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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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der Erregung in den sensiblen Nerven, sondern zugleich als
Auslösungen nützlicher Leistungen. Ein heftiger Lichteindruck
bringt sofort Schließung der Augenlieder hervor ... Dem Ge-
hörnerven scheint kein so lenksamer Muskelapparat eigen zu
sein, durch dessen Erregungen er seine eigenen beruhigt; doch
dürften leicht theils die Stimmorgane, theils die gesammten Kör-
permuskeln, in denen wenigstens jede rhythmische Musik so leicht
Bewegungstriebe hervorbringt, eine Ableitung jener Erregungen
enthalten ... Ueberraschende Reize, welche eine große Haut-
fläche zugleich treffen, oder intensive Schmerzen der äußern und
der innern Theile, bringen besonders deutliche Nachwirkungen
in den Bewegungen des Athmens und der Circulation hervor",
wobei wenigstens eine Ausgleichung der sensiblen Erregung, wenn
auch keine teleologische Benutzung stattfindet. Nur kann man
recht wohl in den durch Reflexion der sensiblen Erregungen auf
die Tonorgane hervorgebrachten Lauten "eine zweckmäßige Dar-
bietung eines Ausdrucksmittels innerer Zustände sehen, dessen
sich die Ueberlegung" (dies Wort ist nicht eigentlich zu neh-
men) "weiter bedient, um durch Gedankenmittheilung eine Hilfe
zu suchen, die nicht unmittelbar durch organische Processe ge-
leistet wird." Und endlich heißt es (S. 462.): "Nur dies möch-
ten wir bitten, daß man die physiologische Nothwendigkeit nicht
überhaupt verkennt, die in dem Zusammenhange dieser Processe,
z. B. der sensiblen und der motorischen obwaltet, und daß man
an seine Stelle nicht eine unbestimmte psychische Verknüpfung
setzt. Der Schrei des Leidenden ist keine Handlung, die aus
psychischen Motiven folgt, sie gehört gewiß zur nothwendigen
Verkettung physiologischer Processe ... Es hat einen großen
Reiz, das ästhetisch Bedeutsame des Lebens oder die psychisch
nothwendigen Veranstaltungen mit unvermeidlichen mechanischen
Verhältnissen zusammenhängen zu sehn. So ist die Sprache
nicht allein eine Erfindung des Menschen, sondern in der An-
regung der Stimme durch innere Zustände überhaupt liegt ein
natürlicher Trieb zu ihrer Erfindung und Benutzung; und selbst
dieser Trieb ist von der Natur nicht blos willkürlich an jene
innern Zustände geknüpft, sondern enthält zugleich die unent-
behrliche mechanische Ausgleichung, die sie erfordern."

Wir dürfen also jetzt in ganz eigentlichem Sinne sagen:
der Mensch spricht, wie der Hain rauscht. Luft, welche Töne
und Gerüche trägt, Lichtäther und Sonnenstrahlen, und der

der Erregung in den sensiblen Nerven, sondern zugleich als
Auslösungen nützlicher Leistungen. Ein heftiger Lichteindruck
bringt sofort Schließung der Augenlieder hervor … Dem Ge-
hörnerven scheint kein so lenksamer Muskelapparat eigen zu
sein, durch dessen Erregungen er seine eigenen beruhigt; doch
dürften leicht theils die Stimmorgane, theils die gesammten Kör-
permuskeln, in denen wenigstens jede rhythmische Musik so leicht
Bewegungstriebe hervorbringt, eine Ableitung jener Erregungen
enthalten … Ueberraschende Reize, welche eine große Haut-
fläche zugleich treffen, oder intensive Schmerzen der äußern und
der innern Theile, bringen besonders deutliche Nachwirkungen
in den Bewegungen des Athmens und der Circulation hervor“,
wobei wenigstens eine Ausgleichung der sensiblen Erregung, wenn
auch keine teleologische Benutzung stattfindet. Nur kann man
recht wohl in den durch Reflexion der sensiblen Erregungen auf
die Tonorgane hervorgebrachten Lauten „eine zweckmäßige Dar-
bietung eines Ausdrucksmittels innerer Zustände sehen, dessen
sich die Ueberlegung“ (dies Wort ist nicht eigentlich zu neh-
men) „weiter bedient, um durch Gedankenmittheilung eine Hilfe
zu suchen, die nicht unmittelbar durch organische Processe ge-
leistet wird.“ Und endlich heißt es (S. 462.): „Nur dies möch-
ten wir bitten, daß man die physiologische Nothwendigkeit nicht
überhaupt verkennt, die in dem Zusammenhange dieser Processe,
z. B. der sensiblen und der motorischen obwaltet, und daß man
an seine Stelle nicht eine unbestimmte psychische Verknüpfung
setzt. Der Schrei des Leidenden ist keine Handlung, die aus
psychischen Motiven folgt, sie gehört gewiß zur nothwendigen
Verkettung physiologischer Processe … Es hat einen großen
Reiz, das ästhetisch Bedeutsame des Lebens oder die psychisch
nothwendigen Veranstaltungen mit unvermeidlichen mechanischen
Verhältnissen zusammenhängen zu sehn. So ist die Sprache
nicht allein eine Erfindung des Menschen, sondern in der An-
regung der Stimme durch innere Zustände überhaupt liegt ein
natürlicher Trieb zu ihrer Erfindung und Benutzung; und selbst
dieser Trieb ist von der Natur nicht blos willkürlich an jene
innern Zustände geknüpft, sondern enthält zugleich die unent-
behrliche mechanische Ausgleichung, die sie erfordern.“

Wir dürfen also jetzt in ganz eigentlichem Sinne sagen:
der Mensch spricht, wie der Hain rauscht. Luft, welche Töne
und Gerüche trägt, Lichtäther und Sonnenstrahlen, und der

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[294/0332] der Erregung in den sensiblen Nerven, sondern zugleich als Auslösungen nützlicher Leistungen. Ein heftiger Lichteindruck bringt sofort Schließung der Augenlieder hervor … Dem Ge- hörnerven scheint kein so lenksamer Muskelapparat eigen zu sein, durch dessen Erregungen er seine eigenen beruhigt; doch dürften leicht theils die Stimmorgane, theils die gesammten Kör- permuskeln, in denen wenigstens jede rhythmische Musik so leicht Bewegungstriebe hervorbringt, eine Ableitung jener Erregungen enthalten … Ueberraschende Reize, welche eine große Haut- fläche zugleich treffen, oder intensive Schmerzen der äußern und der innern Theile, bringen besonders deutliche Nachwirkungen in den Bewegungen des Athmens und der Circulation hervor“, wobei wenigstens eine Ausgleichung der sensiblen Erregung, wenn auch keine teleologische Benutzung stattfindet. Nur kann man recht wohl in den durch Reflexion der sensiblen Erregungen auf die Tonorgane hervorgebrachten Lauten „eine zweckmäßige Dar- bietung eines Ausdrucksmittels innerer Zustände sehen, dessen sich die Ueberlegung“ (dies Wort ist nicht eigentlich zu neh- men) „weiter bedient, um durch Gedankenmittheilung eine Hilfe zu suchen, die nicht unmittelbar durch organische Processe ge- leistet wird.“ Und endlich heißt es (S. 462.): „Nur dies möch- ten wir bitten, daß man die physiologische Nothwendigkeit nicht überhaupt verkennt, die in dem Zusammenhange dieser Processe, z. B. der sensiblen und der motorischen obwaltet, und daß man an seine Stelle nicht eine unbestimmte psychische Verknüpfung setzt. Der Schrei des Leidenden ist keine Handlung, die aus psychischen Motiven folgt, sie gehört gewiß zur nothwendigen Verkettung physiologischer Processe … Es hat einen großen Reiz, das ästhetisch Bedeutsame des Lebens oder die psychisch nothwendigen Veranstaltungen mit unvermeidlichen mechanischen Verhältnissen zusammenhängen zu sehn. So ist die Sprache nicht allein eine Erfindung des Menschen, sondern in der An- regung der Stimme durch innere Zustände überhaupt liegt ein natürlicher Trieb zu ihrer Erfindung und Benutzung; und selbst dieser Trieb ist von der Natur nicht blos willkürlich an jene innern Zustände geknüpft, sondern enthält zugleich die unent- behrliche mechanische Ausgleichung, die sie erfordern.“ Wir dürfen also jetzt in ganz eigentlichem Sinne sagen: der Mensch spricht, wie der Hain rauscht. Luft, welche Töne und Gerüche trägt, Lichtäther und Sonnenstrahlen, und der

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/332>, abgerufen am 25.11.2024.