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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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so daß sich diese, um zehn Uhr des Vormittags, siebenhundert Mann stark ergeben mußten. Die beiden Anführer waren bei dem kleinen Haufen, der über Landeck unter scharfem Kampfe davonzog. Nach Staffler wären die Gefangenen ohne mindeste Beleidigung abgeführt und mit Speise und Trank gelabt worden; nach Bartholdy ließ man ihnen das Nöthigste bis die Vintschgauer dazwischen traten und sie völlig ausplünderten. Solches Benehmen hat die Vintschgauer in diesem Kriegsjahre öfter ausgezeichnet; sie wurden auch damals im Volksliede durch folgende Reime dafür gezüchtigt:

Und wie jetzt die Bayern das Fahnl hab'n g'schwungen
Sind die Vintschgauer kommen ins Lager gesprungen;
Sie haben all's ausg'raubt; es habt's schon g'hört,
Zum Schießen ist keiner kein Heller nit werth.

Auch diese Begebenheit hatte große Folgen. Der Herzog von Danzig hätte das Land vielleicht nicht räumen müssen, wenn dem Haufen der Zug gelungen wäre.

Es war dazumal heller Sonnenschein als ich über die Pontlatzer Brücke pilgerte. Da war's eine wilde Berglandschaft, kühn und groß gezeichnet. Schauerlicher mag es in der Nacht seyn, wenn weiße Wolken über den Mond hinjagen und sein wechselnder Schein auf die Schrofen, in das halblaut strömende Gewässer und auf den fahlen Weg fällt, wenn die bleichen Köpfe der Felsenwände aus dem schwarzen Schatten herausstarren. Da lagen in den wilden Tagen jener Jahre die röchelnden Sterbenden, die aus der bayerischen Ebene hereingeführt worden in die Schrecken des Hochgebirges, um die armen Bauern von Tirol zu bekriegen - da möchte einer leicht die Geister der Erschlagenen ansichtig werden. Im leisen Saüseln der Gräser möchte er ihr Winseln hören und im stolzen Brausen der Wälder den höhnenden Siegesruf der Tiroler: da könnten einem ossianische Bilder vor die Seele treten, auf der einsamen Brücke von Pontlatz.

Eilen wir hinaus in die Tullenau, ins freundliche Korngefilde von Prutz. Noch ist's eine gute halbe Stunde bis ins Dorf; aber sein Kirchturm und seine großen Dächer winken schon deutlich herüber. Die Landschaft zeigt die ewige Pracht

so daß sich diese, um zehn Uhr des Vormittags, siebenhundert Mann stark ergeben mußten. Die beiden Anführer waren bei dem kleinen Haufen, der über Landeck unter scharfem Kampfe davonzog. Nach Staffler wären die Gefangenen ohne mindeste Beleidigung abgeführt und mit Speise und Trank gelabt worden; nach Bartholdy ließ man ihnen das Nöthigste bis die Vintschgauer dazwischen traten und sie völlig ausplünderten. Solches Benehmen hat die Vintschgauer in diesem Kriegsjahre öfter ausgezeichnet; sie wurden auch damals im Volksliede durch folgende Reime dafür gezüchtigt:

Und wie jetzt die Bayern das Fahnl hab’n g’schwungen
Sind die Vintschgauer kommen ins Lager gesprungen;
Sie haben all’s ausg’raubt; es habt’s schon g’hört,
Zum Schießen ist keiner kein Heller nit werth.

Auch diese Begebenheit hatte große Folgen. Der Herzog von Danzig hätte das Land vielleicht nicht räumen müssen, wenn dem Haufen der Zug gelungen wäre.

Es war dazumal heller Sonnenschein als ich über die Pontlatzer Brücke pilgerte. Da war’s eine wilde Berglandschaft, kühn und groß gezeichnet. Schauerlicher mag es in der Nacht seyn, wenn weiße Wolken über den Mond hinjagen und sein wechselnder Schein auf die Schrofen, in das halblaut strömende Gewässer und auf den fahlen Weg fällt, wenn die bleichen Köpfe der Felsenwände aus dem schwarzen Schatten herausstarren. Da lagen in den wilden Tagen jener Jahre die röchelnden Sterbenden, die aus der bayerischen Ebene hereingeführt worden in die Schrecken des Hochgebirges, um die armen Bauern von Tirol zu bekriegen – da möchte einer leicht die Geister der Erschlagenen ansichtig werden. Im leisen Saüseln der Gräser möchte er ihr Winseln hören und im stolzen Brausen der Wälder den höhnenden Siegesruf der Tiroler: da könnten einem ossianische Bilder vor die Seele treten, auf der einsamen Brücke von Pontlatz.

Eilen wir hinaus in die Tullenau, ins freundliche Korngefilde von Prutz. Noch ist’s eine gute halbe Stunde bis ins Dorf; aber sein Kirchturm und seine großen Dächer winken schon deutlich herüber. Die Landschaft zeigt die ewige Pracht

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[254/0258] so daß sich diese, um zehn Uhr des Vormittags, siebenhundert Mann stark ergeben mußten. Die beiden Anführer waren bei dem kleinen Haufen, der über Landeck unter scharfem Kampfe davonzog. Nach Staffler wären die Gefangenen ohne mindeste Beleidigung abgeführt und mit Speise und Trank gelabt worden; nach Bartholdy ließ man ihnen das Nöthigste bis die Vintschgauer dazwischen traten und sie völlig ausplünderten. Solches Benehmen hat die Vintschgauer in diesem Kriegsjahre öfter ausgezeichnet; sie wurden auch damals im Volksliede durch folgende Reime dafür gezüchtigt: Und wie jetzt die Bayern das Fahnl hab’n g’schwungen Sind die Vintschgauer kommen ins Lager gesprungen; Sie haben all’s ausg’raubt; es habt’s schon g’hört, Zum Schießen ist keiner kein Heller nit werth. Auch diese Begebenheit hatte große Folgen. Der Herzog von Danzig hätte das Land vielleicht nicht räumen müssen, wenn dem Haufen der Zug gelungen wäre. Es war dazumal heller Sonnenschein als ich über die Pontlatzer Brücke pilgerte. Da war’s eine wilde Berglandschaft, kühn und groß gezeichnet. Schauerlicher mag es in der Nacht seyn, wenn weiße Wolken über den Mond hinjagen und sein wechselnder Schein auf die Schrofen, in das halblaut strömende Gewässer und auf den fahlen Weg fällt, wenn die bleichen Köpfe der Felsenwände aus dem schwarzen Schatten herausstarren. Da lagen in den wilden Tagen jener Jahre die röchelnden Sterbenden, die aus der bayerischen Ebene hereingeführt worden in die Schrecken des Hochgebirges, um die armen Bauern von Tirol zu bekriegen – da möchte einer leicht die Geister der Erschlagenen ansichtig werden. Im leisen Saüseln der Gräser möchte er ihr Winseln hören und im stolzen Brausen der Wälder den höhnenden Siegesruf der Tiroler: da könnten einem ossianische Bilder vor die Seele treten, auf der einsamen Brücke von Pontlatz. Eilen wir hinaus in die Tullenau, ins freundliche Korngefilde von Prutz. Noch ist’s eine gute halbe Stunde bis ins Dorf; aber sein Kirchturm und seine großen Dächer winken schon deutlich herüber. Die Landschaft zeigt die ewige Pracht

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/258>, abgerufen am 23.11.2024.