Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.Ihre Grundlage ist die Ausschließlichkeit des Eigenthumsrechts an dem Die Völkerwanderung und die damit verbundene Eroberung fügt Sowie nämlich mit der karolingischen Dynastie das alte Königthum Stein, die Verwaltungslehre. VII. 7
Ihre Grundlage iſt die Ausſchließlichkeit des Eigenthumsrechts an dem Die Völkerwanderung und die damit verbundene Eroberung fügt Sowie nämlich mit der karolingiſchen Dynaſtie das alte Königthum Stein, die Verwaltungslehre. VII. 7
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0115" n="97"/> Ihre Grundlage iſt die Ausſchließlichkeit des Eigenthumsrechts an dem<lb/> Grund und Boden für die Gemeinde mit periodiſcher Vertheilung an<lb/> die einzelnen Geſchlechter und dem Geſammteigenthum an der unge-<lb/> theilten, übrigbleibenden Gemeinde als Dorfmark, der Allmende, der<lb/> Hutweide; die getheilte Hufe iſt für den Kornbau, die Gemeindeweide<lb/> für die Viehzucht beſtimmt. Gleich Anfangs aber treten zwei Klaſſen<lb/> in dieſer erſten Form der Geſchlechterordnung auf, der freie Bauer<lb/> und die Maſſe der Hörigen, Leute, Laſſen u. ſ. w. Dieſelben haben<lb/> ſchon damals kein Eigenrecht am Grundbeſitz; der Grundbeſitz iſt aus-<lb/> ſchließlich in den Händen der Freien, der herrſchenden Klaſſe. So-<lb/> mit iſt der Grundzug der ganzen germaniſchen Geſellſchaftsordnung<lb/> der Geſchlechter, die <hi rendition="#g">Verſchmelzung des Grundbeſitzes mit<lb/> Freiheit und Herrſchaft</hi> der Klaſſe, bereits mit dem Anfang aller<lb/> germaniſchen Entwicklung gegeben; und an dieſen Punkt knüpft ſich<lb/> nun die ganze folgende Geſchichte der inneren Bewegungen der germa-<lb/> niſchen Völkerſchaften.</p><lb/> <p>Die Völkerwanderung und die damit verbundene Eroberung fügt<lb/> nämlich dieſen beiden Klaſſen eine dritte hinzu. Das iſt die der <hi rendition="#g">Herren</hi>.<lb/> Die Herren entſtehen zum größten Theil aus der Geſammtheit derjenigen,<lb/> denen die Könige die an die Dorfniederlaſſungen nicht vertheilten Grund-<lb/> beſitzungen ſchenkten. Dieſe Herren ſind anfangs unter mannigfachen<lb/> Namen nur Großgrundbeſitzer, jedoch meiſt zugleich die königlichen Heer-<lb/> führer, welche die freien Bauern zum Kriegsdienſt für den König<lb/> zwingen. Allmählig werden ſie, namentlich unter den Karolingern, die<lb/> Stellvertreter des Königs, und mit der Leitung aller öffentlichen An-<lb/> gelegenheiten im Namen des letzteren betraut. Perſönlich ſind ſie nicht<lb/> einmal alle freigeboren; ihre Stellung beruht auf dem Königthum an<lb/> das ſie ſich anſchließen, und auf dem großen Beſitz, den ſie meiſtens<lb/> als <hi rendition="#aq">beneficium</hi> für die gelobte <hi rendition="#aq">fides</hi> vom Könige innehaben. Sie<lb/> ſind aber keineswegs allenthalben vorhanden, ſondern meiſt nur da,<lb/> wo große Domänen zu vergeben waren. Noch iſt von einer Unterdrückung<lb/> der freien Bauern aus der alten Geſchlechterordnung wenig die Rede.<lb/> Die alten Bauerndörfer beſtehen in altem Recht neben und zum Theil<lb/> mitten unter ihnen. Aber ſchon entſteht der Gedanke, daß der Bauer<lb/> dem <hi rendition="#g">Könige</hi> unterworfen ſei. An dieſen Gedanken und jene neue<lb/> Vertheilung des Grundbeſitzes ſchließen ſich nun die bekannten Ereigniſſe<lb/> des Mittelalters, und ſein im Einzelnen unendlich verworrenes, im<lb/> Ganzen dagegen höchſt einfaches Rechtsſyſtem.</p><lb/> <p>Sowie nämlich mit der karolingiſchen Dynaſtie das alte Königthum<lb/> verſchwindet, ſo ſieht jeder der einzelnen Herren ſich als Succeſſor in<lb/> die Rechte und Beſitzthümer deſſelben an, ſo weit er ſie ſelber beſitzt.<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">VII.</hi> 7</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0115]
Ihre Grundlage iſt die Ausſchließlichkeit des Eigenthumsrechts an dem
Grund und Boden für die Gemeinde mit periodiſcher Vertheilung an
die einzelnen Geſchlechter und dem Geſammteigenthum an der unge-
theilten, übrigbleibenden Gemeinde als Dorfmark, der Allmende, der
Hutweide; die getheilte Hufe iſt für den Kornbau, die Gemeindeweide
für die Viehzucht beſtimmt. Gleich Anfangs aber treten zwei Klaſſen
in dieſer erſten Form der Geſchlechterordnung auf, der freie Bauer
und die Maſſe der Hörigen, Leute, Laſſen u. ſ. w. Dieſelben haben
ſchon damals kein Eigenrecht am Grundbeſitz; der Grundbeſitz iſt aus-
ſchließlich in den Händen der Freien, der herrſchenden Klaſſe. So-
mit iſt der Grundzug der ganzen germaniſchen Geſellſchaftsordnung
der Geſchlechter, die Verſchmelzung des Grundbeſitzes mit
Freiheit und Herrſchaft der Klaſſe, bereits mit dem Anfang aller
germaniſchen Entwicklung gegeben; und an dieſen Punkt knüpft ſich
nun die ganze folgende Geſchichte der inneren Bewegungen der germa-
niſchen Völkerſchaften.
Die Völkerwanderung und die damit verbundene Eroberung fügt
nämlich dieſen beiden Klaſſen eine dritte hinzu. Das iſt die der Herren.
Die Herren entſtehen zum größten Theil aus der Geſammtheit derjenigen,
denen die Könige die an die Dorfniederlaſſungen nicht vertheilten Grund-
beſitzungen ſchenkten. Dieſe Herren ſind anfangs unter mannigfachen
Namen nur Großgrundbeſitzer, jedoch meiſt zugleich die königlichen Heer-
führer, welche die freien Bauern zum Kriegsdienſt für den König
zwingen. Allmählig werden ſie, namentlich unter den Karolingern, die
Stellvertreter des Königs, und mit der Leitung aller öffentlichen An-
gelegenheiten im Namen des letzteren betraut. Perſönlich ſind ſie nicht
einmal alle freigeboren; ihre Stellung beruht auf dem Königthum an
das ſie ſich anſchließen, und auf dem großen Beſitz, den ſie meiſtens
als beneficium für die gelobte fides vom Könige innehaben. Sie
ſind aber keineswegs allenthalben vorhanden, ſondern meiſt nur da,
wo große Domänen zu vergeben waren. Noch iſt von einer Unterdrückung
der freien Bauern aus der alten Geſchlechterordnung wenig die Rede.
Die alten Bauerndörfer beſtehen in altem Recht neben und zum Theil
mitten unter ihnen. Aber ſchon entſteht der Gedanke, daß der Bauer
dem Könige unterworfen ſei. An dieſen Gedanken und jene neue
Vertheilung des Grundbeſitzes ſchließen ſich nun die bekannten Ereigniſſe
des Mittelalters, und ſein im Einzelnen unendlich verworrenes, im
Ganzen dagegen höchſt einfaches Rechtsſyſtem.
Sowie nämlich mit der karolingiſchen Dynaſtie das alte Königthum
verſchwindet, ſo ſieht jeder der einzelnen Herren ſich als Succeſſor in
die Rechte und Beſitzthümer deſſelben an, ſo weit er ſie ſelber beſitzt.
Stein, die Verwaltungslehre. VII. 7
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |