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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Hiemit sollen unsre Mittheilungen aus der Ischgler Handschrift geschlossen seyn. Die jetzige Kirche von Ischgl ist mit Ausnahme des alten Thurms in neuerm Style erbaut und davon nichts Sonderliches zu erwähnen. Dagegen gibt das Beinhaus wenigstens Anlaß zu der Bemerkung, daß hier die Schädel der Hingegangenen einer besondern Pflege und Acht gewürdigt werden. Den meisten ist nämlich ein schwarzes Schildchen auf die Stirnplatte gemalt und darin steht mit goldnen Buchstaben der Name des ehemaligen Besitzers und das Jahr seines Auszugs. Eine junge Dame aus der Hauptstadt, die mit mir den Gang um den Kirchhof machte, äußerte sich sehr rühmend über diesen Gebrauch, und auch von uns sey es ferne ihn zu tadeln.

Die Gegend von Ischgl abwärts hat noch auf eine gute Strecke jene einfache Gestalt, die wir an dem obern Theil des Thales hervorgehoben. Mehr und mehr zeigen sich Hanffelder und Pflanzungen von Mohn, dessen Samenkörner zum Backwerk verwendet werden. Viel schönes Vieh weidet auf den Matten und gibt sein Klingklang freigebig ab zur Ermunterung des Wanderers. Bei Kappel aber wird die Landschaft bunt, belebt, reich. Dörfer, Weiler, einzelne Höfe, Kirchen und Capellen stehen da zu Hauf. Die Halden dachen sich wechselnder ab, springen vor, treten zurück, zeigen mehr Gewürfel. Kornfelder wogen weit und breit auf den Höhen, Kirschbäume biegen sich über die Häuser und selbst der Pfad geht jetzt zwischen Hecken, oft auch unter schattigen Lauben durch und das Wachsthum vermißt sich sogar recht wuchernd zu werden. Alles zeugt von wärmerer Lage und milderen Jahreszeiten.

Ehe ich nach Kappel kam, traf es sich übrigens, daß ich einer schönen Heiligen noch einen Dienst erweisen sollte. Es stand da nämlich an grünem Abhange ein großes Kreuz, aber nicht von jenen, die ihre Arme frei in die Luft strecken, sondern eines von der andern Gattung, von den eingefaßten, wo ein offener Kasten das Bild des Heilands vor den Unbilden der Witterung schützt. Unten waren Kränze von Glockenblumen, Rosen und Vergißmeinnicht eingelegt, oben lief ein

Hiemit sollen unsre Mittheilungen aus der Ischgler Handschrift geschlossen seyn. Die jetzige Kirche von Ischgl ist mit Ausnahme des alten Thurms in neuerm Style erbaut und davon nichts Sonderliches zu erwähnen. Dagegen gibt das Beinhaus wenigstens Anlaß zu der Bemerkung, daß hier die Schädel der Hingegangenen einer besondern Pflege und Acht gewürdigt werden. Den meisten ist nämlich ein schwarzes Schildchen auf die Stirnplatte gemalt und darin steht mit goldnen Buchstaben der Name des ehemaligen Besitzers und das Jahr seines Auszugs. Eine junge Dame aus der Hauptstadt, die mit mir den Gang um den Kirchhof machte, äußerte sich sehr rühmend über diesen Gebrauch, und auch von uns sey es ferne ihn zu tadeln.

Die Gegend von Ischgl abwärts hat noch auf eine gute Strecke jene einfache Gestalt, die wir an dem obern Theil des Thales hervorgehoben. Mehr und mehr zeigen sich Hanffelder und Pflanzungen von Mohn, dessen Samenkörner zum Backwerk verwendet werden. Viel schönes Vieh weidet auf den Matten und gibt sein Klingklang freigebig ab zur Ermunterung des Wanderers. Bei Kappel aber wird die Landschaft bunt, belebt, reich. Dörfer, Weiler, einzelne Höfe, Kirchen und Capellen stehen da zu Hauf. Die Halden dachen sich wechselnder ab, springen vor, treten zurück, zeigen mehr Gewürfel. Kornfelder wogen weit und breit auf den Höhen, Kirschbäume biegen sich über die Häuser und selbst der Pfad geht jetzt zwischen Hecken, oft auch unter schattigen Lauben durch und das Wachsthum vermißt sich sogar recht wuchernd zu werden. Alles zeugt von wärmerer Lage und milderen Jahreszeiten.

Ehe ich nach Kappel kam, traf es sich übrigens, daß ich einer schönen Heiligen noch einen Dienst erweisen sollte. Es stand da nämlich an grünem Abhange ein großes Kreuz, aber nicht von jenen, die ihre Arme frei in die Luft strecken, sondern eines von der andern Gattung, von den eingefaßten, wo ein offener Kasten das Bild des Heilands vor den Unbilden der Witterung schützt. Unten waren Kränze von Glockenblumen, Rosen und Vergißmeinnicht eingelegt, oben lief ein

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[137/0142] Hiemit sollen unsre Mittheilungen aus der Ischgler Handschrift geschlossen seyn. Die jetzige Kirche von Ischgl ist mit Ausnahme des alten Thurms in neuerm Style erbaut und davon nichts Sonderliches zu erwähnen. Dagegen gibt das Beinhaus wenigstens Anlaß zu der Bemerkung, daß hier die Schädel der Hingegangenen einer besondern Pflege und Acht gewürdigt werden. Den meisten ist nämlich ein schwarzes Schildchen auf die Stirnplatte gemalt und darin steht mit goldnen Buchstaben der Name des ehemaligen Besitzers und das Jahr seines Auszugs. Eine junge Dame aus der Hauptstadt, die mit mir den Gang um den Kirchhof machte, äußerte sich sehr rühmend über diesen Gebrauch, und auch von uns sey es ferne ihn zu tadeln. Die Gegend von Ischgl abwärts hat noch auf eine gute Strecke jene einfache Gestalt, die wir an dem obern Theil des Thales hervorgehoben. Mehr und mehr zeigen sich Hanffelder und Pflanzungen von Mohn, dessen Samenkörner zum Backwerk verwendet werden. Viel schönes Vieh weidet auf den Matten und gibt sein Klingklang freigebig ab zur Ermunterung des Wanderers. Bei Kappel aber wird die Landschaft bunt, belebt, reich. Dörfer, Weiler, einzelne Höfe, Kirchen und Capellen stehen da zu Hauf. Die Halden dachen sich wechselnder ab, springen vor, treten zurück, zeigen mehr Gewürfel. Kornfelder wogen weit und breit auf den Höhen, Kirschbäume biegen sich über die Häuser und selbst der Pfad geht jetzt zwischen Hecken, oft auch unter schattigen Lauben durch und das Wachsthum vermißt sich sogar recht wuchernd zu werden. Alles zeugt von wärmerer Lage und milderen Jahreszeiten. Ehe ich nach Kappel kam, traf es sich übrigens, daß ich einer schönen Heiligen noch einen Dienst erweisen sollte. Es stand da nämlich an grünem Abhange ein großes Kreuz, aber nicht von jenen, die ihre Arme frei in die Luft strecken, sondern eines von der andern Gattung, von den eingefaßten, wo ein offener Kasten das Bild des Heilands vor den Unbilden der Witterung schützt. Unten waren Kränze von Glockenblumen, Rosen und Vergißmeinnicht eingelegt, oben lief ein

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/142>, abgerufen am 23.11.2024.