und 10. Kuitihure, den Grossvater der Portugiesen! Die Portugiesen oder Brasilier sind jüngere Brüder der Paressi.
Weiter zeugten Darukavaitere und Uarahiulu Söhne und zwar gebar letztere Eisenwaaren und Beile, darauf Pferde, Rindvieh, Schweine: Alles kam aus dem Leib der Uarahiulu.
Uazale ist der "erste Paressi" -- "er war wie wir" -- er wurde an einem Fluss im Norden geboren und ging später in den Himmel. Sein Sohn Kamo- dure, auf den Joao Battista sich zurückführt, hatte sein Haus auf einem Berg, als eine grosse Ueberschwemmung stattfand; er hat zuerst Mais gepflanzt (vgl. weiter unten dessen Ursprung).
Anfangs assen die Leute Jatobafrüchte, Buritinüsse, faules Holz und Erde. Einmal hatte sich Uazale als kleiner Junge im Walde verloren; er pfiff und pfiff, die Mutter hörte ihn nicht. Er lief tiefer in den Wald hinein und fand die wilde Mandioka. Er zog die Wurzel aus dem Boden, ass davon und brachte den Eltern Zweige mit. Es ist nicht uninteressant, dass ein Stamm aus der Aruakgruppe, die den meisten Anspruch von den lebenden Stammesgruppen auf die erste Kultur der Mandioka erheben dürfte, die Mandioka einfach im Walde finden und sie weder aus einem Grab hervorblühen, wie die Tupi, noch wie die Bakairi von einem Fluss bei dem Bagadufisch holen lässt.
Uazale pflanzte Haar von seinem Kopf und es wuchs Baumwolle, er be- grub (ich bin nicht sicher, ob das nicht ein Missverständnis ist) ein kleines Kind und es wuchs Tabak. Auch der Mais ist damals entstanden. Uazale war sehr erzürnt über seine beiden Kinder Kolabirune und Haralö, Bruder und Schwester, die in derselben Hängematte gelegen hatten, und tötete sie beinahe. Sie ent- flohen in den Wald und mit ihnen aus Angst auch noch zwei andere Söhne, Alahure und Manie. Sie machten Feuer und der Wald geriet in Brand. Drei von den Vieren verbrannten, nur Alahure blieb am Leben. Aus jenen aber wuchsen Pflanzen hervor: aus den Geschlechtsteilen von den beiden Männern entstand der schwarze (aus Kolabirune) und der gelbe oder rote (aus Manie) Mais- kolben, aus Haralo's, der Frau, Geschlechtsteilen entstand die kumata-Bohne (fava), aus ihren Rippenknochen die kumatahiro-Bohne (feijao), aus dem Nabel die Batate, aus dem After die Mandubi-Erdnuss. Man sieht, dass die Aehnlichkeiten zwischen Körperteil und Frucht für die Auswahl entscheidend sind. Alahure, der am Leben blieb, hat zuerst Mais gegessen.
Uazale hat auch die Frauen Töpfe machen gelehrt.
Ich wollte nun auch von den Paressi wissen, wie die Bakairi entstanden seien, denen sie keineswegs hold gesinnt waren. Die Bakairi hätten noch vor einigen Jahren auf dem Wege nach Diamantino die Paressi überfallen, um ihnen Frauen wegzunehmen, und viele getötet. Der Bruder des Manoel Brito sei damals um's Leben gekommen, und so ging in der That Manoel "Bito" zum Präsidenten, Herrn Mello Rego, um wider unsern Antonio, der zur Zeit der Begebenheit un- gefähr 4 Jahre zählte, Klage zu führen. -- Uazale hatte einen Bruder Kamazu,
und 10. Kuitihuré, den Grossvater der Portugiesen! Die Portugiesen oder Brasilier sind jüngere Brüder der Paressí.
Weiter zeugten Darúkavaiteré und Uarahiulú Söhne und zwar gebar letztere Eisenwaaren und Beile, darauf Pferde, Rindvieh, Schweine: Alles kam aus dem Leib der Uarahiulú.
Uazale ist der »erste Paressí« — »er war wie wir« — er wurde an einem Fluss im Norden geboren und ging später in den Himmel. Sein Sohn Kamo- duré, auf den João Battista sich zurückführt, hatte sein Haus auf einem Berg, als eine grosse Ueberschwemmung stattfand; er hat zuerst Mais gepflanzt (vgl. weiter unten dessen Ursprung).
Anfangs assen die Leute Jatobáfrüchte, Buritínüsse, faules Holz und Erde. Einmal hatte sich Uazale als kleiner Junge im Walde verloren; er pfiff und pfiff, die Mutter hörte ihn nicht. Er lief tiefer in den Wald hinein und fand die wilde Mandioka. Er zog die Wurzel aus dem Boden, ass davon und brachte den Eltern Zweige mit. Es ist nicht uninteressant, dass ein Stamm aus der Aruakgruppe, die den meisten Anspruch von den lebenden Stammesgruppen auf die erste Kultur der Mandioka erheben dürfte, die Mandioka einfach im Walde finden und sie weder aus einem Grab hervorblühen, wie die Tupí, noch wie die Bakaïrí von einem Fluss bei dem Bagadufisch holen lässt.
Uazale pflanzte Haar von seinem Kopf und es wuchs Baumwolle, er be- grub (ich bin nicht sicher, ob das nicht ein Missverständnis ist) ein kleines Kind und es wuchs Tabak. Auch der Mais ist damals entstanden. Uazale war sehr erzürnt über seine beiden Kinder Kolabiruné und Haralö́, Bruder und Schwester, die in derselben Hängematte gelegen hatten, und tötete sie beinahe. Sie ent- flohen in den Wald und mit ihnen aus Angst auch noch zwei andere Söhne, Alahuré und Manié. Sie machten Feuer und der Wald geriet in Brand. Drei von den Vieren verbrannten, nur Alahuré blieb am Leben. Aus jenen aber wuchsen Pflanzen hervor: aus den Geschlechtsteilen von den beiden Männern entstand der schwarze (aus Kolabiruné) und der gelbe oder rote (aus Manié) Mais- kolben, aus Haralo’s, der Frau, Geschlechtsteilen entstand die kumatá-Bohne (fava), aus ihren Rippenknochen die kumatahiró-Bohne (feijão), aus dem Nabel die Batate, aus dem After die Mandubí-Erdnuss. Man sieht, dass die Aehnlichkeiten zwischen Körperteil und Frucht für die Auswahl entscheidend sind. Alahuré, der am Leben blieb, hat zuerst Mais gegessen.
Uazale hat auch die Frauen Töpfe machen gelehrt.
Ich wollte nun auch von den Paressí wissen, wie die Bakaïri entstanden seien, denen sie keineswegs hold gesinnt waren. Die Bakaïrí hätten noch vor einigen Jahren auf dem Wege nach Diamantino die Paressí überfallen, um ihnen Frauen wegzunehmen, und viele getötet. Der Bruder des Manoel Brito sei damals um’s Leben gekommen, und so ging in der That Manoel »Bito« zum Präsidenten, Herrn Mello Rego, um wider unsern Antonio, der zur Zeit der Begebenheit un- gefähr 4 Jahre zählte, Klage zu führen. — Uazale hatte einen Bruder Kamázu,
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[438/0502]
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Brasilier sind jüngere Brüder der Paressí.
Weiter zeugten Darúkavaiteré und Uarahiulú Söhne und zwar gebar letztere
Eisenwaaren und Beile, darauf Pferde, Rindvieh, Schweine: Alles kam
aus dem Leib der Uarahiulú.
Uazale ist der »erste Paressí« — »er war wie wir« — er wurde an einem
Fluss im Norden geboren und ging später in den Himmel. Sein Sohn Kamo-
duré, auf den João Battista sich zurückführt, hatte sein Haus auf einem Berg, als
eine grosse Ueberschwemmung stattfand; er hat zuerst Mais gepflanzt (vgl.
weiter unten dessen Ursprung).
Anfangs assen die Leute Jatobáfrüchte, Buritínüsse, faules Holz und Erde.
Einmal hatte sich Uazale als kleiner Junge im Walde verloren; er pfiff und pfiff,
die Mutter hörte ihn nicht. Er lief tiefer in den Wald hinein und fand die
wilde Mandioka. Er zog die Wurzel aus dem Boden, ass davon und brachte
den Eltern Zweige mit. Es ist nicht uninteressant, dass ein Stamm aus der
Aruakgruppe, die den meisten Anspruch von den lebenden Stammesgruppen auf
die erste Kultur der Mandioka erheben dürfte, die Mandioka einfach im Walde
finden und sie weder aus einem Grab hervorblühen, wie die Tupí, noch wie die
Bakaïrí von einem Fluss bei dem Bagadufisch holen lässt.
Uazale pflanzte Haar von seinem Kopf und es wuchs Baumwolle, er be-
grub (ich bin nicht sicher, ob das nicht ein Missverständnis ist) ein kleines Kind
und es wuchs Tabak. Auch der Mais ist damals entstanden. Uazale war sehr
erzürnt über seine beiden Kinder Kolabiruné und Haralö́, Bruder und Schwester,
die in derselben Hängematte gelegen hatten, und tötete sie beinahe. Sie ent-
flohen in den Wald und mit ihnen aus Angst auch noch zwei andere Söhne,
Alahuré und Manié. Sie machten Feuer und der Wald geriet in Brand. Drei
von den Vieren verbrannten, nur Alahuré blieb am Leben. Aus jenen aber
wuchsen Pflanzen hervor: aus den Geschlechtsteilen von den beiden Männern
entstand der schwarze (aus Kolabiruné) und der gelbe oder rote (aus Manié) Mais-
kolben, aus Haralo’s, der Frau, Geschlechtsteilen entstand die kumatá-Bohne (fava),
aus ihren Rippenknochen die kumatahiró-Bohne (feijão), aus dem Nabel die Batate,
aus dem After die Mandubí-Erdnuss. Man sieht, dass die Aehnlichkeiten zwischen
Körperteil und Frucht für die Auswahl entscheidend sind. Alahuré, der am Leben
blieb, hat zuerst Mais gegessen.
Uazale hat auch die Frauen Töpfe machen gelehrt.
Ich wollte nun auch von den Paressí wissen, wie die Bakaïri entstanden
seien, denen sie keineswegs hold gesinnt waren. Die Bakaïrí hätten noch vor
einigen Jahren auf dem Wege nach Diamantino die Paressí überfallen, um ihnen
Frauen wegzunehmen, und viele getötet. Der Bruder des Manoel Brito sei damals
um’s Leben gekommen, und so ging in der That Manoel »Bito« zum Präsidenten,
Herrn Mello Rego, um wider unsern Antonio, der zur Zeit der Begebenheit un-
gefähr 4 Jahre zählte, Klage zu führen. — Uazale hatte einen Bruder Kamázu,
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/502>, abgerufen am 22.11.2024.
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