Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.mit bleichen südlichen ab und wie sich in diesen vielleicht ein Nachwirken alten romanischen Blutes zeigt, so wohl auch in den rabenschwarzen Haaren, die freilich minderzählig neben den hellblonden zu gewahren sind. Die Haare, blond oder schwarz, werden aber aus der Stirne rückwärts gestrichen und nach dem Nacken hin auf italienische Weise durch eine breite Nadel festgehalten, worin nach Albert Schott ein Kennzeichen alemanischer Abkunft zu Tage läge. Sonst wollen Sachverständige die Tracht nicht vortheilhaft nennen, behauptend, die schweren violbraunen Röcke seyen dem Heraustreten des schönen Wuchses nicht förderlich und verliehen der Gestalt eine unbehülfliche Hülle. Anerkannt dagegen ist die kleidsame Pracht der brennrothen Strümpfe, und die Umschlingung des seidenen Halstuches, das sich rückwärts den vollen Nacken halb enthüllend, herzförmig einsenkt, ist besonders reizend ausgedacht. So ist's denn eine liebe Betrachtung das körnige Bauernvolk im Burggrafenamte, wie es umgeben von einem Kranze hoher Schneeberge in der warmen grünen Tiefe lebt, unter dem heißen italienischen Himmel, in der schmalen Ebene, die wie ein Herd erscheint, um Hitze auszukochen, - jetzt nachdem die Westgothen vorlängst spanisch, die Burgunder französisch, die Longobarden italienisch geworden sind, der letzte Rest germanischer Zunge, der unter Feigen- und Mandelbäumen Haus haltet. Ja von allen andern deutschen Stämmen, die einst mit gezücktem Schwerte über die hohe Wand der Alpen und der Pyrenäen nach den europäischen Südländern stiegen, von allen, die dort zu Ehren, Macht und Ansehen gekommen, ist keiner bei seiner Sprache und seinen Sitten geblieben, aber hier im oberitalischen Paradiese an der Etsch sitzt noch die ganze Gefolgschaft hochstämmiger Recken in urkräftiger Deutschheit beisammen, immer noch abweisend und schroff gegen den wälschen Nachbar, wie vor anderthalbtausend Jahren. Dieses Häuflein war so klug, nachdem die Mauer übersprungen, im ersten Vorhofe stehen zu bleiben. Hätte es sich weiter hineingewagt in den lockenden Feengarten, so wäre es wohl auch verzaubert worden und verschollen für die Heimath. Deßwegen hat auch die Stellung des deutschen Bauern an der mit bleichen südlichen ab und wie sich in diesen vielleicht ein Nachwirken alten romanischen Blutes zeigt, so wohl auch in den rabenschwarzen Haaren, die freilich minderzählig neben den hellblonden zu gewahren sind. Die Haare, blond oder schwarz, werden aber aus der Stirne rückwärts gestrichen und nach dem Nacken hin auf italienische Weise durch eine breite Nadel festgehalten, worin nach Albert Schott ein Kennzeichen alemanischer Abkunft zu Tage läge. Sonst wollen Sachverständige die Tracht nicht vortheilhaft nennen, behauptend, die schweren violbraunen Röcke seyen dem Heraustreten des schönen Wuchses nicht förderlich und verliehen der Gestalt eine unbehülfliche Hülle. Anerkannt dagegen ist die kleidsame Pracht der brennrothen Strümpfe, und die Umschlingung des seidenen Halstuches, das sich rückwärts den vollen Nacken halb enthüllend, herzförmig einsenkt, ist besonders reizend ausgedacht. So ist’s denn eine liebe Betrachtung das körnige Bauernvolk im Burggrafenamte, wie es umgeben von einem Kranze hoher Schneeberge in der warmen grünen Tiefe lebt, unter dem heißen italienischen Himmel, in der schmalen Ebene, die wie ein Herd erscheint, um Hitze auszukochen, – jetzt nachdem die Westgothen vorlängst spanisch, die Burgunder französisch, die Longobarden italienisch geworden sind, der letzte Rest germanischer Zunge, der unter Feigen- und Mandelbäumen Haus haltet. Ja von allen andern deutschen Stämmen, die einst mit gezücktem Schwerte über die hohe Wand der Alpen und der Pyrenäen nach den europäischen Südländern stiegen, von allen, die dort zu Ehren, Macht und Ansehen gekommen, ist keiner bei seiner Sprache und seinen Sitten geblieben, aber hier im oberitalischen Paradiese an der Etsch sitzt noch die ganze Gefolgschaft hochstämmiger Recken in urkräftiger Deutschheit beisammen, immer noch abweisend und schroff gegen den wälschen Nachbar, wie vor anderthalbtausend Jahren. Dieses Häuflein war so klug, nachdem die Mauer übersprungen, im ersten Vorhofe stehen zu bleiben. Hätte es sich weiter hineingewagt in den lockenden Feengarten, so wäre es wohl auch verzaubert worden und verschollen für die Heimath. Deßwegen hat auch die Stellung des deutschen Bauern an der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0320" n="316"/> mit bleichen südlichen ab und wie sich in diesen vielleicht ein Nachwirken alten romanischen Blutes zeigt, so wohl auch in den rabenschwarzen Haaren, die freilich minderzählig neben den hellblonden zu gewahren sind. Die Haare, blond oder schwarz, werden aber aus der Stirne rückwärts gestrichen und nach dem Nacken hin auf italienische Weise durch eine breite Nadel festgehalten, worin nach Albert Schott ein Kennzeichen alemanischer Abkunft zu Tage läge. Sonst wollen Sachverständige die Tracht nicht vortheilhaft nennen, behauptend, die schweren violbraunen Röcke seyen dem Heraustreten des schönen Wuchses nicht förderlich und verliehen der Gestalt eine unbehülfliche Hülle. Anerkannt dagegen ist die kleidsame Pracht der brennrothen Strümpfe, und die Umschlingung des seidenen Halstuches, das sich rückwärts den vollen Nacken halb enthüllend, herzförmig einsenkt, ist besonders reizend ausgedacht.</p> <p>So ist’s denn eine liebe Betrachtung das körnige Bauernvolk im Burggrafenamte, wie es umgeben von einem Kranze hoher Schneeberge in der warmen grünen Tiefe lebt, unter dem heißen italienischen Himmel, in der schmalen Ebene, die wie ein Herd erscheint, um Hitze auszukochen, – jetzt nachdem die Westgothen vorlängst spanisch, die Burgunder französisch, die Longobarden italienisch geworden sind, der letzte Rest germanischer Zunge, der unter Feigen- und Mandelbäumen Haus haltet. Ja von allen andern deutschen Stämmen, die einst mit gezücktem Schwerte über die hohe Wand der Alpen und der Pyrenäen nach den europäischen Südländern stiegen, von allen, die dort zu Ehren, Macht und Ansehen gekommen, ist keiner bei seiner Sprache und seinen Sitten geblieben, aber hier im oberitalischen Paradiese an der Etsch sitzt noch die ganze Gefolgschaft hochstämmiger Recken in urkräftiger Deutschheit beisammen, immer noch abweisend und schroff gegen den wälschen Nachbar, wie vor anderthalbtausend Jahren. Dieses Häuflein war so klug, nachdem die Mauer übersprungen, im ersten Vorhofe stehen zu bleiben. Hätte es sich weiter hineingewagt in den lockenden Feengarten, so wäre es wohl auch verzaubert worden und verschollen für die Heimath. Deßwegen hat auch die Stellung des deutschen Bauern an der </p> </div> </body> </text> </TEI> [316/0320]
mit bleichen südlichen ab und wie sich in diesen vielleicht ein Nachwirken alten romanischen Blutes zeigt, so wohl auch in den rabenschwarzen Haaren, die freilich minderzählig neben den hellblonden zu gewahren sind. Die Haare, blond oder schwarz, werden aber aus der Stirne rückwärts gestrichen und nach dem Nacken hin auf italienische Weise durch eine breite Nadel festgehalten, worin nach Albert Schott ein Kennzeichen alemanischer Abkunft zu Tage läge. Sonst wollen Sachverständige die Tracht nicht vortheilhaft nennen, behauptend, die schweren violbraunen Röcke seyen dem Heraustreten des schönen Wuchses nicht förderlich und verliehen der Gestalt eine unbehülfliche Hülle. Anerkannt dagegen ist die kleidsame Pracht der brennrothen Strümpfe, und die Umschlingung des seidenen Halstuches, das sich rückwärts den vollen Nacken halb enthüllend, herzförmig einsenkt, ist besonders reizend ausgedacht.
So ist’s denn eine liebe Betrachtung das körnige Bauernvolk im Burggrafenamte, wie es umgeben von einem Kranze hoher Schneeberge in der warmen grünen Tiefe lebt, unter dem heißen italienischen Himmel, in der schmalen Ebene, die wie ein Herd erscheint, um Hitze auszukochen, – jetzt nachdem die Westgothen vorlängst spanisch, die Burgunder französisch, die Longobarden italienisch geworden sind, der letzte Rest germanischer Zunge, der unter Feigen- und Mandelbäumen Haus haltet. Ja von allen andern deutschen Stämmen, die einst mit gezücktem Schwerte über die hohe Wand der Alpen und der Pyrenäen nach den europäischen Südländern stiegen, von allen, die dort zu Ehren, Macht und Ansehen gekommen, ist keiner bei seiner Sprache und seinen Sitten geblieben, aber hier im oberitalischen Paradiese an der Etsch sitzt noch die ganze Gefolgschaft hochstämmiger Recken in urkräftiger Deutschheit beisammen, immer noch abweisend und schroff gegen den wälschen Nachbar, wie vor anderthalbtausend Jahren. Dieses Häuflein war so klug, nachdem die Mauer übersprungen, im ersten Vorhofe stehen zu bleiben. Hätte es sich weiter hineingewagt in den lockenden Feengarten, so wäre es wohl auch verzaubert worden und verschollen für die Heimath. Deßwegen hat auch die Stellung des deutschen Bauern an der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |