haut ist der allen Vorrichtungen beider Geschlechter gemeinsame mechanische Effekt. Das Uluri erreicht ihn bei einer so weit getriebenen Reduktion der Bedeckung, dass die Verhüllung eher möglichst vermieden als ge- wünscht erscheint. Die Schleimhaut bleibt, da sie bei den Männern hinter dem Praeputium, bei den Frauen hinter den Labia majora zurückgehalten wird, der Aussen- welt überhaupt und somit allerdings auch den Blicken der Umgebung verborgen.
"Kleidungsstücke", deren Hauptzweck es wäre, dem Schamgefühl zu dienen, kann man doch nur im Scherz in jenen Vorrichtungen erblicken. Sexuelle Erregung wurde durch sie nicht verhüllt und wurde auch, wenigstens bei den Bororo- Männern, nicht geheim gehalten. Das rote Fädchen der Trumai, die zierlichen Uluris, die bunte Fahne der Bororo fordern wie ein Schmuck die Aufmerksamkeit heraus, statt sie abzulenken. Zwar wird der Gedanke, sowohl den moralischen Zustand als diese "Reste einer früheren Kleidung" auf eine Degeneration zurück- zuführen, indem die Eingeborenen von einer höheren Stufe auf die niedrige der Gegenwart herabgesunken wären, für manche Gemüter ein Herzensbedürfnis sein, er lässt sich aber nicht in Einklang bringen weder mit der von einem gleichen klar ausgesprochenen Zweck beherrschten Mannigfaltigk eit der Vorrichtungen, noch mit der vollkommenen Harmonie, in der sie sich der ganzen übrigen Kulturhöhe der Indianer einfügen. Die absolut nackten Suyafrauen wuschen sich die Geschlechts- teile am Fluss in unserer Gegenwart.
Könnte für die heranwachsenden Männer, wenn die Glans durch Erektionen und sexuellen Verkehr dauernd frei zu werden droht, der Wunsch entstehen, sie zum Schutz bedeckt zu erhalten? Es lässt sich Vieles dafür anführen. Zwar möchte sich dieses Schutzbedürfnis noch am wenigsten auf Gestrüpp und Dornen beziehen. Ernsthafter sind die Insulte der Tierwelt zu nehmen. Wenn die Trumai, wie von ihnen behauptet wurde, Tiere wären, die im Wasser lebten und auf dem Boden des Flusses schliefen, wären sie sogar in die dringende Notwendigkeit ver- setzt, die Urethralöffnung dem Kandirufischchen (Cetopsis Candiru) zu verschliessen. Dies transparente, spannenlange kleine Scheusal, dessen Vorkommen im Batovy wir 1884 festgestellt haben, hat die eigentümliche Neigung, in die ihm zugänglichen Körperöffnungen des im Wasser befindlichen Menschen einzudringen; es schlüpft in die Urethra, kann wegen der Flossen nicht zurück und verursacht leicht den Tod des Unglüchlichen, dem Nichts übrig bleibt, als schlecht und recht mit seinem Messer die Urethrotomia externa zu vollziehen.*)
Da die Amphibiennatur der Trumai aber auf gerechte Zweifel stösst, und der Aufenthalt im Wasser selbst für den Fischer oder den sein Kanu durch die Katarakte bugsierenden Ruderer nur eine nebensächliche Rolle spielt, so ist es
*) Die Angst der Brasilier vor dem an und für sich so harmlosen Fischchen ist somit wohl gerechtfertigt; sie wird am besten durch eine Münchhauseniade charakterisiert, die uns ein Offizier mit ernsthafter Miene für wahr berichtete: in den Gewässern bei Villa Caceres ist der Kandiru so bös- artig und so auf seine Passion versessen, dass er sogar, wenn Jemand vom Ufer aus ein Bedürfnis befriedigt, eilfertig in den Wasserstrahl empordringt.
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haut ist der allen Vorrichtungen beider Geschlechter gemeinsame mechanische Effekt. Das Uluri erreicht ihn bei einer so weit getriebenen Reduktion der Bedeckung, dass die Verhüllung eher möglichst vermieden als ge- wünscht erscheint. Die Schleimhaut bleibt, da sie bei den Männern hinter dem Praeputium, bei den Frauen hinter den Labia majora zurückgehalten wird, der Aussen- welt überhaupt und somit allerdings auch den Blicken der Umgebung verborgen.
»Kleidungsstücke«, deren Hauptzweck es wäre, dem Schamgefühl zu dienen, kann man doch nur im Scherz in jenen Vorrichtungen erblicken. Sexuelle Erregung wurde durch sie nicht verhüllt und wurde auch, wenigstens bei den Bororó- Männern, nicht geheim gehalten. Das rote Fädchen der Trumaí, die zierlichen Uluris, die bunte Fahne der Bororó fordern wie ein Schmuck die Aufmerksamkeit heraus, statt sie abzulenken. Zwar wird der Gedanke, sowohl den moralischen Zustand als diese »Reste einer früheren Kleidung« auf eine Degeneration zurück- zuführen, indem die Eingeborenen von einer höheren Stufe auf die niedrige der Gegenwart herabgesunken wären, für manche Gemüter ein Herzensbedürfnis sein, er lässt sich aber nicht in Einklang bringen weder mit der von einem gleichen klar ausgesprochenen Zweck beherrschten Mannigfaltigk eit der Vorrichtungen, noch mit der vollkommenen Harmonie, in der sie sich der ganzen übrigen Kulturhöhe der Indianer einfügen. Die absolut nackten Suyáfrauen wuschen sich die Geschlechts- teile am Fluss in unserer Gegenwart.
Könnte für die heranwachsenden Männer, wenn die Glans durch Erektionen und sexuellen Verkehr dauernd frei zu werden droht, der Wunsch entstehen, sie zum Schutz bedeckt zu erhalten? Es lässt sich Vieles dafür anführen. Zwar möchte sich dieses Schutzbedürfnis noch am wenigsten auf Gestrüpp und Dornen beziehen. Ernsthafter sind die Insulte der Tierwelt zu nehmen. Wenn die Trumaí, wie von ihnen behauptet wurde, Tiere wären, die im Wasser lebten und auf dem Boden des Flusses schliefen, wären sie sogar in die dringende Notwendigkeit ver- setzt, die Urethralöffnung dem Kandirúfischchen (Cetopsis Candiru) zu verschliessen. Dies transparente, spannenlange kleine Scheusal, dessen Vorkommen im Batovy wir 1884 festgestellt haben, hat die eigentümliche Neigung, in die ihm zugänglichen Körperöffnungen des im Wasser befindlichen Menschen einzudringen; es schlüpft in die Urethra, kann wegen der Flossen nicht zurück und verursacht leicht den Tod des Unglüchlichen, dem Nichts übrig bleibt, als schlecht und recht mit seinem Messer die Urethrotomia externa zu vollziehen.*)
Da die Amphibiennatur der Trumaí aber auf gerechte Zweifel stösst, und der Aufenthalt im Wasser selbst für den Fischer oder den sein Kanu durch die Katarakte bugsierenden Ruderer nur eine nebensächliche Rolle spielt, so ist es
*) Die Angst der Brasilier vor dem an und für sich so harmlosen Fischchen ist somit wohl gerechtfertigt; sie wird am besten durch eine Münchhauseniade charakterisiert, die uns ein Offizier mit ernsthafter Miene für wahr berichtete: in den Gewässern bei Villa Cáceres ist der Kandirú so bös- artig und so auf seine Passion versessen, dass er sogar, wenn Jemand vom Ufer aus ein Bedürfnis befriedigt, eilfertig in den Wasserstrahl empordringt.
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haut ist der allen Vorrichtungen beider Geschlechter gemeinsame
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Reduktion der Bedeckung, dass die Verhüllung eher möglichst vermieden als ge-
wünscht erscheint. Die Schleimhaut bleibt, da sie bei den Männern hinter dem
Praeputium, bei den Frauen hinter den Labia majora zurückgehalten wird, der Aussen-
welt überhaupt und somit allerdings auch den Blicken der Umgebung verborgen.
»Kleidungsstücke«, deren Hauptzweck es wäre, dem Schamgefühl zu dienen,
kann man doch nur im Scherz in jenen Vorrichtungen erblicken. Sexuelle Erregung
wurde durch sie nicht verhüllt und wurde auch, wenigstens bei den Bororó-
Männern, nicht geheim gehalten. Das rote Fädchen der Trumaí, die zierlichen
Uluris, die bunte Fahne der Bororó fordern wie ein Schmuck die Aufmerksamkeit
heraus, statt sie abzulenken. Zwar wird der Gedanke, sowohl den moralischen
Zustand als diese »Reste einer früheren Kleidung« auf eine Degeneration zurück-
zuführen, indem die Eingeborenen von einer höheren Stufe auf die niedrige der
Gegenwart herabgesunken wären, für manche Gemüter ein Herzensbedürfnis sein,
er lässt sich aber nicht in Einklang bringen weder mit der von einem gleichen
klar ausgesprochenen Zweck beherrschten Mannigfaltigk eit der Vorrichtungen, noch
mit der vollkommenen Harmonie, in der sie sich der ganzen übrigen Kulturhöhe
der Indianer einfügen. Die absolut nackten Suyáfrauen wuschen sich die Geschlechts-
teile am Fluss in unserer Gegenwart.
Könnte für die heranwachsenden Männer, wenn die Glans durch Erektionen
und sexuellen Verkehr dauernd frei zu werden droht, der Wunsch entstehen, sie
zum Schutz bedeckt zu erhalten? Es lässt sich Vieles dafür anführen. Zwar
möchte sich dieses Schutzbedürfnis noch am wenigsten auf Gestrüpp und Dornen
beziehen. Ernsthafter sind die Insulte der Tierwelt zu nehmen. Wenn die Trumaí,
wie von ihnen behauptet wurde, Tiere wären, die im Wasser lebten und auf dem
Boden des Flusses schliefen, wären sie sogar in die dringende Notwendigkeit ver-
setzt, die Urethralöffnung dem Kandirúfischchen (Cetopsis Candiru) zu verschliessen.
Dies transparente, spannenlange kleine Scheusal, dessen Vorkommen im Batovy
wir 1884 festgestellt haben, hat die eigentümliche Neigung, in die ihm zugänglichen
Körperöffnungen des im Wasser befindlichen Menschen einzudringen; es schlüpft
in die Urethra, kann wegen der Flossen nicht zurück und verursacht leicht den
Tod des Unglüchlichen, dem Nichts übrig bleibt, als schlecht und recht mit seinem
Messer die Urethrotomia externa zu vollziehen. *)
Da die Amphibiennatur der Trumaí aber auf gerechte Zweifel stösst, und
der Aufenthalt im Wasser selbst für den Fischer oder den sein Kanu durch die
Katarakte bugsierenden Ruderer nur eine nebensächliche Rolle spielt, so ist es
*) Die Angst der Brasilier vor dem an und für sich so harmlosen Fischchen ist somit wohl
gerechtfertigt; sie wird am besten durch eine Münchhauseniade charakterisiert, die uns ein Offizier mit
ernsthafter Miene für wahr berichtete: in den Gewässern bei Villa Cáceres ist der Kandirú so bös-
artig und so auf seine Passion versessen, dass er sogar, wenn Jemand vom Ufer aus ein Bedürfnis
befriedigt, eilfertig in den Wasserstrahl empordringt.
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/239>, abgerufen am 22.11.2024.
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