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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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ungemeiner Billigkeit und zarter Sorge gegen die Gäste verfahren werden soll.

Das Thal nimmt nun eine milde, liebliche und doch große Art an. Um die Dörfer lag noch immer der bläuliche Duft des Morgens, den der Rauch aus den Schornsteinen kräuselnd durchbrach. Ueberall ist Raum genug für Kornfelder und für Wiesen, und die dicken Vintschger Bauern, die des Weges kommen, sind an sich schon ein gutes Zeugniß für die Fruchtbarkeit des Bodens. Die Sonnenseite bietet zwar nicht viel zu schauen, aber die Schattenseite ist gerade hier am schönsten, denn oft führt der Blick an stürzenden Wassern, an weiten Almen und über unermeßliche Forsten hinauf in die glänzenden weißen Wildnisse der Ferner.

So gelangten wir allmählich in den Grund von Kortsch und Schlanders, wo auf einmal alle Reize südlicher Landschaft aufgehen, wo an der Straße Castanien und Nußbäume ihre dichten Schatten zu werfen anfangen, rechts und links goldene Korngefilde prangen, wo an den mürben Sonnenbergen die ersten Rebengelände sich zeigen und die alten Gemäuer mächtiger Burgen sich so häufen, daß kaum mehr Zeit übrig bleibt nach ihrem Namen zu fragen. Darunter ist vor Zeiten die angesehenste gewesen jene Veste auf hohem, jähem Bergstock über Schlanders, keck hingebaut an den schwindelnden Berghang und Schlandersberg genannt - ehedem der Stammsitz eines ritterlichen Geschlechts dieses Namens, aus welchem einer mit andern fünfunddreißig Herren vom Vintschgau in der Schlacht bei Sempach fiel. Später war Heinrich von Schlandersberg als ein streitbares Haupt bei dem großen Bunde der tirolischen Ritterschaft gegen Herzog Friedel, bei jenem Bunde, den der Fürst mit Hülfe seiner Bauern zu Boden schlug und dessen Vesten er eine nach der andern brach. Damals ging auch Reichthum, Gewalt und Ansehen der Schlandersberger unter und sie kamen so lange sie dauerten nicht mehr dazu, obgleich das alte Geschlecht erst im vorigen Jahrhunderte ausstarb.

Schlanders selbst ist ein großes Dorf mit steinernen, städtisch aneinander gebauten hohen Häusern. Auf dem andern Ufer der Etsch liegt das Dörflein Göflan, in dessen

ungemeiner Billigkeit und zarter Sorge gegen die Gäste verfahren werden soll.

Das Thal nimmt nun eine milde, liebliche und doch große Art an. Um die Dörfer lag noch immer der bläuliche Duft des Morgens, den der Rauch aus den Schornsteinen kräuselnd durchbrach. Ueberall ist Raum genug für Kornfelder und für Wiesen, und die dicken Vintschger Bauern, die des Weges kommen, sind an sich schon ein gutes Zeugniß für die Fruchtbarkeit des Bodens. Die Sonnenseite bietet zwar nicht viel zu schauen, aber die Schattenseite ist gerade hier am schönsten, denn oft führt der Blick an stürzenden Wassern, an weiten Almen und über unermeßliche Forsten hinauf in die glänzenden weißen Wildnisse der Ferner.

So gelangten wir allmählich in den Grund von Kortsch und Schlanders, wo auf einmal alle Reize südlicher Landschaft aufgehen, wo an der Straße Castanien und Nußbäume ihre dichten Schatten zu werfen anfangen, rechts und links goldene Korngefilde prangen, wo an den mürben Sonnenbergen die ersten Rebengelände sich zeigen und die alten Gemäuer mächtiger Burgen sich so häufen, daß kaum mehr Zeit übrig bleibt nach ihrem Namen zu fragen. Darunter ist vor Zeiten die angesehenste gewesen jene Veste auf hohem, jähem Bergstock über Schlanders, keck hingebaut an den schwindelnden Berghang und Schlandersberg genannt – ehedem der Stammsitz eines ritterlichen Geschlechts dieses Namens, aus welchem einer mit andern fünfunddreißig Herren vom Vintschgau in der Schlacht bei Sempach fiel. Später war Heinrich von Schlandersberg als ein streitbares Haupt bei dem großen Bunde der tirolischen Ritterschaft gegen Herzog Friedel, bei jenem Bunde, den der Fürst mit Hülfe seiner Bauern zu Boden schlug und dessen Vesten er eine nach der andern brach. Damals ging auch Reichthum, Gewalt und Ansehen der Schlandersberger unter und sie kamen so lange sie dauerten nicht mehr dazu, obgleich das alte Geschlecht erst im vorigen Jahrhunderte ausstarb.

Schlanders selbst ist ein großes Dorf mit steinernen, städtisch aneinander gebauten hohen Häusern. Auf dem andern Ufer der Etsch liegt das Dörflein Göflan, in dessen

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[286/0290] ungemeiner Billigkeit und zarter Sorge gegen die Gäste verfahren werden soll. Das Thal nimmt nun eine milde, liebliche und doch große Art an. Um die Dörfer lag noch immer der bläuliche Duft des Morgens, den der Rauch aus den Schornsteinen kräuselnd durchbrach. Ueberall ist Raum genug für Kornfelder und für Wiesen, und die dicken Vintschger Bauern, die des Weges kommen, sind an sich schon ein gutes Zeugniß für die Fruchtbarkeit des Bodens. Die Sonnenseite bietet zwar nicht viel zu schauen, aber die Schattenseite ist gerade hier am schönsten, denn oft führt der Blick an stürzenden Wassern, an weiten Almen und über unermeßliche Forsten hinauf in die glänzenden weißen Wildnisse der Ferner. So gelangten wir allmählich in den Grund von Kortsch und Schlanders, wo auf einmal alle Reize südlicher Landschaft aufgehen, wo an der Straße Castanien und Nußbäume ihre dichten Schatten zu werfen anfangen, rechts und links goldene Korngefilde prangen, wo an den mürben Sonnenbergen die ersten Rebengelände sich zeigen und die alten Gemäuer mächtiger Burgen sich so häufen, daß kaum mehr Zeit übrig bleibt nach ihrem Namen zu fragen. Darunter ist vor Zeiten die angesehenste gewesen jene Veste auf hohem, jähem Bergstock über Schlanders, keck hingebaut an den schwindelnden Berghang und Schlandersberg genannt – ehedem der Stammsitz eines ritterlichen Geschlechts dieses Namens, aus welchem einer mit andern fünfunddreißig Herren vom Vintschgau in der Schlacht bei Sempach fiel. Später war Heinrich von Schlandersberg als ein streitbares Haupt bei dem großen Bunde der tirolischen Ritterschaft gegen Herzog Friedel, bei jenem Bunde, den der Fürst mit Hülfe seiner Bauern zu Boden schlug und dessen Vesten er eine nach der andern brach. Damals ging auch Reichthum, Gewalt und Ansehen der Schlandersberger unter und sie kamen so lange sie dauerten nicht mehr dazu, obgleich das alte Geschlecht erst im vorigen Jahrhunderte ausstarb. Schlanders selbst ist ein großes Dorf mit steinernen, städtisch aneinander gebauten hohen Häusern. Auf dem andern Ufer der Etsch liegt das Dörflein Göflan, in dessen

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/290>, abgerufen am 23.11.2024.