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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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Der hässliche Strauss. Der südamerikanische Strauss oder Nandu (Rhea)
der Zoologen wird in Brasilien Ema genannt, und ein anderer Vogel, die
Seriema, Sariema der Brasilier, gilt, weil sie ebenfalls den Kamp in schnellem
Lauf durcheilt, als sein Verwandter, obwohl die Zoologen sie als Dicholophus
cristatus
der Ordnung der Kranichvögel unter dem Familiennamen Schlangen-
störche zurechnen. Vgl. die Abbildung Brehm, Vögel II, S. 686. Hier findet
sich auch ein Zitat von Burmeister, dass die Seriema "schneller dahinrenne,
als ein Pferd zu traben vermöge, und nur im Galopp eingeholt werden könne."

Keri lief mit der Seriema um die Wette. Die Seriema hielt ein Augen-
blickchen an. Keri eilte an ihr vorüber und die Seriema blieb zurück. Darauf
forderte er den Strauss heraus. Sie liefen und Keri blieb zurück, der Strauss
eilte weiter. Keri war sehr erzürnt über den Strauss. Er holte sich Blätter von
der Uakuma-Palme, er griff den Strauss und züchtigte ihn. Da verlor der Strauss
seine schönen Federn; heute hat er nur kleine hässliche Federn.

Keri und der Kampfuchs auf der Jagd. Keri begegnete dem "Gross-
papa" Kampfuchs und vereinigte sich mit ihm zur Jagd, indem der Kampfuchs
als Herr des Feuers das Massegagras im Kreis anzündete. Was von Getier ein-
geschlossen war, sollte verbrennen. Nun war der dumme Kame gerade in eine
Maus gegangen. "Keri wusste Nichts davon; er dachte, Kame sei draussen."
Das Feuer hörte auf und die Beiden streiften umher, ob sie Beute fänden. Keri
fand keinen Braten. Der Fuchs fand eine verbrannte Maus und ass sie auf.
Dann trafen sich die Beiden wieder. "Grosspapa, was für Braten hast Du ge-
gessen?" ""Nur eine Maus habe ich gegessen."" Da merkt Keri, dass der
Kampfuchs den Bruder verschluckt hat und ersinnt ein merkwürdiges Mittel, ihn,
ohne den Kampfuchs töten und aufschneiden zu müssen, zurück zu erhalten.
"Lass uns rennen, Grosspapa," sagte Keri. ""Jawohl, mein Enkelkind."" Sie
rannten eine lange Strecke. Sie standen still. Als der Fuchs stillstand, erbrach
er. Nachdem er erbrochen, lief er eiligst davon. Keri ging dorthin, wo der
Fuchs erbrochen hatte. Er sah die Mäuseknochen und sammelte sie. Nachdem
er sie gesammelt, blies er. Nachdem er geblasen, erhob sich Kame. "Ich habe
gut geschlafen," sagte er. ""Du hast ganz und gar nicht geschlafen! Der Kamp-
fuchs hatte Dich gegessen.""

Der Jaguar und der Ameisenbär. Diese merkwürdige Geschichte hat
mit Keri und Kame nichts mehr zu thun. Doch behandelt sie denselben Gegensatz
des Klugen und Dummen. Der Dumme ist der starke Jaguar, der Kluge der
jenem an Körperkraft und Gewandtheit nicht ebenbürtige grosse Ameisenbär,
Tamandua bandeira (gestreifter) der Brasilier und Myrmecophaga jubata der
Zoologen. Das Verhältnis der beiden Tiere interessiert die brasilischen Jäger in
hohem Grade; sie behaupten, der Ameisenbär nehme es zwar nicht draussen im
Kamp, aber wohl im Wald, mit dem Jaguar sehr gut auf, indem er sich nach
Art unserer Bären aufrichte und den Jaguar umarme. Zuweilen soll dieser Kampf
Beiden das Leben kosten.


Der hässliche Strauss. Der südamerikanische Strauss oder Nandú (Rhea)
der Zoologen wird in Brasilien Ema genannt, und ein anderer Vogel, die
Seriema, Sariema der Brasilier, gilt, weil sie ebenfalls den Kamp in schnellem
Lauf durcheilt, als sein Verwandter, obwohl die Zoologen sie als Dicholophus
cristatus
der Ordnung der Kranichvögel unter dem Familiennamen Schlangen-
störche zurechnen. Vgl. die Abbildung Brehm, Vögel II, S. 686. Hier findet
sich auch ein Zitat von Burmeister, dass die Seriema »schneller dahinrenne,
als ein Pferd zu traben vermöge, und nur im Galopp eingeholt werden könne.«

Keri lief mit der Seriema um die Wette. Die Seriema hielt ein Augen-
blickchen an. Keri eilte an ihr vorüber und die Seriema blieb zurück. Darauf
forderte er den Strauss heraus. Sie liefen und Keri blieb zurück, der Strauss
eilte weiter. Keri war sehr erzürnt über den Strauss. Er holte sich Blätter von
der Uakumá-Palme, er griff den Strauss und züchtigte ihn. Da verlor der Strauss
seine schönen Federn; heute hat er nur kleine hässliche Federn.

Keri und der Kampfuchs auf der Jagd. Keri begegnete dem »Gross-
papa« Kampfuchs und vereinigte sich mit ihm zur Jagd, indem der Kampfuchs
als Herr des Feuers das Massegagras im Kreis anzündete. Was von Getier ein-
geschlossen war, sollte verbrennen. Nun war der dumme Kame gerade in eine
Maus gegangen. »Keri wusste Nichts davon; er dachte, Kame sei draussen
Das Feuer hörte auf und die Beiden streiften umher, ob sie Beute fänden. Keri
fand keinen Braten. Der Fuchs fand eine verbrannte Maus und ass sie auf.
Dann trafen sich die Beiden wieder. »Grosspapa, was für Braten hast Du ge-
gessen?« »»Nur eine Maus habe ich gegessen.«« Da merkt Keri, dass der
Kampfuchs den Bruder verschluckt hat und ersinnt ein merkwürdiges Mittel, ihn,
ohne den Kampfuchs töten und aufschneiden zu müssen, zurück zu erhalten.
»Lass uns rennen, Grosspapa,« sagte Keri. »»Jawohl, mein Enkelkind.«« Sie
rannten eine lange Strecke. Sie standen still. Als der Fuchs stillstand, erbrach
er. Nachdem er erbrochen, lief er eiligst davon. Keri ging dorthin, wo der
Fuchs erbrochen hatte. Er sah die Mäuseknochen und sammelte sie. Nachdem
er sie gesammelt, blies er. Nachdem er geblasen, erhob sich Kame. »Ich habe
gut geschlafen,« sagte er. »»Du hast ganz und gar nicht geschlafen! Der Kamp-
fuchs hatte Dich gegessen.««

Der Jaguar und der Ameisenbär. Diese merkwürdige Geschichte hat
mit Keri und Kame nichts mehr zu thun. Doch behandelt sie denselben Gegensatz
des Klugen und Dummen. Der Dumme ist der starke Jaguar, der Kluge der
jenem an Körperkraft und Gewandtheit nicht ebenbürtige grosse Ameisenbär,
Tamanduá bandeira (gestreifter) der Brasilier und Myrmecophaga jubata der
Zoologen. Das Verhältnis der beiden Tiere interessiert die brasilischen Jäger in
hohem Grade; sie behaupten, der Ameisenbär nehme es zwar nicht draussen im
Kamp, aber wohl im Wald, mit dem Jaguar sehr gut auf, indem er sich nach
Art unserer Bären aufrichte und den Jaguar umarme. Zuweilen soll dieser Kampf
Beiden das Leben kosten.


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[383/0447] Der hässliche Strauss. Der südamerikanische Strauss oder Nandú (Rhea) der Zoologen wird in Brasilien Ema genannt, und ein anderer Vogel, die Seriema, Sariema der Brasilier, gilt, weil sie ebenfalls den Kamp in schnellem Lauf durcheilt, als sein Verwandter, obwohl die Zoologen sie als Dicholophus cristatus der Ordnung der Kranichvögel unter dem Familiennamen Schlangen- störche zurechnen. Vgl. die Abbildung Brehm, Vögel II, S. 686. Hier findet sich auch ein Zitat von Burmeister, dass die Seriema »schneller dahinrenne, als ein Pferd zu traben vermöge, und nur im Galopp eingeholt werden könne.« Keri lief mit der Seriema um die Wette. Die Seriema hielt ein Augen- blickchen an. Keri eilte an ihr vorüber und die Seriema blieb zurück. Darauf forderte er den Strauss heraus. Sie liefen und Keri blieb zurück, der Strauss eilte weiter. Keri war sehr erzürnt über den Strauss. Er holte sich Blätter von der Uakumá-Palme, er griff den Strauss und züchtigte ihn. Da verlor der Strauss seine schönen Federn; heute hat er nur kleine hässliche Federn. Keri und der Kampfuchs auf der Jagd. Keri begegnete dem »Gross- papa« Kampfuchs und vereinigte sich mit ihm zur Jagd, indem der Kampfuchs als Herr des Feuers das Massegagras im Kreis anzündete. Was von Getier ein- geschlossen war, sollte verbrennen. Nun war der dumme Kame gerade in eine Maus gegangen. »Keri wusste Nichts davon; er dachte, Kame sei draussen.« Das Feuer hörte auf und die Beiden streiften umher, ob sie Beute fänden. Keri fand keinen Braten. Der Fuchs fand eine verbrannte Maus und ass sie auf. Dann trafen sich die Beiden wieder. »Grosspapa, was für Braten hast Du ge- gessen?« »»Nur eine Maus habe ich gegessen.«« Da merkt Keri, dass der Kampfuchs den Bruder verschluckt hat und ersinnt ein merkwürdiges Mittel, ihn, ohne den Kampfuchs töten und aufschneiden zu müssen, zurück zu erhalten. »Lass uns rennen, Grosspapa,« sagte Keri. »»Jawohl, mein Enkelkind.«« Sie rannten eine lange Strecke. Sie standen still. Als der Fuchs stillstand, erbrach er. Nachdem er erbrochen, lief er eiligst davon. Keri ging dorthin, wo der Fuchs erbrochen hatte. Er sah die Mäuseknochen und sammelte sie. Nachdem er sie gesammelt, blies er. Nachdem er geblasen, erhob sich Kame. »Ich habe gut geschlafen,« sagte er. »»Du hast ganz und gar nicht geschlafen! Der Kamp- fuchs hatte Dich gegessen.«« Der Jaguar und der Ameisenbär. Diese merkwürdige Geschichte hat mit Keri und Kame nichts mehr zu thun. Doch behandelt sie denselben Gegensatz des Klugen und Dummen. Der Dumme ist der starke Jaguar, der Kluge der jenem an Körperkraft und Gewandtheit nicht ebenbürtige grosse Ameisenbär, Tamanduá bandeira (gestreifter) der Brasilier und Myrmecophaga jubata der Zoologen. Das Verhältnis der beiden Tiere interessiert die brasilischen Jäger in hohem Grade; sie behaupten, der Ameisenbär nehme es zwar nicht draussen im Kamp, aber wohl im Wald, mit dem Jaguar sehr gut auf, indem er sich nach Art unserer Bären aufrichte und den Jaguar umarme. Zuweilen soll dieser Kampf Beiden das Leben kosten.

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/447>, abgerufen am 25.11.2024.