Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.neues Verhältniß. Sie sind persönlich nach wie vor frei, und ihr Neben dem Grundbesitz dieser sochemanni lag nun der große Grund- Der Lord hatte nämlich auch diese in Gestalt der alten Leibeigenen neues Verhältniß. Sie ſind perſönlich nach wie vor frei, und ihr Neben dem Grundbeſitz dieſer sochemanni lag nun der große Grund- Der Lord hatte nämlich auch dieſe in Geſtalt der alten Leibeigenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0133" n="115"/> neues Verhältniß. Sie ſind perſönlich nach wie vor frei, und ihr<lb/> Beſitz gehört wie der <hi rendition="#aq">manor</hi> ſelbſt dem Könige. Allein da ſie ſchon<lb/> bei der Eroberung Eigenthümer waren, ſo konnte eine eigentliche Ver-<lb/> leihung nicht ſtattfinden, ſondern nur eine Unterordnung unter den<lb/><hi rendition="#aq">manor</hi> des Lords, innerhalb deſſen Gränzen ſie lagen. Dieſe Unter-<lb/> ordnung ward nun dadurch, im Gegenſatz zu den folgenden, ausge-<lb/> drückt, daß ſie zwar zu allen öffentlichen Dienſten auf Befehl des Lords<lb/> im Namen des Königs verpflichtet, aber zu keinen perſönlichen oder<lb/> wirthſchaftlichen Leiſtungen gegen den Lord durch ihren Grundbeſitz ge-<lb/> bunden waren. Ein ſolcher Grundbeſitz hieß dann ein <hi rendition="#aq">liberum tene-<lb/> mentum,</hi> engliſch <hi rendition="#aq">„free tenure,“</hi> mit dem Ausdrucke, der aus dem<lb/><hi rendition="#aq">feodal system</hi> hervorgeht; der angelſächſiſche Ausdruck dagegen war<lb/><hi rendition="#aq">„socage,“</hi> und der Grundbeſitz hieß daher <hi rendition="#aq">„free“</hi> oder <hi rendition="#aq">„common so-<lb/> cage,“</hi> was dann ſpäter als Gegenſatz zu dem unfreien Grundbeſitz<lb/> auch wohl <hi rendition="#aq">„privileged tenure“</hi> genannt ward, obgleich natürlich von<lb/> einem wirklichen <hi rendition="#aq">„privilege“</hi> keine Rede war. Die ganze geſellſchaftliche<lb/> Klaſſe bildet die Klaſſe der <hi rendition="#aq">„sochemanni“</hi> des <hi rendition="#aq">Doomesdaybook.</hi> Es<lb/> iſt im Weſentlichen die Gruppe der „Freibauern“ in Deutſchland.</p><lb/> <p>Neben dem Grundbeſitz dieſer <hi rendition="#aq">sochemanni</hi> lag nun der große Grund-<lb/> beſitz des Lord, der <hi rendition="#aq">waste,</hi> die herrſchaftlichen Gelände, das eigentliche<lb/> „Gut,“ das aber nicht wie auf dem Continent Allod und <hi rendition="#aq">feudum</hi><lb/> unterſchied, ſondern unter gleichartigem Recht als eine <hi rendition="#aq">„tenure“</hi> be-<lb/> ſtand. Um dieß nun zu bebauen, begannen natürlich die Lords als-<lb/> bald die freien Männer aus den angelſächſiſchen Geſchlechtern, die wohl<lb/> meiſt als zweite und dritte Söhne der freien Hufner oder <hi rendition="#aq">sochemanni</hi><lb/> keinen Grundbeſitz hatten, mit Höfen zu beleihen, die aus dieſem<lb/> Gutsgrund gebildet werden. Ein ſolcher Beliehener war nach dem<lb/> Lehensbegriff der „Mann“ des Lord, ſein <hi rendition="#aq">„homo;“</hi> perſönlich frei, ſaß<lb/> er auf unfreiem Gut. Und hier beginnt nun der Uebergang zu der<lb/> niederen Klaſſe.</p><lb/> <p>Der Lord hatte nämlich auch dieſe in Geſtalt der alten Leibeigenen<lb/> überkommen und zwar höchſt wahrſcheinlich in doppelter Geſtalt. Theils<lb/> nämlich hatten dieſe Leibeigenen unter gewiſſen Bedingungen ſchon eine<lb/> kleine Bauernſtelle aus der angelſächſiſchen Zeit in Beſitz, theils nicht.<lb/> Grundſätzlich machte das für das Recht beider Klaſſen der Unfreien<lb/> natürlich keinen Unterſchied. Allein in der Wirklichkeit ließ ſich die,<lb/> durch das Vorhandenſein oder dieſen Mangel an Grundbeſitz gegebene<lb/> Verſchiedenheit der ganzen geſellſchaftlichen Stellung denn doch wohl<lb/> keinen Augenblick verkennen. Denn die erſte Klaſſe erſchien natürlich an<lb/> die Scholle, das iſt in Wahrheit an ihre wirthſchaftlichen Bedürfniſſe, ge-<lb/> bunden, und die principiell unzweifelhafte Berechtigung zur Verfügung<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0133]
neues Verhältniß. Sie ſind perſönlich nach wie vor frei, und ihr
Beſitz gehört wie der manor ſelbſt dem Könige. Allein da ſie ſchon
bei der Eroberung Eigenthümer waren, ſo konnte eine eigentliche Ver-
leihung nicht ſtattfinden, ſondern nur eine Unterordnung unter den
manor des Lords, innerhalb deſſen Gränzen ſie lagen. Dieſe Unter-
ordnung ward nun dadurch, im Gegenſatz zu den folgenden, ausge-
drückt, daß ſie zwar zu allen öffentlichen Dienſten auf Befehl des Lords
im Namen des Königs verpflichtet, aber zu keinen perſönlichen oder
wirthſchaftlichen Leiſtungen gegen den Lord durch ihren Grundbeſitz ge-
bunden waren. Ein ſolcher Grundbeſitz hieß dann ein liberum tene-
mentum, engliſch „free tenure,“ mit dem Ausdrucke, der aus dem
feodal system hervorgeht; der angelſächſiſche Ausdruck dagegen war
„socage,“ und der Grundbeſitz hieß daher „free“ oder „common so-
cage,“ was dann ſpäter als Gegenſatz zu dem unfreien Grundbeſitz
auch wohl „privileged tenure“ genannt ward, obgleich natürlich von
einem wirklichen „privilege“ keine Rede war. Die ganze geſellſchaftliche
Klaſſe bildet die Klaſſe der „sochemanni“ des Doomesdaybook. Es
iſt im Weſentlichen die Gruppe der „Freibauern“ in Deutſchland.
Neben dem Grundbeſitz dieſer sochemanni lag nun der große Grund-
beſitz des Lord, der waste, die herrſchaftlichen Gelände, das eigentliche
„Gut,“ das aber nicht wie auf dem Continent Allod und feudum
unterſchied, ſondern unter gleichartigem Recht als eine „tenure“ be-
ſtand. Um dieß nun zu bebauen, begannen natürlich die Lords als-
bald die freien Männer aus den angelſächſiſchen Geſchlechtern, die wohl
meiſt als zweite und dritte Söhne der freien Hufner oder sochemanni
keinen Grundbeſitz hatten, mit Höfen zu beleihen, die aus dieſem
Gutsgrund gebildet werden. Ein ſolcher Beliehener war nach dem
Lehensbegriff der „Mann“ des Lord, ſein „homo;“ perſönlich frei, ſaß
er auf unfreiem Gut. Und hier beginnt nun der Uebergang zu der
niederen Klaſſe.
Der Lord hatte nämlich auch dieſe in Geſtalt der alten Leibeigenen
überkommen und zwar höchſt wahrſcheinlich in doppelter Geſtalt. Theils
nämlich hatten dieſe Leibeigenen unter gewiſſen Bedingungen ſchon eine
kleine Bauernſtelle aus der angelſächſiſchen Zeit in Beſitz, theils nicht.
Grundſätzlich machte das für das Recht beider Klaſſen der Unfreien
natürlich keinen Unterſchied. Allein in der Wirklichkeit ließ ſich die,
durch das Vorhandenſein oder dieſen Mangel an Grundbeſitz gegebene
Verſchiedenheit der ganzen geſellſchaftlichen Stellung denn doch wohl
keinen Augenblick verkennen. Denn die erſte Klaſſe erſchien natürlich an
die Scholle, das iſt in Wahrheit an ihre wirthſchaftlichen Bedürfniſſe, ge-
bunden, und die principiell unzweifelhafte Berechtigung zur Verfügung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |