einen andern b; die Erkenntniß bewegt sich vom einen zum an- dern, entweder von a zu b: causale Betrachtung; oder von b zu a, aber so daß sie b vor a setzt und nun vom vorgesetzten b durch a an die erste Stelle des b gelangt: teleologische Be- trachtung. Der Weg von a zu b ist auch hier unvermeidlich. Becker hat aber seinen Begriff des Organismus, sein Wesen verkennend, allerdings als gegenständlich genommen. Dies ist nun Beckers Grundirrthum, aus dem seine vorzüglichsten ma- terialen Fehler und methodischen Mängel mit Nothwendigkeit erfolgen mußten. Diese Fehler organisch zu entwickeln, wollen wir nun versuchen.
Der erste Punkt, der also hier zu betrachten wäre, ist, daß Becker von organischen Dingen spricht und sie von unorga- nischen Dingen scheidet, während er nach seiner Auffassung des Organismus nur von einer organischen, teleologischen Betrach- tung der Dinge reden sollte. Die Betrachtung nach Ursachen und die nach Zwecken haben nicht etwa jede einen bestimm- ten Kreis von Gegenständen besonders für sich; beide umfassen das All, nur nach verschiedener Rücksicht. Jetzt, denke ich, begreifen wir noch mehr, warum es Becker unmöglich wird zu sagen, durch welches andere Reich von Dingen das Reich der organischen Dinge begrenzt wird, wo die unorganischen seien; denn es giebt wirklich keine, sondern nur eine unorgani- sche Betrachtung der Dinge.
§. 8. Verdrehung der Merkmale des Organismus.
Berücksichtigen wir aber nun ferner, daß Becker denn doch den Begriff des Organismus auf die Natur beschränkt, so wollen wir ihm daraus, daß er den Zweck auf die Natur übertragen hat, keinen Vorwurf machen; aber er hat damit das Reich des Zweckes verkürzt. Dieser Punkt unserer Kritik ist zart, und man verstehe uns recht. Nimmt man Organismus in dieser Weise, wie z. B. auch Trendelenburg in seiner schönen und klaren Darstellung des Zweckes (Logische Untersuchungen II, VIII.) thut, so ist Organismus der von der Natur, die Maschine der von der Kunst verwirklichte Zweck. Das meint auch Be- cker eigentlich. Soll also der Organismus definirt werden, so ist der Zweck das Allgemeine und die Natur das Besondere desselben. Becker aber in seiner Bestimmung des Organismus vom allgemeinen Leben der Natur ausgehend, hat das Verhält- niß von Allgemeinem und Besonderem verdreht: ihm ist die Na-
einen andern b; die Erkenntniß bewegt sich vom einen zum an- dern, entweder von a zu b: causale Betrachtung; oder von b zu a, aber so daß sie b vor a setzt und nun vom vorgesetzten b durch a an die erste Stelle des b gelangt: teleologische Be- trachtung. Der Weg von a zu b ist auch hier unvermeidlich. Becker hat aber seinen Begriff des Organismus, sein Wesen verkennend, allerdings als gegenständlich genommen. Dies ist nun Beckers Grundirrthum, aus dem seine vorzüglichsten ma- terialen Fehler und methodischen Mängel mit Nothwendigkeit erfolgen mußten. Diese Fehler organisch zu entwickeln, wollen wir nun versuchen.
Der erste Punkt, der also hier zu betrachten wäre, ist, daß Becker von organischen Dingen spricht und sie von unorga- nischen Dingen scheidet, während er nach seiner Auffassung des Organismus nur von einer organischen, teleologischen Betrach- tung der Dinge reden sollte. Die Betrachtung nach Ursachen und die nach Zwecken haben nicht etwa jede einen bestimm- ten Kreis von Gegenständen besonders für sich; beide umfassen das All, nur nach verschiedener Rücksicht. Jetzt, denke ich, begreifen wir noch mehr, warum es Becker unmöglich wird zu sagen, durch welches andere Reich von Dingen das Reich der organischen Dinge begrenzt wird, wo die unorganischen seien; denn es giebt wirklich keine, sondern nur eine unorgani- sche Betrachtung der Dinge.
§. 8. Verdrehung der Merkmale des Organismus.
Berücksichtigen wir aber nun ferner, daß Becker denn doch den Begriff des Organismus auf die Natur beschränkt, so wollen wir ihm daraus, daß er den Zweck auf die Natur übertragen hat, keinen Vorwurf machen; aber er hat damit das Reich des Zweckes verkürzt. Dieser Punkt unserer Kritik ist zart, und man verstehe uns recht. Nimmt man Organismus in dieser Weise, wie z. B. auch Trendelenburg in seiner schönen und klaren Darstellung des Zweckes (Logische Untersuchungen II, VIII.) thut, so ist Organismus der von der Natur, die Maschine der von der Kunst verwirklichte Zweck. Das meint auch Be- cker eigentlich. Soll also der Organismus definirt werden, so ist der Zweck das Allgemeine und die Natur das Besondere desselben. Becker aber in seiner Bestimmung des Organismus vom allgemeinen Leben der Natur ausgehend, hat das Verhält- niß von Allgemeinem und Besonderem verdreht: ihm ist die Na-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0050"n="12"/>
einen andern <hirendition="#i">b</hi>; die Erkenntniß bewegt sich vom einen zum an-<lb/>
dern, entweder von <hirendition="#i">a</hi> zu <hirendition="#i">b</hi>: causale Betrachtung; oder von <hirendition="#i">b</hi><lb/>
zu <hirendition="#i">a</hi>, aber so daß sie <hirendition="#i">b</hi> vor <hirendition="#i">a</hi> setzt und nun vom vorgesetzten<lb/><hirendition="#i">b</hi> durch <hirendition="#i">a</hi> an die erste Stelle des <hirendition="#i">b</hi> gelangt: teleologische Be-<lb/>
trachtung. Der Weg von <hirendition="#i">a</hi> zu <hirendition="#i">b</hi> ist auch hier unvermeidlich.<lb/>
Becker hat aber seinen Begriff des Organismus, sein Wesen<lb/>
verkennend, allerdings als gegenständlich genommen. Dies ist<lb/>
nun Beckers Grundirrthum, aus dem seine vorzüglichsten ma-<lb/>
terialen Fehler und methodischen Mängel mit Nothwendigkeit<lb/>
erfolgen mußten. Diese Fehler organisch zu entwickeln, wollen<lb/>
wir nun versuchen.</p><lb/><p>Der erste Punkt, der also hier zu betrachten wäre, ist, daß<lb/>
Becker von organischen <hirendition="#g">Dingen</hi> spricht und sie von unorga-<lb/>
nischen Dingen scheidet, während er nach seiner Auffassung des<lb/>
Organismus nur von einer organischen, teleologischen Betrach-<lb/>
tung der Dinge reden sollte. Die Betrachtung nach Ursachen<lb/>
und die nach Zwecken haben nicht etwa jede einen bestimm-<lb/>
ten Kreis von Gegenständen besonders für sich; beide umfassen<lb/>
das All, nur nach verschiedener Rücksicht. Jetzt, denke ich,<lb/>
begreifen wir noch mehr, warum es Becker unmöglich wird<lb/>
zu sagen, durch welches andere Reich von Dingen das Reich<lb/>
der organischen Dinge begrenzt wird, wo die unorganischen<lb/>
seien; denn es giebt wirklich keine, sondern nur eine unorgani-<lb/>
sche Betrachtung der Dinge.</p></div><lb/><divn="5"><head>§. 8. Verdrehung der Merkmale des Organismus.</head><lb/><p>Berücksichtigen wir aber nun ferner, daß Becker denn doch<lb/>
den Begriff des Organismus auf die Natur beschränkt, so wollen<lb/>
wir ihm daraus, daß er den Zweck auf die Natur übertragen<lb/>
hat, keinen Vorwurf machen; aber er hat damit das Reich des<lb/>
Zweckes verkürzt. Dieser Punkt unserer Kritik ist zart, und<lb/>
man verstehe uns recht. Nimmt man Organismus in dieser<lb/>
Weise, wie z. B. auch Trendelenburg in seiner schönen und<lb/>
klaren Darstellung des Zweckes (Logische Untersuchungen II,<lb/>
VIII.) thut, so ist Organismus der von der Natur, die Maschine<lb/>
der von der Kunst verwirklichte Zweck. Das meint auch Be-<lb/>
cker eigentlich. Soll also der Organismus definirt werden, so<lb/>
ist der Zweck das Allgemeine und die Natur das Besondere<lb/>
desselben. Becker aber in seiner Bestimmung des Organismus<lb/>
vom allgemeinen Leben der Natur ausgehend, hat das Verhält-<lb/>
niß von Allgemeinem und Besonderem verdreht: ihm ist die Na-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[12/0050]
einen andern b; die Erkenntniß bewegt sich vom einen zum an-
dern, entweder von a zu b: causale Betrachtung; oder von b
zu a, aber so daß sie b vor a setzt und nun vom vorgesetzten
b durch a an die erste Stelle des b gelangt: teleologische Be-
trachtung. Der Weg von a zu b ist auch hier unvermeidlich.
Becker hat aber seinen Begriff des Organismus, sein Wesen
verkennend, allerdings als gegenständlich genommen. Dies ist
nun Beckers Grundirrthum, aus dem seine vorzüglichsten ma-
terialen Fehler und methodischen Mängel mit Nothwendigkeit
erfolgen mußten. Diese Fehler organisch zu entwickeln, wollen
wir nun versuchen.
Der erste Punkt, der also hier zu betrachten wäre, ist, daß
Becker von organischen Dingen spricht und sie von unorga-
nischen Dingen scheidet, während er nach seiner Auffassung des
Organismus nur von einer organischen, teleologischen Betrach-
tung der Dinge reden sollte. Die Betrachtung nach Ursachen
und die nach Zwecken haben nicht etwa jede einen bestimm-
ten Kreis von Gegenständen besonders für sich; beide umfassen
das All, nur nach verschiedener Rücksicht. Jetzt, denke ich,
begreifen wir noch mehr, warum es Becker unmöglich wird
zu sagen, durch welches andere Reich von Dingen das Reich
der organischen Dinge begrenzt wird, wo die unorganischen
seien; denn es giebt wirklich keine, sondern nur eine unorgani-
sche Betrachtung der Dinge.
§. 8. Verdrehung der Merkmale des Organismus.
Berücksichtigen wir aber nun ferner, daß Becker denn doch
den Begriff des Organismus auf die Natur beschränkt, so wollen
wir ihm daraus, daß er den Zweck auf die Natur übertragen
hat, keinen Vorwurf machen; aber er hat damit das Reich des
Zweckes verkürzt. Dieser Punkt unserer Kritik ist zart, und
man verstehe uns recht. Nimmt man Organismus in dieser
Weise, wie z. B. auch Trendelenburg in seiner schönen und
klaren Darstellung des Zweckes (Logische Untersuchungen II,
VIII.) thut, so ist Organismus der von der Natur, die Maschine
der von der Kunst verwirklichte Zweck. Das meint auch Be-
cker eigentlich. Soll also der Organismus definirt werden, so
ist der Zweck das Allgemeine und die Natur das Besondere
desselben. Becker aber in seiner Bestimmung des Organismus
vom allgemeinen Leben der Natur ausgehend, hat das Verhält-
niß von Allgemeinem und Besonderem verdreht: ihm ist die Na-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/50>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.