Wenn man sich jedoch erinnert, wie die Nahuqua bei ihrem Eremo-Tanz den Kopf mit einem Fischnetz verhüllten, und in ihrer Pantomime das Zu- sammentreiben der Fische durch eine Gesellschaft darstellten, wird man auch den Gedanken nicht von der Hand weisen, dass die ovale Gewebmaske mit dem in gleicher Form in einen Reifen gespannten Fischnetz mehr als die äussere Aehnlichkeit gemein hat. Wofern der Indianer von der Form des Gesichtes aus- gehend auf den Maskenreifen verfallen wäre, so hätte er das ganze Feld auch für das Gesicht benutzt, während dieses jetzt nur einen Teil des Raumes ein- nimmt und mit geringerer Sorgfalt behandelt ist als die Bemalung. Das Fisch- makanari der Bakairi ist nichts als ein engmaschiges und dadurch zur Aufnahme des Lehms geeignetes Netz. Die daran sitzende Netzkapuze könnte heute um des Federschmucks willen da sein, da die Federn in die Maschen eingebunden werden müssen, allein darum ist es doch ebenso gut möglich, dass das Netz älter ist als die Federn, die sonst an den Kapuzen fehlen. Vielleicht ist also unsere älteste ovale Geflechtmaske nur das in den Strohanzug ein- gefügte und dekorativ gestaltete Fischnetz. Dann ist es weit leichter zu ver- stehen, dass die Charakterisierung der Tiere so wenig ausgesprochen ist; das Netz wurde verziert und auch charakteristisch verziert, aber es war nicht um einer anatomischen Nachbildung willen in das Kostüm aufgenommen.
Auch erhalten wir damit eine Erklärung des Mereschu-Musters. Das Masken-Fischnetz wurde enger geflochten, weil es besser verhüllte, und liess sich nun bemalen. Aber man malte das alte weitmaschige Netz auf und setzte die Fischchen hinein. Es giebt einen Punkt, der mir zu beweisen scheint, dass ich Recht habe, der, an und für sich sehr seltsam, dann höchst einfach erklärt würde. Der Indianer malt das Mereschu-Muster immer, worauf mich mein Vetter Wilhelm aufmerksam gemacht hat, stehend, das heisst die grössere Diagonale der Raute aufrecht, die kleinere querliegend. Den runden Spinnwirteln ist dieser Umstand nicht mehr anzusehen, wenn sie fertig sind, aber wir haben beim Ritzen zusehend beobachtet, dass die Figur stehend gemacht wurde, und genau dasselbe geschah bei den Bleistiftzeichnungen. Ich habe deshalb die Figur Seite 261, Abb. 43, nicht, wie es uns wohl näher gelegen hätte, horizontal geben dürfen, habe deshalb auch alle Spinnwirtel auf senkrechte Mereschus eingerichtet und endlich, allerdings mehr des Scherzes halber, auch den Original-Mereschu, Seite 260, auf den Schwanz gestellt.
Wie kommt der Künstler zu dieser Sonderbarkeit? Auf dem Fries, vgl. Tafel 21, sind die Fische doch so gezeichnet, wie sie schwimmen. Nun, auf den Masken stehen die Fische ja auch auf dem Schwanz: man sehe nur das Fischmakanari der Bakairi Seite 303 und die schwarze Kamayura-Maske Seite 317. Ja, das einzige Mal, wo uns der Mereschu-Fisch als einzelnes Individuum ausserhalb des Netzes entgegentritt, auf der Möven-Maske der Bakairi Seite 262, Abb. 44, steht er senkrecht. Auf den Gewebmasken aber, auf die es als die ältesten ankommt, wurde der Fisch in seiner an und für sich unnatürlichen Lage gezeichnet,
v. d. Steinen, Zentral-Brasilien. 21
Wenn man sich jedoch erinnert, wie die Nahuquá bei ihrem Eremo-Tanz den Kopf mit einem Fischnetz verhüllten, und in ihrer Pantomime das Zu- sammentreiben der Fische durch eine Gesellschaft darstellten, wird man auch den Gedanken nicht von der Hand weisen, dass die ovale Gewebmaske mit dem in gleicher Form in einen Reifen gespannten Fischnetz mehr als die äussere Aehnlichkeit gemein hat. Wofern der Indianer von der Form des Gesichtes aus- gehend auf den Maskenreifen verfallen wäre, so hätte er das ganze Feld auch für das Gesicht benutzt, während dieses jetzt nur einen Teil des Raumes ein- nimmt und mit geringerer Sorgfalt behandelt ist als die Bemalung. Das Fisch- makanari der Bakaïrí ist nichts als ein engmaschiges und dadurch zur Aufnahme des Lehms geeignetes Netz. Die daran sitzende Netzkapuze könnte heute um des Federschmucks willen da sein, da die Federn in die Maschen eingebunden werden müssen, allein darum ist es doch ebenso gut möglich, dass das Netz älter ist als die Federn, die sonst an den Kapuzen fehlen. Vielleicht ist also unsere älteste ovale Geflechtmaske nur das in den Strohanzug ein- gefügte und dekorativ gestaltete Fischnetz. Dann ist es weit leichter zu ver- stehen, dass die Charakterisierung der Tiere so wenig ausgesprochen ist; das Netz wurde verziert und auch charakteristisch verziert, aber es war nicht um einer anatomischen Nachbildung willen in das Kostüm aufgenommen.
Auch erhalten wir damit eine Erklärung des Mereschu-Musters. Das Masken-Fischnetz wurde enger geflochten, weil es besser verhüllte, und liess sich nun bemalen. Aber man malte das alte weitmaschige Netz auf und setzte die Fischchen hinein. Es giebt einen Punkt, der mir zu beweisen scheint, dass ich Recht habe, der, an und für sich sehr seltsam, dann höchst einfach erklärt würde. Der Indianer malt das Mereschu-Muster immer, worauf mich mein Vetter Wilhelm aufmerksam gemacht hat, stehend, das heisst die grössere Diagonale der Raute aufrecht, die kleinere querliegend. Den runden Spinnwirteln ist dieser Umstand nicht mehr anzusehen, wenn sie fertig sind, aber wir haben beim Ritzen zusehend beobachtet, dass die Figur stehend gemacht wurde, und genau dasselbe geschah bei den Bleistiftzeichnungen. Ich habe deshalb die Figur Seite 261, Abb. 43, nicht, wie es uns wohl näher gelegen hätte, horizontal geben dürfen, habe deshalb auch alle Spinnwirtel auf senkrechte Mereschus eingerichtet und endlich, allerdings mehr des Scherzes halber, auch den Original-Mereschu, Seite 260, auf den Schwanz gestellt.
Wie kommt der Künstler zu dieser Sonderbarkeit? Auf dem Fries, vgl. Tafel 21, sind die Fische doch so gezeichnet, wie sie schwimmen. Nun, auf den Masken stehen die Fische ja auch auf dem Schwanz: man sehe nur das Fischmakanari der Bakaïrí Seite 303 und die schwarze Kamayurá-Maske Seite 317. Ja, das einzige Mal, wo uns der Mereschu-Fisch als einzelnes Individuum ausserhalb des Netzes entgegentritt, auf der Möven-Maske der Bakaïrí Seite 262, Abb. 44, steht er senkrecht. Auf den Gewebmasken aber, auf die es als die ältesten ankommt, wurde der Fisch in seiner an und für sich unnatürlichen Lage gezeichnet,
v. d. Steinen, Zentral-Brasilien. 21
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Wenn man sich jedoch erinnert, wie die Nahuquá bei ihrem Eremo-Tanz
den Kopf mit einem Fischnetz verhüllten, und in ihrer Pantomime das Zu-
sammentreiben der Fische durch eine Gesellschaft darstellten, wird man auch den
Gedanken nicht von der Hand weisen, dass die ovale Gewebmaske mit dem in
gleicher Form in einen Reifen gespannten Fischnetz mehr als die äussere
Aehnlichkeit gemein hat. Wofern der Indianer von der Form des Gesichtes aus-
gehend auf den Maskenreifen verfallen wäre, so hätte er das ganze Feld auch
für das Gesicht benutzt, während dieses jetzt nur einen Teil des Raumes ein-
nimmt und mit geringerer Sorgfalt behandelt ist als die Bemalung. Das Fisch-
makanari der Bakaïrí ist nichts als ein engmaschiges und dadurch zur Aufnahme
des Lehms geeignetes Netz. Die daran sitzende Netzkapuze könnte heute um
des Federschmucks willen da sein, da die Federn in die Maschen eingebunden
werden müssen, allein darum ist es doch ebenso gut möglich, dass das Netz älter
ist als die Federn, die sonst an den Kapuzen fehlen. Vielleicht ist also
unsere älteste ovale Geflechtmaske nur das in den Strohanzug ein-
gefügte und dekorativ gestaltete Fischnetz. Dann ist es weit leichter zu ver-
stehen, dass die Charakterisierung der Tiere so wenig ausgesprochen ist; das Netz
wurde verziert und auch charakteristisch verziert, aber es war nicht um einer
anatomischen Nachbildung willen in das Kostüm aufgenommen.
Auch erhalten wir damit eine Erklärung des Mereschu-Musters.
Das Masken-Fischnetz wurde enger geflochten, weil es besser verhüllte, und
liess sich nun bemalen. Aber man malte das alte weitmaschige Netz auf
und setzte die Fischchen hinein. Es giebt einen Punkt, der mir zu beweisen
scheint, dass ich Recht habe, der, an und für sich sehr seltsam, dann höchst
einfach erklärt würde. Der Indianer malt das Mereschu-Muster immer, worauf
mich mein Vetter Wilhelm aufmerksam gemacht hat, stehend, das heisst die
grössere Diagonale der Raute aufrecht, die kleinere querliegend. Den runden
Spinnwirteln ist dieser Umstand nicht mehr anzusehen, wenn sie fertig sind, aber
wir haben beim Ritzen zusehend beobachtet, dass die Figur stehend gemacht
wurde, und genau dasselbe geschah bei den Bleistiftzeichnungen. Ich habe
deshalb die Figur Seite 261, Abb. 43, nicht, wie es uns wohl näher gelegen hätte,
horizontal geben dürfen, habe deshalb auch alle Spinnwirtel auf senkrechte
Mereschus eingerichtet und endlich, allerdings mehr des Scherzes halber, auch
den Original-Mereschu, Seite 260, auf den Schwanz gestellt.
Wie kommt der Künstler zu dieser Sonderbarkeit? Auf dem Fries, vgl.
Tafel 21, sind die Fische doch so gezeichnet, wie sie schwimmen. Nun, auf den
Masken stehen die Fische ja auch auf dem Schwanz: man sehe nur das
Fischmakanari der Bakaïrí Seite 303 und die schwarze Kamayurá-Maske Seite 317.
Ja, das einzige Mal, wo uns der Mereschu-Fisch als einzelnes Individuum ausserhalb
des Netzes entgegentritt, auf der Möven-Maske der Bakaïrí Seite 262, Abb. 44, steht
er senkrecht. Auf den Gewebmasken aber, auf die es als die ältesten ankommt,
wurde der Fisch in seiner an und für sich unnatürlichen Lage gezeichnet,
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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