Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Aussicht in die Schweiz, grüne Hügel, rothe Berghörner, Alles belebt von dem Strome, der glänzend durch das Thal zieht. Feldkirch selbst ist eine kleine Stadt mit großen Erinnerungen. In frühern, bewegteren Zeiten wegen der Nachbarschaft der Schweiz immer gehätschelt und geschont, ward dieses Gemeinwesen, nach Weizeneggers Worten, ein zweites St. Marino. Schon die Montforte zu Feldkirch, deren letzter, der öfter genannte Graf Rudolph, die Herrschaft im Jahre 1375 an Oesterreich verkaufte, hatten viel dazu gethan. Unter den neuen Herren, den Herzogen, mußten die Vögte beim Antritt ihres Amtes dem Stadtammann und dem Rath einen Eid schwören, daß sie alle guten Gewohnheiten, altes Herkommen, alle Freiheiten und Rechte aufrecht erhalten würden, und wenn zwischen dem Landesfürsten und der Bürgerschaft Streitigkeiten entstanden, so waren sie vor dem Bürgermeister und kleinem Rathe der Stadt Zürich auszutragen. Erschien der beklagte Herr nicht binnen vierzehn Tagen zu Zürich, so sollte die Stadt Feldkirch dem römischen Reiche anheimfallen, fügten sich die Bürger nicht dem Ausspruche der Schiedsrichter, so sollten ihre Freiheiten vernichtet seyn. Auf dieses Berufungsrecht hatte die Stadt zwar schon 1653 Verzicht geleistet, aber wegen des Vogteides entstanden noch 1750, als Maria Theresia die Rechtspflege und Verwaltung umgestaltete, unfreundliche Erörterungen. Eine der glänzendsten Zeiten der Stadt begann mit dem Jahre 1417, als im Unglücke Herzog Friedrichs sein Bruder Ernst die Herrschaft an den reichen und prachtliebenden Grafen Friedrich von Tokenburg verpfändete und dieser zu Feldkirch seinen Sitz nahm. "An dem Hoflager Friedrichs war, wie Johannes von Müller erzählt, ein Zusammenfluß der Großen aus den Vorlanden, aus Rhätien und Helvetien, der Verwandten des Hauses, die im Testament erwähnt seyn wollten, vieler Hauptleute und Vögte, vieler dienstsuchenden jungen Ritter, andrer, welche diesen Hof als eine Schule adeliger Sitten betrachteten; hier glänzten die von Raron, die Werdenberg, die Aarburg, die Sax, die Matsch von Kirchberg, die von Brandis, alle um den Preis der großen Kunst zu gefallen wetteifernd." Als Friedrich von Aussicht in die Schweiz, grüne Hügel, rothe Berghörner, Alles belebt von dem Strome, der glänzend durch das Thal zieht. Feldkirch selbst ist eine kleine Stadt mit großen Erinnerungen. In frühern, bewegteren Zeiten wegen der Nachbarschaft der Schweiz immer gehätschelt und geschont, ward dieses Gemeinwesen, nach Weizeneggers Worten, ein zweites St. Marino. Schon die Montforte zu Feldkirch, deren letzter, der öfter genannte Graf Rudolph, die Herrschaft im Jahre 1375 an Oesterreich verkaufte, hatten viel dazu gethan. Unter den neuen Herren, den Herzogen, mußten die Vögte beim Antritt ihres Amtes dem Stadtammann und dem Rath einen Eid schwören, daß sie alle guten Gewohnheiten, altes Herkommen, alle Freiheiten und Rechte aufrecht erhalten würden, und wenn zwischen dem Landesfürsten und der Bürgerschaft Streitigkeiten entstanden, so waren sie vor dem Bürgermeister und kleinem Rathe der Stadt Zürich auszutragen. Erschien der beklagte Herr nicht binnen vierzehn Tagen zu Zürich, so sollte die Stadt Feldkirch dem römischen Reiche anheimfallen, fügten sich die Bürger nicht dem Ausspruche der Schiedsrichter, so sollten ihre Freiheiten vernichtet seyn. Auf dieses Berufungsrecht hatte die Stadt zwar schon 1653 Verzicht geleistet, aber wegen des Vogteides entstanden noch 1750, als Maria Theresia die Rechtspflege und Verwaltung umgestaltete, unfreundliche Erörterungen. Eine der glänzendsten Zeiten der Stadt begann mit dem Jahre 1417, als im Unglücke Herzog Friedrichs sein Bruder Ernst die Herrschaft an den reichen und prachtliebenden Grafen Friedrich von Tokenburg verpfändete und dieser zu Feldkirch seinen Sitz nahm. „An dem Hoflager Friedrichs war, wie Johannes von Müller erzählt, ein Zusammenfluß der Großen aus den Vorlanden, aus Rhätien und Helvetien, der Verwandten des Hauses, die im Testament erwähnt seyn wollten, vieler Hauptleute und Vögte, vieler dienstsuchenden jungen Ritter, andrer, welche diesen Hof als eine Schule adeliger Sitten betrachteten; hier glänzten die von Raron, die Werdenberg, die Aarburg, die Sax, die Matsch von Kirchberg, die von Brandis, alle um den Preis der großen Kunst zu gefallen wetteifernd." 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Unter den neuen Herren, den Herzogen, mußten die Vögte beim Antritt ihres Amtes dem Stadtammann und dem Rath einen Eid schwören, daß sie alle guten Gewohnheiten, altes Herkommen, alle Freiheiten und Rechte aufrecht erhalten würden, und wenn zwischen dem Landesfürsten und der Bürgerschaft Streitigkeiten entstanden, so waren sie vor dem Bürgermeister und kleinem Rathe der Stadt Zürich auszutragen. Erschien der beklagte Herr nicht binnen vierzehn Tagen zu Zürich, so sollte die Stadt Feldkirch dem römischen Reiche anheimfallen, fügten sich die Bürger nicht dem Ausspruche der Schiedsrichter, so sollten ihre Freiheiten vernichtet seyn. Auf dieses Berufungsrecht hatte die Stadt zwar schon 1653 Verzicht geleistet, aber wegen des Vogteides entstanden noch 1750, als Maria Theresia die Rechtspflege und Verwaltung umgestaltete, unfreundliche Erörterungen. Eine der glänzendsten Zeiten der Stadt begann mit dem Jahre 1417, als im Unglücke Herzog Friedrichs sein Bruder Ernst die Herrschaft an den reichen und prachtliebenden Grafen Friedrich von Tokenburg verpfändete und dieser zu Feldkirch seinen Sitz nahm. „An dem Hoflager Friedrichs war, wie Johannes von Müller erzählt, ein Zusammenfluß der Großen aus den Vorlanden, aus Rhätien und Helvetien, der Verwandten des Hauses, die im Testament erwähnt seyn wollten, vieler Hauptleute und Vögte, vieler dienstsuchenden jungen Ritter, andrer, welche diesen Hof als eine Schule adeliger Sitten betrachteten; hier glänzten die von Raron, die Werdenberg, die Aarburg, die Sax, die Matsch von Kirchberg, die von Brandis, alle um den Preis der großen Kunst zu gefallen wetteifernd." Als Friedrich von </p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0151]
Aussicht in die Schweiz, grüne Hügel, rothe Berghörner, Alles belebt von dem Strome, der glänzend durch das Thal zieht.
Feldkirch selbst ist eine kleine Stadt mit großen Erinnerungen. In frühern, bewegteren Zeiten wegen der Nachbarschaft der Schweiz immer gehätschelt und geschont, ward dieses Gemeinwesen, nach Weizeneggers Worten, ein zweites St. Marino. Schon die Montforte zu Feldkirch, deren letzter, der öfter genannte Graf Rudolph, die Herrschaft im Jahre 1375 an Oesterreich verkaufte, hatten viel dazu gethan. Unter den neuen Herren, den Herzogen, mußten die Vögte beim Antritt ihres Amtes dem Stadtammann und dem Rath einen Eid schwören, daß sie alle guten Gewohnheiten, altes Herkommen, alle Freiheiten und Rechte aufrecht erhalten würden, und wenn zwischen dem Landesfürsten und der Bürgerschaft Streitigkeiten entstanden, so waren sie vor dem Bürgermeister und kleinem Rathe der Stadt Zürich auszutragen. Erschien der beklagte Herr nicht binnen vierzehn Tagen zu Zürich, so sollte die Stadt Feldkirch dem römischen Reiche anheimfallen, fügten sich die Bürger nicht dem Ausspruche der Schiedsrichter, so sollten ihre Freiheiten vernichtet seyn. Auf dieses Berufungsrecht hatte die Stadt zwar schon 1653 Verzicht geleistet, aber wegen des Vogteides entstanden noch 1750, als Maria Theresia die Rechtspflege und Verwaltung umgestaltete, unfreundliche Erörterungen. Eine der glänzendsten Zeiten der Stadt begann mit dem Jahre 1417, als im Unglücke Herzog Friedrichs sein Bruder Ernst die Herrschaft an den reichen und prachtliebenden Grafen Friedrich von Tokenburg verpfändete und dieser zu Feldkirch seinen Sitz nahm. „An dem Hoflager Friedrichs war, wie Johannes von Müller erzählt, ein Zusammenfluß der Großen aus den Vorlanden, aus Rhätien und Helvetien, der Verwandten des Hauses, die im Testament erwähnt seyn wollten, vieler Hauptleute und Vögte, vieler dienstsuchenden jungen Ritter, andrer, welche diesen Hof als eine Schule adeliger Sitten betrachteten; hier glänzten die von Raron, die Werdenberg, die Aarburg, die Sax, die Matsch von Kirchberg, die von Brandis, alle um den Preis der großen Kunst zu gefallen wetteifernd." Als Friedrich von
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