tegorien, welche gar nicht logisch sind, deren Wesen vielmehr auf einer Abweichung von der Logik beruht. Ferner können solche Ausgleichungen vieles, aber nicht alles wieder gut machen. Mit Recht bemerkt Herbart (das. §. 61.): "Hat man vom phy- sischen Mechanismus und von der möglichen Verschiedenheit und Bewegung der Vorstellungsmassen auch nur den ersten Be- griff gefaßt: so weiß man, daß alle Sprachen der Welt, sammt allen ihren Conjunctionen und Hülfsmitteln jeder Art, immer nur einen unvollkommenen Ausdruck für die Structur der Vorstel- lungsmassen liefern können; .... indem selbst der Periodenbau mit aller seiner Mannigfaltigkeit noch lange nicht hinreicht, um das Innere völlig auszusprechen."
Noch einen argen Irrthum habe ich zu rügen. Gesetzt, die Sprache wäre nichts als das im Laute gewissermaßen gefrorene Denken: so wäre doch in der Sprache, da es unsere Sprache ist, auch unser Denken gegeben. Ist denn unser Denken lo- gisch? -- Psychologisch ist unser Denken. Das logische Den- ken ist unser Ideal, das wir nie erreichen. Das drückt Herbart am bestimmtesten aus, der die Logik eine Ethik des Denkens nennt; aber auch die metaphysische Logik unterscheidet das objective Denken vom psychologischen, und nur letzteres ist das gewöhnliche, übliche. Also kann auch die Sprache sich gar nicht an die Logik anschließen, sondern nur an die Psycho- logie.
Ferner aber könnte hier immer noch der Zweifel entste- hen, ob die Sprache die Richtung und Absicht hat, unser Denken darzustellen, ob sie nicht vielmehr die Realität wie- dergeben will. Die Sprache belebt alle Dinge und begabt sie mit einem Geschlecht. Hätte die Sprache ihre Aufmerksamkeit auf unsere Vorstellungen und Begriffe gerichtet, wie käme sie darauf? Die Vorstellung Mann ist nicht männlich, und die Vor- stellung Weib ist nicht weiblich, und beide sind so wenig ge- schlechtlich und eben so wenig oder eben so sehr lebendig, als die Vorstellung Stein. Nur wenn die Wirklichkeit sprachlich abgebildet werden sollte, konnten solche Unterschiede in die Sprache eintreten. -- Auch die sprachliche Copula, welche alle Sätze zu Existentialsätzen macht, beweist, daß die Sprache nicht unsere Denkthätigkeit, sondern die Wirklichkeit vor den Sinn des Hörenden stellen will. Humboldt bemerkt über die Copula (Einleitung in die Kawi-Sprache S. CCLXVI oder 251):
tegorien, welche gar nicht logisch sind, deren Wesen vielmehr auf einer Abweichung von der Logik beruht. Ferner können solche Ausgleichungen vieles, aber nicht alles wieder gut machen. Mit Recht bemerkt Herbart (das. §. 61.): „Hat man vom phy- sischen Mechanismus und von der möglichen Verschiedenheit und Bewegung der Vorstellungsmassen auch nur den ersten Be- griff gefaßt: so weiß man, daß alle Sprachen der Welt, sammt allen ihren Conjunctionen und Hülfsmitteln jeder Art, immer nur einen unvollkommenen Ausdruck für die Structur der Vorstel- lungsmassen liefern können; .... indem selbst der Periodenbau mit aller seiner Mannigfaltigkeit noch lange nicht hinreicht, um das Innere völlig auszusprechen.“
Noch einen argen Irrthum habe ich zu rügen. Gesetzt, die Sprache wäre nichts als das im Laute gewissermaßen gefrorene Denken: so wäre doch in der Sprache, da es unsere Sprache ist, auch unser Denken gegeben. Ist denn unser Denken lo- gisch? — Psychologisch ist unser Denken. Das logische Den- ken ist unser Ideal, das wir nie erreichen. Das drückt Herbart am bestimmtesten aus, der die Logik eine Ethik des Denkens nennt; aber auch die metaphysische Logik unterscheidet das objective Denken vom psychologischen, und nur letzteres ist das gewöhnliche, übliche. Also kann auch die Sprache sich gar nicht an die Logik anschließen, sondern nur an die Psycho- logie.
Ferner aber könnte hier immer noch der Zweifel entste- hen, ob die Sprache die Richtung und Absicht hat, unser Denken darzustellen, ob sie nicht vielmehr die Realität wie- dergeben will. Die Sprache belebt alle Dinge und begabt sie mit einem Geschlecht. Hätte die Sprache ihre Aufmerksamkeit auf unsere Vorstellungen und Begriffe gerichtet, wie käme sie darauf? Die Vorstellung Mann ist nicht männlich, und die Vor- stellung Weib ist nicht weiblich, und beide sind so wenig ge- schlechtlich und eben so wenig oder eben so sehr lebendig, als die Vorstellung Stein. Nur wenn die Wirklichkeit sprachlich abgebildet werden sollte, konnten solche Unterschiede in die Sprache eintreten. — Auch die sprachliche Copula, welche alle Sätze zu Existentialsätzen macht, beweist, daß die Sprache nicht unsere Denkthätigkeit, sondern die Wirklichkeit vor den Sinn des Hörenden stellen will. Humboldt bemerkt über die Copula (Einleitung in die Kawi-Sprache S. CCLXVI oder 251):
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tegorien, welche gar nicht logisch sind, deren Wesen vielmehr
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Mit Recht bemerkt Herbart (das. §. 61.): „Hat man vom phy-
sischen Mechanismus und von der möglichen Verschiedenheit
und Bewegung der Vorstellungsmassen auch nur den ersten Be-
griff gefaßt: so weiß man, daß alle Sprachen der Welt, sammt
allen ihren Conjunctionen und Hülfsmitteln jeder Art, immer nur
einen unvollkommenen Ausdruck für die Structur der Vorstel-
lungsmassen liefern können; .... indem selbst der Periodenbau
mit aller seiner Mannigfaltigkeit noch lange nicht hinreicht, um
das Innere völlig auszusprechen.“
Noch einen argen Irrthum habe ich zu rügen. Gesetzt, die
Sprache wäre nichts als das im Laute gewissermaßen gefrorene
Denken: so wäre doch in der Sprache, da es unsere Sprache
ist, auch unser Denken gegeben. Ist denn unser Denken lo-
gisch? — Psychologisch ist unser Denken. Das logische Den-
ken ist unser Ideal, das wir nie erreichen. Das drückt Herbart
am bestimmtesten aus, der die Logik eine Ethik des Denkens
nennt; aber auch die metaphysische Logik unterscheidet das
objective Denken vom psychologischen, und nur letzteres ist das
gewöhnliche, übliche. Also kann auch die Sprache sich gar
nicht an die Logik anschließen, sondern nur an die Psycho-
logie.
Ferner aber könnte hier immer noch der Zweifel entste-
hen, ob die Sprache die Richtung und Absicht hat, unser
Denken darzustellen, ob sie nicht vielmehr die Realität wie-
dergeben will. Die Sprache belebt alle Dinge und begabt sie
mit einem Geschlecht. Hätte die Sprache ihre Aufmerksamkeit
auf unsere Vorstellungen und Begriffe gerichtet, wie käme sie
darauf? Die Vorstellung Mann ist nicht männlich, und die Vor-
stellung Weib ist nicht weiblich, und beide sind so wenig ge-
schlechtlich und eben so wenig oder eben so sehr lebendig, als
die Vorstellung Stein. Nur wenn die Wirklichkeit sprachlich
abgebildet werden sollte, konnten solche Unterschiede in die
Sprache eintreten. — Auch die sprachliche Copula, welche alle
Sätze zu Existentialsätzen macht, beweist, daß die Sprache
nicht unsere Denkthätigkeit, sondern die Wirklichkeit vor den
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/255>, abgerufen am 23.11.2024.
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