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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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Boden zu bringen, um ihn die erste Stufe der Freiheit betreten zu
lassen. Die einfache Folge jenes Princips, die selbst Blackstone und
Eden, die beiden objektivsten Beurtheiler dieser Erscheinungen, nicht ge-
hörig hervorheben, war nämlich die, daß jedes Recht, welches ein
Glied der untersten Klasse durch einen Lord of the manor oder tenens
in capite
auf irgend einen Grundbesitz erwarb, als eine Modifikation
des königlichen Eigenthumsrechts erschien, und daher die Dis-
positionen des Lord über den Grundbesitz auch des villein als unter
königlichem Recht und Gericht stehend, anerkannt werden mußten.
Der König als Eigenthümer konnte daher auch das Recht des Lord
auf den villein ändern, ohne in das Privateigenthum in der Weise
einzugreifen, wie auf dem Continent, da er stets wenigstens dem ab-
strakten Princip nach über sein eigenes Grundstück entschied. Man kann
diese wichtige Thatsache nicht hoch genug anschlagen, und hat sehr Un-
recht mit Macaulay und Anderen sie für das Verständniß Karls II. bei
Seite liegen zu lassen, ebenso wie diejenigen, welche sich dieselbe nicht
vergegenwärtigen, weder ganz Seldens Vertheidigung des Königs, noch
auch die Theorie Hobbes richtig würdigen werden. Hobbes ist näm-
lich in der That der erste, der für die gesammte Entwährungslehre
jenes positiv rechtliche, auch noch von Blackstone anerkannte Verhältniß
zu einem theoretischen Princip ausarbeitete, indem er den Begriff des
Privateigenthums als des Eigenthumes der Einzelnen gegenüber dem
Einzelnen von dem des Staats oder königlichen Eigenthum als dem
Eigenthum des Königs im Gegensatz zu dem des Einzelnen zuerst strenge
unterschied, und während er das individuelle Eigenthumsrecht im ersten
Sinne als unverletzlich erklärt, dasselbe im zweiten dem königlichen unter-
wirft: Ex quo intelligitur, singulos cives suum sibi proprium habere,
in quod nemo concivium suorum jus habet, quia iisdem legibus
tenetur; non autem proprium ita habere quidquam, in quod non
habeat jus ille qui habet imperium summum, cujus mandata sunt
ipsae leges, cujus voluntate voluntas singulorum continetur (De Cive
L. IV. 15).
Es ist wohl sehr leicht, diese abstrakte Formulirung auf
jenes höchste Eigenthumsrecht zurückzuführen, und zugleich zu verstehen,
wie diese Theorie auf dem Continent mit seinem Allod und seiner ört-
lichen Souveränität den heftigsten Widerstand finden mußte. Faßt man
aber das obige Verhältniß in denjenigen Punkten zusammen, in denen
es für das Entlastungswesen Englands von entscheidender Bedeutung
war, so ergeben sich folgende Sätze, deren praktische Anwendung schon
seit dem 13. Jahrhundert in England wirksam ist.

Erstlich kann der König als Eigenthümer auch desjenigen Grundes,
den der niederste villein besitzt, das Recht des letzteren durch seine

Stein, die Verwaltungslehre. VII. 8

Boden zu bringen, um ihn die erſte Stufe der Freiheit betreten zu
laſſen. Die einfache Folge jenes Princips, die ſelbſt Blackſtone und
Eden, die beiden objektivſten Beurtheiler dieſer Erſcheinungen, nicht ge-
hörig hervorheben, war nämlich die, daß jedes Recht, welches ein
Glied der unterſten Klaſſe durch einen Lord of the manor oder tenens
in capite
auf irgend einen Grundbeſitz erwarb, als eine Modifikation
des königlichen Eigenthumsrechts erſchien, und daher die Dis-
poſitionen des Lord über den Grundbeſitz auch des villein als unter
königlichem Recht und Gericht ſtehend, anerkannt werden mußten.
Der König als Eigenthümer konnte daher auch das Recht des Lord
auf den villein ändern, ohne in das Privateigenthum in der Weiſe
einzugreifen, wie auf dem Continent, da er ſtets wenigſtens dem ab-
ſtrakten Princip nach über ſein eigenes Grundſtück entſchied. Man kann
dieſe wichtige Thatſache nicht hoch genug anſchlagen, und hat ſehr Un-
recht mit Macaulay und Anderen ſie für das Verſtändniß Karls II. bei
Seite liegen zu laſſen, ebenſo wie diejenigen, welche ſich dieſelbe nicht
vergegenwärtigen, weder ganz Seldens Vertheidigung des Königs, noch
auch die Theorie Hobbes richtig würdigen werden. Hobbes iſt näm-
lich in der That der erſte, der für die geſammte Entwährungslehre
jenes poſitiv rechtliche, auch noch von Blackſtone anerkannte Verhältniß
zu einem theoretiſchen Princip ausarbeitete, indem er den Begriff des
Privateigenthums als des Eigenthumes der Einzelnen gegenüber dem
Einzelnen von dem des Staats oder königlichen Eigenthum als dem
Eigenthum des Königs im Gegenſatz zu dem des Einzelnen zuerſt ſtrenge
unterſchied, und während er das individuelle Eigenthumsrecht im erſten
Sinne als unverletzlich erklärt, daſſelbe im zweiten dem königlichen unter-
wirft: Ex quo intelligitur, singulos cives suum sibi proprium habere,
in quod nemo concivium suorum jus habet, quia iisdem legibus
tenetur; non autem proprium ita habere quidquam, in quod non
habeat jus ille qui habet imperium summum, cujus mandata sunt
ipsae leges, cujus voluntate voluntas singulorum continetur (De Cive
L. IV. 15).
Es iſt wohl ſehr leicht, dieſe abſtrakte Formulirung auf
jenes höchſte Eigenthumsrecht zurückzuführen, und zugleich zu verſtehen,
wie dieſe Theorie auf dem Continent mit ſeinem Allod und ſeiner ört-
lichen Souveränität den heftigſten Widerſtand finden mußte. Faßt man
aber das obige Verhältniß in denjenigen Punkten zuſammen, in denen
es für das Entlaſtungsweſen Englands von entſcheidender Bedeutung
war, ſo ergeben ſich folgende Sätze, deren praktiſche Anwendung ſchon
ſeit dem 13. Jahrhundert in England wirkſam iſt.

Erſtlich kann der König als Eigenthümer auch desjenigen Grundes,
den der niederſte villein beſitzt, das Recht des letzteren durch ſeine

Stein, die Verwaltungslehre. VII. 8
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[113/0131] Boden zu bringen, um ihn die erſte Stufe der Freiheit betreten zu laſſen. Die einfache Folge jenes Princips, die ſelbſt Blackſtone und Eden, die beiden objektivſten Beurtheiler dieſer Erſcheinungen, nicht ge- hörig hervorheben, war nämlich die, daß jedes Recht, welches ein Glied der unterſten Klaſſe durch einen Lord of the manor oder tenens in capite auf irgend einen Grundbeſitz erwarb, als eine Modifikation des königlichen Eigenthumsrechts erſchien, und daher die Dis- poſitionen des Lord über den Grundbeſitz auch des villein als unter königlichem Recht und Gericht ſtehend, anerkannt werden mußten. Der König als Eigenthümer konnte daher auch das Recht des Lord auf den villein ändern, ohne in das Privateigenthum in der Weiſe einzugreifen, wie auf dem Continent, da er ſtets wenigſtens dem ab- ſtrakten Princip nach über ſein eigenes Grundſtück entſchied. Man kann dieſe wichtige Thatſache nicht hoch genug anſchlagen, und hat ſehr Un- recht mit Macaulay und Anderen ſie für das Verſtändniß Karls II. bei Seite liegen zu laſſen, ebenſo wie diejenigen, welche ſich dieſelbe nicht vergegenwärtigen, weder ganz Seldens Vertheidigung des Königs, noch auch die Theorie Hobbes richtig würdigen werden. Hobbes iſt näm- lich in der That der erſte, der für die geſammte Entwährungslehre jenes poſitiv rechtliche, auch noch von Blackſtone anerkannte Verhältniß zu einem theoretiſchen Princip ausarbeitete, indem er den Begriff des Privateigenthums als des Eigenthumes der Einzelnen gegenüber dem Einzelnen von dem des Staats oder königlichen Eigenthum als dem Eigenthum des Königs im Gegenſatz zu dem des Einzelnen zuerſt ſtrenge unterſchied, und während er das individuelle Eigenthumsrecht im erſten Sinne als unverletzlich erklärt, daſſelbe im zweiten dem königlichen unter- wirft: Ex quo intelligitur, singulos cives suum sibi proprium habere, in quod nemo concivium suorum jus habet, quia iisdem legibus tenetur; non autem proprium ita habere quidquam, in quod non habeat jus ille qui habet imperium summum, cujus mandata sunt ipsae leges, cujus voluntate voluntas singulorum continetur (De Cive L. IV. 15). Es iſt wohl ſehr leicht, dieſe abſtrakte Formulirung auf jenes höchſte Eigenthumsrecht zurückzuführen, und zugleich zu verſtehen, wie dieſe Theorie auf dem Continent mit ſeinem Allod und ſeiner ört- lichen Souveränität den heftigſten Widerſtand finden mußte. Faßt man aber das obige Verhältniß in denjenigen Punkten zuſammen, in denen es für das Entlaſtungsweſen Englands von entſcheidender Bedeutung war, ſo ergeben ſich folgende Sätze, deren praktiſche Anwendung ſchon ſeit dem 13. Jahrhundert in England wirkſam iſt. Erſtlich kann der König als Eigenthümer auch desjenigen Grundes, den der niederſte villein beſitzt, das Recht des letzteren durch ſeine Stein, die Verwaltungslehre. VII. 8

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/131>, abgerufen am 22.11.2024.