Ist das geschehen, so soll die Bank einen Depositenschein mit der aus- drücklichen Erklärung geben, daß diese Summe zu dieser Entschädigung bestimmt sei. Dann soll der Eigenthümer oder sonst Berechtigte auf Aufforderung der Unternehmer das Grundstück denselben übergeben (the owner of such lands shall, when required to do so by the pro- moters of the undertaking duly convey such land to the promoters) Art. 75, vgl. 76. 77. Das continentale System der behördlichen Ueber- tragung ist entschieden besser, da es den Enteigner viel mehr vor Chikanen sichert. Wie leicht diese in England sind, sieht man schon aus dem Art. 79 der Lands Clauses Act.
Das bisherige preußische Recht ist über diese Frage nichts weniger als klar (vgl. Rönne a. a. O. namentlich in Beziehung auf die Eisen- bahnen). Der neue preußische Entwurf will wesentlich nach französischem Muster die Enteignung selbst zwar von der Einzahlung der Entschädigung unabhängig machen, aber die Besitzeinweisung durch die Bezirks- regierung erst nach der Zahlung, resp. Deponirung der Entschädigungs- summe zulassen (§. 25. 30). Es ist klar, daß damit nur verwirrte Ver- hältnisse zwischen Eigenthum und Besitz entstehen können; es genügt nicht, mit den Motiven zum preußischen Entwurf einfach zu constatiren, daß damit ein "Interimisticum" entstehe; denn das Interimisticum ist eben zu vermeiden; wie denn, wenn der Enteigner vor der Zahlung der Entschädigung Concurs macht? Auch hilft hier das rechtskräftige Urtheil Thiels (S. 147) gar nichts, da es sich für den Enteigneten ja nicht mehr um sein Recht auf die Entschädigung, sondern um die wirkliche Zahlung derselben handelt. Es ist daher das einfachste und im ganzen Wesen des Verfahrens liegende Mittel zu bestimmen, daß der Entschädigungsspruch über das bestimmte Gut nach dem Detailplan erst dann gefällt werden darf, wenn das competente Amt vorher von dem Enteigner für den ganzen Betrag der Entschädigung sicher ge- stellt ist. Man muß festhalten, daß wenn das Amt das Eigenthum kraft seiner Competenz aufhebt, es auch für die wirkliche Entschädigung zu haften hat; denn die ganze Enteignung, also auch die Entschädi- gung, gehören dem Verwaltungsrecht und nicht dem Privatrecht. Es ist daher Sache der Verwaltungsbehörde, sich für den entfallenden Betrag der Entschädigung sicher zu stellen, und Sache des Enteigners, diese Sicherstellung zu leisten; sobald die erstere glaubt, daß die letztere genügt, kann sie auf eigene Verantwortung den Enteignungsspruch fällen und es dann darauf ankommen lassen, daß das Entschädigungsverfahren zu Ende geführt werde, womit dem Amte nicht das Recht beschränkt wird, auch eine höhere Sicherheit, und andrerseits auch gar keine be- sondere zu fordern, wenn es eben nur die Haftung für die Entschädigung
Iſt das geſchehen, ſo ſoll die Bank einen Depoſitenſchein mit der aus- drücklichen Erklärung geben, daß dieſe Summe zu dieſer Entſchädigung beſtimmt ſei. Dann ſoll der Eigenthümer oder ſonſt Berechtigte auf Aufforderung der Unternehmer das Grundſtück denſelben übergeben (the owner of such lands shall, when required to do so by the pro- moters of the undertaking duly convey such land to the promoters) Art. 75, vgl. 76. 77. Das continentale Syſtem der behördlichen Ueber- tragung iſt entſchieden beſſer, da es den Enteigner viel mehr vor Chikanen ſichert. Wie leicht dieſe in England ſind, ſieht man ſchon aus dem Art. 79 der Lands Clauses Act.
Das bisherige preußiſche Recht iſt über dieſe Frage nichts weniger als klar (vgl. Rönne a. a. O. namentlich in Beziehung auf die Eiſen- bahnen). Der neue preußiſche Entwurf will weſentlich nach franzöſiſchem Muſter die Enteignung ſelbſt zwar von der Einzahlung der Entſchädigung unabhängig machen, aber die Beſitzeinweiſung durch die Bezirks- regierung erſt nach der Zahlung, reſp. Deponirung der Entſchädigungs- ſumme zulaſſen (§. 25. 30). Es iſt klar, daß damit nur verwirrte Ver- hältniſſe zwiſchen Eigenthum und Beſitz entſtehen können; es genügt nicht, mit den Motiven zum preußiſchen Entwurf einfach zu conſtatiren, daß damit ein „Interimiſticum“ entſtehe; denn das Interimiſticum iſt eben zu vermeiden; wie denn, wenn der Enteigner vor der Zahlung der Entſchädigung Concurs macht? Auch hilft hier das rechtskräftige Urtheil Thiels (S. 147) gar nichts, da es ſich für den Enteigneten ja nicht mehr um ſein Recht auf die Entſchädigung, ſondern um die wirkliche Zahlung derſelben handelt. Es iſt daher das einfachſte und im ganzen Weſen des Verfahrens liegende Mittel zu beſtimmen, daß der Entſchädigungsſpruch über das beſtimmte Gut nach dem Detailplan erſt dann gefällt werden darf, wenn das competente Amt vorher von dem Enteigner für den ganzen Betrag der Entſchädigung ſicher ge- ſtellt iſt. Man muß feſthalten, daß wenn das Amt das Eigenthum kraft ſeiner Competenz aufhebt, es auch für die wirkliche Entſchädigung zu haften hat; denn die ganze Enteignung, alſo auch die Entſchädi- gung, gehören dem Verwaltungsrecht und nicht dem Privatrecht. Es iſt daher Sache der Verwaltungsbehörde, ſich für den entfallenden Betrag der Entſchädigung ſicher zu ſtellen, und Sache des Enteigners, dieſe Sicherſtellung zu leiſten; ſobald die erſtere glaubt, daß die letztere genügt, kann ſie auf eigene Verantwortung den Enteignungsſpruch fällen und es dann darauf ankommen laſſen, daß das Entſchädigungsverfahren zu Ende geführt werde, womit dem Amte nicht das Recht beſchränkt wird, auch eine höhere Sicherheit, und andrerſeits auch gar keine be- ſondere zu fordern, wenn es eben nur die Haftung für die Entſchädigung
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Iſt das geſchehen, ſo ſoll die Bank einen Depoſitenſchein mit der aus-
drücklichen Erklärung geben, daß dieſe Summe zu dieſer Entſchädigung
beſtimmt ſei. Dann ſoll der Eigenthümer oder ſonſt Berechtigte
auf Aufforderung der Unternehmer das Grundſtück denſelben übergeben
(the owner of such lands shall, when required to do so by the pro-
moters of the undertaking duly convey such land to the promoters)
Art. 75, vgl. 76. 77. Das continentale Syſtem der behördlichen Ueber-
tragung iſt entſchieden beſſer, da es den Enteigner viel mehr vor Chikanen
ſichert. Wie leicht dieſe in England ſind, ſieht man ſchon aus dem
Art. 79 der Lands Clauses Act.
Das bisherige preußiſche Recht iſt über dieſe Frage nichts weniger
als klar (vgl. Rönne a. a. O. namentlich in Beziehung auf die Eiſen-
bahnen). Der neue preußiſche Entwurf will weſentlich nach franzöſiſchem
Muſter die Enteignung ſelbſt zwar von der Einzahlung der Entſchädigung
unabhängig machen, aber die Beſitzeinweiſung durch die Bezirks-
regierung erſt nach der Zahlung, reſp. Deponirung der Entſchädigungs-
ſumme zulaſſen (§. 25. 30). Es iſt klar, daß damit nur verwirrte Ver-
hältniſſe zwiſchen Eigenthum und Beſitz entſtehen können; es genügt
nicht, mit den Motiven zum preußiſchen Entwurf einfach zu conſtatiren,
daß damit ein „Interimiſticum“ entſtehe; denn das Interimiſticum iſt
eben zu vermeiden; wie denn, wenn der Enteigner vor der Zahlung
der Entſchädigung Concurs macht? Auch hilft hier das rechtskräftige
Urtheil Thiels (S. 147) gar nichts, da es ſich für den Enteigneten
ja nicht mehr um ſein Recht auf die Entſchädigung, ſondern um die
wirkliche Zahlung derſelben handelt. Es iſt daher das einfachſte und
im ganzen Weſen des Verfahrens liegende Mittel zu beſtimmen, daß
der Entſchädigungsſpruch über das beſtimmte Gut nach dem Detailplan
erſt dann gefällt werden darf, wenn das competente Amt vorher von
dem Enteigner für den ganzen Betrag der Entſchädigung ſicher ge-
ſtellt iſt. Man muß feſthalten, daß wenn das Amt das Eigenthum
kraft ſeiner Competenz aufhebt, es auch für die wirkliche Entſchädigung
zu haften hat; denn die ganze Enteignung, alſo auch die Entſchädi-
gung, gehören dem Verwaltungsrecht und nicht dem Privatrecht. Es
iſt daher Sache der Verwaltungsbehörde, ſich für den entfallenden
Betrag der Entſchädigung ſicher zu ſtellen, und Sache des Enteigners,
dieſe Sicherſtellung zu leiſten; ſobald die erſtere glaubt, daß die letztere
genügt, kann ſie auf eigene Verantwortung den Enteignungsſpruch fällen
und es dann darauf ankommen laſſen, daß das Entſchädigungsverfahren
zu Ende geführt werde, womit dem Amte nicht das Recht beſchränkt
wird, auch eine höhere Sicherheit, und andrerſeits auch gar keine be-
ſondere zu fordern, wenn es eben nur die Haftung für die Entſchädigung
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/351>, abgerufen am 16.02.2025.
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