung an etlichen hochbetagten Höckerinnen zu sehen, dagegen bei dem Landvolke noch als Putz für Festtage und hohe Zeiten in Gebrauch, deßwegen auch auf den Grabgemälden,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |