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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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von Fremden, nicht zum wenigsten Krankheit und Tod, die von Zauberern
draussen geschickt werden.

Wie wichtig gute Beziehungen zu den Nachbarstämmen sein müssen, erhellt
aus der, man kann fast sagen, Notwendigkeit des Tauschverkehrs. Der eine
Stamm ist zoto, Herr dieses, der andere jenes Artikels. Das Wichtigste darüber
habe ich auf den Seiten 203, 210, 215 ausführlich mitgeteilt. Die Bakairi hatten
als Spezialität die Halsketten mit weissen rechteckigen Muschelstücken, Muschel-
perlen, Uruku, Baumwollfaden und Hängematten, die Nahuqua Kürbisse, sowie
Ketten mit roten Muschelstücken und Tukumperlen, die Mehinaku und Verwandte
Töpfe und feinen Baumwollfaden, die Trumai und Suya Steinbeile und Tabak, die
Trumai und vielleicht auch die Yaulapiti Ketten mit durchbohrten Steinen. Auch
war das aus Bambusasche bereitete Salz der Trumai bei andern Stämmen beliebt.
Dies waren Alles Handelsartikel. Sie machten zum Teil den weiten Weg
von den Bakairi bis zu den Suya, von Stamm zu Stamm wandernd. Die Suya
verkehrten mit den Kamayura, diese mit den Töpferstämmen, von den letzteren
standen die Mehinaku im engsten Verkehr mit den Nahuqua, und die Kustenau
mit den Bakairi des Batovy. Die obersten Bakairi des Kulisehu erhielten ihre
Suya-Steinbeile und Kustenau-Töpfe von ihren Batovy Verwandten und die Bakairi
des dritten Kulisehu-Dorfes von den Nahuqua, mit denen sie enge Beziehungen
unterhielten. Als wir 1884 den Bakairi am Batovy von unsern Karaibensachen
gegeben hatten, benutzte der Häuptling des ersten Dorfes die günstige Konjunktur
und trat einc Geschäftsreise in das untere Gebiet des Kulisehu an; so kamen
gelegentlich auch nicht benachbarte Stämme in Handelsverkehr. Die von den
Suya für Steinbeile eingetauschten Artikel sind Hängematten, Muschelketten,
Ararafedern und Töpfe.

War ein alter und notwendiger Tauschhandel vorhanden, so fehlte doch,
jedenfalls bis zu einem gewissen Grade, der Begriff des Wertes. Der An-
kommende brachte dies oder jenes mit und lieferte es ab, wenn er zum Empfang
bewirtet wurde. In kleinerer Menge beim Empfang, in grösserer beim Abschied
erhielt er die gewünschte Gegengabe. Wir haben bei dem Abschied in Maigeri
das typische Beispiel erlebt, vgl. Seite 132, wir wurden hingesetzt und erhielten
dann einen Korb Mehl. So übersetzen die zahmen Bakairi das portugiesische
comprar "kaufen" mit yekadile sich setzen. Der Handel ist also noch ein Aus-
tausch von Gastgeschenken
. Allein dies ist nur in der Kulturstufe, nicht in
dem edelmütigen Charakter begründet. Der Indianer ist keineswegs gastfreund-
lich in dem Sinn, dass er sich durch den Besuch riesig geehrt und schlechthin
verpflichtet fühlte, mit Beijus und Getränken verschwenderisch zu bewirten. Er
möchte schon für diese Leistung eine Gegenleistung haben, er wird bald unge-
duldig, wenn der Gast nur bleibt, um billig zu leben, und bittet ihn offenherzig,
das Dorf zu verlassen. Schon in der Bakairilegende wird gleichzeitig mit der
Erfindung des Tanzes berichtet, dass die Eingeladenen und Bewirteten Pfeile und
Bindfaden geschenkt hätten. Unsere Reisegefährten boten uns unterwegs Fisch sicher

von Fremden, nicht zum wenigsten Krankheit und Tod, die von Zauberern
draussen geschickt werden.

Wie wichtig gute Beziehungen zu den Nachbarstämmen sein müssen, erhellt
aus der, man kann fast sagen, Notwendigkeit des Tauschverkehrs. Der eine
Stamm ist zóto, Herr dieses, der andere jenes Artikels. Das Wichtigste darüber
habe ich auf den Seiten 203, 210, 215 ausführlich mitgeteilt. Die Bakaïrí hatten
als Spezialität die Halsketten mit weissen rechteckigen Muschelstücken, Muschel-
perlen, Urukú, Baumwollfaden und Hängematten, die Nahuquá Kürbisse, sowie
Ketten mit roten Muschelstücken und Tukumperlen, die Mehinakú und Verwandte
Töpfe und feinen Baumwollfaden, die Trumaí und Suyá Steinbeile und Tabak, die
Trumaí und vielleicht auch die Yaulapiti Ketten mit durchbohrten Steinen. Auch
war das aus Bambusasche bereitete Salz der Trumaí bei andern Stämmen beliebt.
Dies waren Alles Handelsartikel. Sie machten zum Teil den weiten Weg
von den Bakaïrí bis zu den Suyá, von Stamm zu Stamm wandernd. Die Suyá
verkehrten mit den Kamayurá, diese mit den Töpferstämmen, von den letzteren
standen die Mehinakú im engsten Verkehr mit den Nahuquá, und die Kustenaú
mit den Bakaïrí des Batovy. Die obersten Bakaïrí des Kulisehu erhielten ihre
Suyá-Steinbeile und Kustenaú-Töpfe von ihren Batovy Verwandten und die Bakaïrí
des dritten Kulisehu-Dorfes von den Nahuquá, mit denen sie enge Beziehungen
unterhielten. Als wir 1884 den Bakaïrí am Batovy von unsern Karaibensachen
gegeben hatten, benutzte der Häuptling des ersten Dorfes die günstige Konjunktur
und trat einc Geschäftsreise in das untere Gebiet des Kulisehu an; so kamen
gelegentlich auch nicht benachbarte Stämme in Handelsverkehr. Die von den
Suyá für Steinbeile eingetauschten Artikel sind Hängematten, Muschelketten,
Ararafedern und Töpfe.

War ein alter und notwendiger Tauschhandel vorhanden, so fehlte doch,
jedenfalls bis zu einem gewissen Grade, der Begriff des Wertes. Der An-
kommende brachte dies oder jenes mit und lieferte es ab, wenn er zum Empfang
bewirtet wurde. In kleinerer Menge beim Empfang, in grösserer beim Abschied
erhielt er die gewünschte Gegengabe. Wir haben bei dem Abschied in Maigéri
das typische Beispiel erlebt, vgl. Seite 132, wir wurden hingesetzt und erhielten
dann einen Korb Mehl. So übersetzen die zahmen Bakaïrí das portugiesische
comprar »kaufen« mit yekadile sich setzen. Der Handel ist also noch ein Aus-
tausch von Gastgeschenken
. Allein dies ist nur in der Kulturstufe, nicht in
dem edelmütigen Charakter begründet. Der Indianer ist keineswegs gastfreund-
lich in dem Sinn, dass er sich durch den Besuch riesig geehrt und schlechthin
verpflichtet fühlte, mit Beijús und Getränken verschwenderisch zu bewirten. Er
möchte schon für diese Leistung eine Gegenleistung haben, er wird bald unge-
duldig, wenn der Gast nur bleibt, um billig zu leben, und bittet ihn offenherzig,
das Dorf zu verlassen. Schon in der Bakaïrílegende wird gleichzeitig mit der
Erfindung des Tanzes berichtet, dass die Eingeladenen und Bewirteten Pfeile und
Bindfaden geschenkt hätten. Unsere Reisegefährten boten uns unterwegs Fisch sicher

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[333/0397] von Fremden, nicht zum wenigsten Krankheit und Tod, die von Zauberern draussen geschickt werden. Wie wichtig gute Beziehungen zu den Nachbarstämmen sein müssen, erhellt aus der, man kann fast sagen, Notwendigkeit des Tauschverkehrs. Der eine Stamm ist zóto, Herr dieses, der andere jenes Artikels. Das Wichtigste darüber habe ich auf den Seiten 203, 210, 215 ausführlich mitgeteilt. Die Bakaïrí hatten als Spezialität die Halsketten mit weissen rechteckigen Muschelstücken, Muschel- perlen, Urukú, Baumwollfaden und Hängematten, die Nahuquá Kürbisse, sowie Ketten mit roten Muschelstücken und Tukumperlen, die Mehinakú und Verwandte Töpfe und feinen Baumwollfaden, die Trumaí und Suyá Steinbeile und Tabak, die Trumaí und vielleicht auch die Yaulapiti Ketten mit durchbohrten Steinen. Auch war das aus Bambusasche bereitete Salz der Trumaí bei andern Stämmen beliebt. Dies waren Alles Handelsartikel. Sie machten zum Teil den weiten Weg von den Bakaïrí bis zu den Suyá, von Stamm zu Stamm wandernd. Die Suyá verkehrten mit den Kamayurá, diese mit den Töpferstämmen, von den letzteren standen die Mehinakú im engsten Verkehr mit den Nahuquá, und die Kustenaú mit den Bakaïrí des Batovy. Die obersten Bakaïrí des Kulisehu erhielten ihre Suyá-Steinbeile und Kustenaú-Töpfe von ihren Batovy Verwandten und die Bakaïrí des dritten Kulisehu-Dorfes von den Nahuquá, mit denen sie enge Beziehungen unterhielten. Als wir 1884 den Bakaïrí am Batovy von unsern Karaibensachen gegeben hatten, benutzte der Häuptling des ersten Dorfes die günstige Konjunktur und trat einc Geschäftsreise in das untere Gebiet des Kulisehu an; so kamen gelegentlich auch nicht benachbarte Stämme in Handelsverkehr. Die von den Suyá für Steinbeile eingetauschten Artikel sind Hängematten, Muschelketten, Ararafedern und Töpfe. War ein alter und notwendiger Tauschhandel vorhanden, so fehlte doch, jedenfalls bis zu einem gewissen Grade, der Begriff des Wertes. Der An- kommende brachte dies oder jenes mit und lieferte es ab, wenn er zum Empfang bewirtet wurde. In kleinerer Menge beim Empfang, in grösserer beim Abschied erhielt er die gewünschte Gegengabe. Wir haben bei dem Abschied in Maigéri das typische Beispiel erlebt, vgl. Seite 132, wir wurden hingesetzt und erhielten dann einen Korb Mehl. So übersetzen die zahmen Bakaïrí das portugiesische comprar »kaufen« mit yekadile sich setzen. Der Handel ist also noch ein Aus- tausch von Gastgeschenken. Allein dies ist nur in der Kulturstufe, nicht in dem edelmütigen Charakter begründet. Der Indianer ist keineswegs gastfreund- lich in dem Sinn, dass er sich durch den Besuch riesig geehrt und schlechthin verpflichtet fühlte, mit Beijús und Getränken verschwenderisch zu bewirten. Er möchte schon für diese Leistung eine Gegenleistung haben, er wird bald unge- duldig, wenn der Gast nur bleibt, um billig zu leben, und bittet ihn offenherzig, das Dorf zu verlassen. Schon in der Bakaïrílegende wird gleichzeitig mit der Erfindung des Tanzes berichtet, dass die Eingeladenen und Bewirteten Pfeile und Bindfaden geschenkt hätten. Unsere Reisegefährten boten uns unterwegs Fisch sicher

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/397>, abgerufen am 22.11.2024.