Vorgang; so ist damit nicht, wie Becker wähnt, gesagt: der Mensch spricht, weil er denkt; sondern es ist bloß gesagt: er spricht, weil er spricht. Denn jenes weil des Satzes: weil er denkt, sollte eben erst erklärt werden; wie im obigen Beispiele die Ant- wort: der Mensch sieht, weil er Augen hat, nur sagen würde: er sieht, weil er sieht; denn jenes weil, d. h. die Beschaffen- heit des Auges und des Lichts, wonach das Auge nothwendig sehen muß, ist noch nicht dargelegt. -- Was würde man zu Trendelenburg gesagt haben, wenn er auf die Frage: wie ist Er- kenntniß des Seienden möglich? geantwortet hätte: Erkenntniß ist eine organisch nothwendige Verrichtung; und indem der Mensch erkennt, erkennt er das Seiende; und Erkenntniß ist gar nichts anderes, als Erkenntniß des Seienden? Wer so ge- antwortet hätte, würde der Spott aller Philosophen geworden sein! Beckers Organismus ist eine solche Antwort. Wir wollen sie noch ein wenig näher ansehen.
b) Verleiblichung des Gedankens.
Der Mangel an Dialektik, d. h. der Mangel an wissenschaft- lichem Ernst, an wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit, an stren- gem Denken, ist die tiefste Ursache von Beckers durchgängiger Tautologie. Becker spricht kaum einen ernsten, wirklichen Ge- danken aus; nichts als leeres Spielen mit Analogien. Wir ha- ben schon gesehen, wie die Entstehung der Sprache durch eine höchst lückenhafte Analogie erklärt werden sollte, ja wie das Princip selbst, der Organismus, nur eine Analogie ist, sowohl in seiner Anwendung auf die Sprache, als an sich selbst, wie wir sogleich noch ausführlicher zeigen werden.
Analogien werden nie gänzlich zu vermeiden sein; man kann sie mit Besonnenheit ohne Schaden, sogar mit großem Nutzen anwenden. Aber je größer die Gefahr, sich durch dieselben in Spielerei zu verlieren, um so größer muß der Ernst sein, mit dem sie verfolgt werden. Becker ist ein warnendes Beispiel da- von, wie man sich in ihnen vollständig verlieren und allen Halt und Gehalt einbüßen kann.
Ausgangspunkt aller Beckerschen Analogien ist die Erschei- nung eines Innern im Aeußern, Verleiblichung eines Geistigen. Diese Worte sind bei Becker, wie wir schon gelegentlich bemerkt haben, zu einer wahren Zauberformel geworden, durch die er mit einem Schlage alle Schwierigkeiten gelöst glaubt; ja, mit dieser
Vorgang; so ist damit nicht, wie Becker wähnt, gesagt: der Mensch spricht, weil er denkt; sondern es ist bloß gesagt: er spricht, weil er spricht. Denn jenes weil des Satzes: weil er denkt, sollte eben erst erklärt werden; wie im obigen Beispiele die Ant- wort: der Mensch sieht, weil er Augen hat, nur sagen würde: er sieht, weil er sieht; denn jenes weil, d. h. die Beschaffen- heit des Auges und des Lichts, wonach das Auge nothwendig sehen muß, ist noch nicht dargelegt. — Was würde man zu Trendelenburg gesagt haben, wenn er auf die Frage: wie ist Er- kenntniß des Seienden möglich? geantwortet hätte: Erkenntniß ist eine organisch nothwendige Verrichtung; und indem der Mensch erkennt, erkennt er das Seiende; und Erkenntniß ist gar nichts anderes, als Erkenntniß des Seienden? Wer so ge- antwortet hätte, würde der Spott aller Philosophen geworden sein! Beckers Organismus ist eine solche Antwort. Wir wollen sie noch ein wenig näher ansehen.
b) Verleiblichung des Gedankens.
Der Mangel an Dialektik, d. h. der Mangel an wissenschaft- lichem Ernst, an wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit, an stren- gem Denken, ist die tiefste Ursache von Beckers durchgängiger Tautologie. Becker spricht kaum einen ernsten, wirklichen Ge- danken aus; nichts als leeres Spielen mit Analogien. Wir ha- ben schon gesehen, wie die Entstehung der Sprache durch eine höchst lückenhafte Analogie erklärt werden sollte, ja wie das Princip selbst, der Organismus, nur eine Analogie ist, sowohl in seiner Anwendung auf die Sprache, als an sich selbst, wie wir sogleich noch ausführlicher zeigen werden.
Analogien werden nie gänzlich zu vermeiden sein; man kann sie mit Besonnenheit ohne Schaden, sogar mit großem Nutzen anwenden. Aber je größer die Gefahr, sich durch dieselben in Spielerei zu verlieren, um so größer muß der Ernst sein, mit dem sie verfolgt werden. Becker ist ein warnendes Beispiel da- von, wie man sich in ihnen vollständig verlieren und allen Halt und Gehalt einbüßen kann.
Ausgangspunkt aller Beckerschen Analogien ist die Erschei- nung eines Innern im Aeußern, Verleiblichung eines Geistigen. Diese Worte sind bei Becker, wie wir schon gelegentlich bemerkt haben, zu einer wahren Zauberformel geworden, durch die er mit einem Schlage alle Schwierigkeiten gelöst glaubt; ja, mit dieser
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Vorgang; so ist damit nicht, wie Becker wähnt, gesagt: der Mensch
spricht, weil er denkt; sondern es ist bloß gesagt: er spricht,
weil er spricht. Denn jenes weil des Satzes: weil er denkt,
sollte eben erst erklärt werden; wie im obigen Beispiele die Ant-
wort: der Mensch sieht, weil er Augen hat, nur sagen würde:
er sieht, weil er sieht; denn jenes weil, d. h. die Beschaffen-
heit des Auges und des Lichts, wonach das Auge nothwendig
sehen muß, ist noch nicht dargelegt. — Was würde man zu
Trendelenburg gesagt haben, wenn er auf die Frage: wie ist Er-
kenntniß des Seienden möglich? geantwortet hätte: Erkenntniß
ist eine organisch nothwendige Verrichtung; und indem der
Mensch erkennt, erkennt er das Seiende; und Erkenntniß ist
gar nichts anderes, als Erkenntniß des Seienden? Wer so ge-
antwortet hätte, würde der Spott aller Philosophen geworden
sein! Beckers Organismus ist eine solche Antwort. Wir wollen
sie noch ein wenig näher ansehen.
b) Verleiblichung des Gedankens.
Der Mangel an Dialektik, d. h. der Mangel an wissenschaft-
lichem Ernst, an wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit, an stren-
gem Denken, ist die tiefste Ursache von Beckers durchgängiger
Tautologie. Becker spricht kaum einen ernsten, wirklichen Ge-
danken aus; nichts als leeres Spielen mit Analogien. Wir ha-
ben schon gesehen, wie die Entstehung der Sprache durch eine
höchst lückenhafte Analogie erklärt werden sollte, ja wie das
Princip selbst, der Organismus, nur eine Analogie ist, sowohl in
seiner Anwendung auf die Sprache, als an sich selbst, wie wir
sogleich noch ausführlicher zeigen werden.
Analogien werden nie gänzlich zu vermeiden sein; man kann
sie mit Besonnenheit ohne Schaden, sogar mit großem Nutzen
anwenden. Aber je größer die Gefahr, sich durch dieselben in
Spielerei zu verlieren, um so größer muß der Ernst sein, mit
dem sie verfolgt werden. Becker ist ein warnendes Beispiel da-
von, wie man sich in ihnen vollständig verlieren und allen Halt
und Gehalt einbüßen kann.
Ausgangspunkt aller Beckerschen Analogien ist die Erschei-
nung eines Innern im Aeußern, Verleiblichung eines Geistigen.
Diese Worte sind bei Becker, wie wir schon gelegentlich bemerkt
haben, zu einer wahren Zauberformel geworden, durch die er mit
einem Schlage alle Schwierigkeiten gelöst glaubt; ja, mit dieser
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/109>, abgerufen am 21.11.2024.
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