Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

mit dem anderthalb tausendjährigen Namen an den Meistbietenden zu verkaufen. Der erste Käufer hatte sie zum Abbruch bestimmt und schon Hand angelegt. Um nicht von den Steinen erschlagen zu werden und Sand und Staub von seinen Weinbergen abzuhalten, nahm es der darunter wohnende Bauer jenem ab und entriß es der Zerstörung. Als Tirol wieder an Oesterreich gefallen war, brachte die Stadt Meran das alte Palladium an sich und verehrte es dem Kaiser Franz.

In den Burghof tretend erhalten wir den Gruß des Pförtners, des alten Blasius Trogmann, welcher der Fink genannt wird. Er saß früher auf einem Bauernhofe zu Mais, stand aber nebenbei schon 1797 in Gefechten und im Jahre Neun war er der Hauptmann der ersten Schützencompagnie seines Dorfes. Er hat den Sandwirth gut gekannt und weiß manches von ihm zu erzählen. In den Geschichten jener Zeit wird er als brav und tüchtig oft genannt. Der alte Held mit dem freundlichen Gesicht, den blauen Augen, weißen Löckchen und den sanften ruhigen Manieren trägt noch die braune Bauernjacke und den großen runden Hut, welche er nur bei besondern Gelegenheiten mit einer Uniform vertauscht, in welcher der treue Kämpe gewiß recht erbärmlich aussieht. Auch der gegenwärtige Schloßhauptmann, der bescheidene Herr Ilmer, hat im Jahre Neun befehligt. Die Pförtnersstelle, die jetzt der alte Fink versieht, verwaltete von 1828 an Joseph Hell, ein Bauernsohn von Vomp bei Schwaz, derselbe der die schönen Holzschnitzereien gearbeitet hat, welche im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt werden. Er starb in großem Unglück auf Schloß Tirol im Jahre 1832.

Dieses Schloß besteht aber aus zwei Theilen, davon einer verfallen, der andere noch erhalten ist und ritterlich auf der Rebenhöhe prangt. In jenen verlegt die Sage das Gemach, wo Ludwigs und Margarethens Beilager gehalten wurde; in diesem ist, jetzt tapezirt und mit Bildnissen geschmückt, die Stube wo Kaiser Ferdinand 1838 den Andrä Erb, den Schwiegersohn des seligen Andreas Hofer, als Lehenträger für seinen Vetter, den jungen Andreas von Hofer mit dem Sandwirthshause in Passeier belehnte.

mit dem anderthalb tausendjährigen Namen an den Meistbietenden zu verkaufen. Der erste Käufer hatte sie zum Abbruch bestimmt und schon Hand angelegt. Um nicht von den Steinen erschlagen zu werden und Sand und Staub von seinen Weinbergen abzuhalten, nahm es der darunter wohnende Bauer jenem ab und entriß es der Zerstörung. Als Tirol wieder an Oesterreich gefallen war, brachte die Stadt Meran das alte Palladium an sich und verehrte es dem Kaiser Franz.

In den Burghof tretend erhalten wir den Gruß des Pförtners, des alten Blasius Trogmann, welcher der Fink genannt wird. Er saß früher auf einem Bauernhofe zu Mais, stand aber nebenbei schon 1797 in Gefechten und im Jahre Neun war er der Hauptmann der ersten Schützencompagnie seines Dorfes. Er hat den Sandwirth gut gekannt und weiß manches von ihm zu erzählen. In den Geschichten jener Zeit wird er als brav und tüchtig oft genannt. Der alte Held mit dem freundlichen Gesicht, den blauen Augen, weißen Löckchen und den sanften ruhigen Manieren trägt noch die braune Bauernjacke und den großen runden Hut, welche er nur bei besondern Gelegenheiten mit einer Uniform vertauscht, in welcher der treue Kämpe gewiß recht erbärmlich aussieht. Auch der gegenwärtige Schloßhauptmann, der bescheidene Herr Ilmer, hat im Jahre Neun befehligt. Die Pförtnersstelle, die jetzt der alte Fink versieht, verwaltete von 1828 an Joseph Hell, ein Bauernsohn von Vomp bei Schwaz, derselbe der die schönen Holzschnitzereien gearbeitet hat, welche im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt werden. Er starb in großem Unglück auf Schloß Tirol im Jahre 1832.

Dieses Schloß besteht aber aus zwei Theilen, davon einer verfallen, der andere noch erhalten ist und ritterlich auf der Rebenhöhe prangt. In jenen verlegt die Sage das Gemach, wo Ludwigs und Margarethens Beilager gehalten wurde; in diesem ist, jetzt tapezirt und mit Bildnissen geschmückt, die Stube wo Kaiser Ferdinand 1838 den Andrä Erb, den Schwiegersohn des seligen Andreas Hofer, als Lehenträger für seinen Vetter, den jungen Andreas von Hofer mit dem Sandwirthshause in Passeier belehnte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0314" n="310"/>
mit dem anderthalb tausendjährigen Namen an den Meistbietenden zu verkaufen. Der erste Käufer hatte sie zum Abbruch bestimmt und schon Hand angelegt. Um nicht von den Steinen erschlagen zu werden und Sand und Staub von seinen Weinbergen abzuhalten, nahm es der darunter wohnende Bauer jenem ab und entriß es der Zerstörung. Als Tirol wieder an Oesterreich gefallen war, brachte die Stadt Meran das alte Palladium an sich und verehrte es dem Kaiser Franz.</p>
        <p>In den Burghof tretend erhalten wir den Gruß des Pförtners, des alten Blasius Trogmann, welcher der Fink genannt wird. Er saß früher auf einem Bauernhofe zu Mais, stand aber nebenbei schon 1797 in Gefechten und im Jahre Neun war er der Hauptmann der ersten Schützencompagnie seines Dorfes. Er hat den Sandwirth gut gekannt und weiß manches von ihm zu erzählen. In den Geschichten jener Zeit wird er als brav und tüchtig oft genannt. Der alte Held mit dem freundlichen Gesicht, den blauen Augen, weißen Löckchen und den sanften ruhigen Manieren trägt noch die braune Bauernjacke und den großen runden Hut, welche er nur bei besondern Gelegenheiten mit einer Uniform vertauscht, in welcher der treue Kämpe gewiß recht erbärmlich aussieht. Auch der gegenwärtige Schloßhauptmann, der bescheidene Herr Ilmer, hat im Jahre Neun befehligt. Die Pförtnersstelle, die jetzt der alte Fink versieht, verwaltete von 1828 an Joseph Hell, ein Bauernsohn von Vomp bei Schwaz, derselbe der die schönen Holzschnitzereien gearbeitet hat, welche im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt werden. Er starb in großem Unglück auf Schloß Tirol im Jahre 1832.</p>
        <p>Dieses Schloß besteht aber aus zwei Theilen, davon einer verfallen, der andere noch erhalten ist und ritterlich auf der Rebenhöhe prangt. In jenen verlegt die Sage das Gemach, wo Ludwigs und Margarethens Beilager gehalten wurde; in diesem ist, jetzt tapezirt und mit Bildnissen geschmückt, die Stube wo Kaiser Ferdinand 1838 den Andrä Erb, den Schwiegersohn des seligen Andreas Hofer, als Lehenträger für seinen Vetter, den jungen Andreas von Hofer mit dem Sandwirthshause in Passeier belehnte.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0314] mit dem anderthalb tausendjährigen Namen an den Meistbietenden zu verkaufen. Der erste Käufer hatte sie zum Abbruch bestimmt und schon Hand angelegt. Um nicht von den Steinen erschlagen zu werden und Sand und Staub von seinen Weinbergen abzuhalten, nahm es der darunter wohnende Bauer jenem ab und entriß es der Zerstörung. Als Tirol wieder an Oesterreich gefallen war, brachte die Stadt Meran das alte Palladium an sich und verehrte es dem Kaiser Franz. In den Burghof tretend erhalten wir den Gruß des Pförtners, des alten Blasius Trogmann, welcher der Fink genannt wird. Er saß früher auf einem Bauernhofe zu Mais, stand aber nebenbei schon 1797 in Gefechten und im Jahre Neun war er der Hauptmann der ersten Schützencompagnie seines Dorfes. Er hat den Sandwirth gut gekannt und weiß manches von ihm zu erzählen. In den Geschichten jener Zeit wird er als brav und tüchtig oft genannt. Der alte Held mit dem freundlichen Gesicht, den blauen Augen, weißen Löckchen und den sanften ruhigen Manieren trägt noch die braune Bauernjacke und den großen runden Hut, welche er nur bei besondern Gelegenheiten mit einer Uniform vertauscht, in welcher der treue Kämpe gewiß recht erbärmlich aussieht. Auch der gegenwärtige Schloßhauptmann, der bescheidene Herr Ilmer, hat im Jahre Neun befehligt. Die Pförtnersstelle, die jetzt der alte Fink versieht, verwaltete von 1828 an Joseph Hell, ein Bauernsohn von Vomp bei Schwaz, derselbe der die schönen Holzschnitzereien gearbeitet hat, welche im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt werden. Er starb in großem Unglück auf Schloß Tirol im Jahre 1832. Dieses Schloß besteht aber aus zwei Theilen, davon einer verfallen, der andere noch erhalten ist und ritterlich auf der Rebenhöhe prangt. In jenen verlegt die Sage das Gemach, wo Ludwigs und Margarethens Beilager gehalten wurde; in diesem ist, jetzt tapezirt und mit Bildnissen geschmückt, die Stube wo Kaiser Ferdinand 1838 den Andrä Erb, den Schwiegersohn des seligen Andreas Hofer, als Lehenträger für seinen Vetter, den jungen Andreas von Hofer mit dem Sandwirthshause in Passeier belehnte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/314
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/314>, abgerufen am 10.06.2024.