Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.eine staatliche Thätigkeit für das Bildungswesen; jedoch ist dieselbe Die neue Staatsgewalt hat daher, wie überhaupt, auch noch nicht Die staatsbürgerliche Gesellschaft nämlich beginnt mit dem sech- eine ſtaatliche Thätigkeit für das Bildungsweſen; jedoch iſt dieſelbe Die neue Staatsgewalt hat daher, wie überhaupt, auch noch nicht Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft nämlich beginnt mit dem ſech- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0059" n="31"/> eine <hi rendition="#g">ſtaatliche</hi> Thätigkeit für das Bildungsweſen; jedoch iſt dieſelbe<lb/> ſehr verſchieden und vielfach unfertig; denn theils will ſie die geiſtigen<lb/> Selbſtverwaltungskörper in ihrer Funktion und ihren Rechten um ſo<lb/> weniger beſchränken, als ſie am Ende erkennt, daß dieſelben im Weſent-<lb/> lichen genügen und eine Aenderung ihrer Rechte keine Beſſerung ihrer<lb/> Thätigkeit enthält; theils aber erhält ſich aus der ſtändiſchen Zeit noch<lb/> das Princip der Grundherrlichkeit, nach welchem der Grundherr die<lb/> örtlich vollziehende Gewalt iſt, und ſich daher mit ſeinem Recht noch<lb/> immer zwiſchen das Geſetz des Staats und ſeine Ausführung ſtellt;<lb/> namentlich im Gebiete des Volkſchulweſens.</p><lb/> <p>Die neue Staatsgewalt hat daher, wie überhaupt, auch noch nicht<lb/> recht die Form der Verwaltung für das Bildungsweſen gefunden, und<lb/> ihre Geſetze ſind in den meiſten Fällen beſſer als ihre Vollziehung.<lb/> Wohl aber hat dieſe Geſetzgebung Einen großen Erfolg. <hi rendition="#g">Sie ſcheidet<lb/> nämlich zuerſt objektiv die drei Grundformen</hi>, indem ſie für<lb/> die Elementarbildung ſpezielle Geſetze der Volksſchulen gibt, in den<lb/> Univerſitäten mit Studienordnungen und Prüfungsreglements aufzu-<lb/> treten beginnt, und für die allgemeine Bildung einerſeits eine Sitten-<lb/> polizei aufſtellt, andererſeits die Preſſe, deren Funktion ſich zu ent-<lb/> falten beginnt, unter die ſpezielle Thätigkeit der Polizei ſtellt, und<lb/> endlich die Benützung der öffentlichen Sammlungen reglementirt. Das<lb/> Bedeutſamſte aber unter dem, was ſie zu leiſten beginnt, iſt ohne<lb/> Zweifel — aber freilich nur noch in Deutſchland — die geſetzliche Ord-<lb/> nung des <hi rendition="#g">Volksſchulweſens</hi>, die ins achtzehnte Jahrhundert fällt.<lb/> Hier iſt der Staat mit ſeiner Verwaltungsthätigkeit das zum großen<lb/> Theil unbewußte Organ des erſten großen Faktors des ſich unwider-<lb/> ſtehlich entwickelnden Bildungsweſens, der entſtehenden ſtaatsbürgerlichen<lb/> Geſellſchaft. Dieſe geht in jener Entwicklung ihren ruhigen Gang fort,<lb/> und ſie iſt es, ohne welche man das, was ſcheinbar nur durch den<lb/> Staat geſchieht, weder überblicken, noch die Geſtalt der geiſtigen Arbeit<lb/> unſeres Jahrhunderts richtig beurtheilen kann. Dieß aber gibt uns den<lb/><hi rendition="#g">Inhalt</hi> des neuen, mit der Staatsgewalt entſtehenden Bildungsweſens.</p><lb/> <p>Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft nämlich beginnt mit dem ſech-<lb/> zehnten Jahrhundert auf allen Punkten des öffentlichen Lebens und<lb/> Rechts lebendig einzugreifen. Sie hat die große Epoche der polizeilichen<lb/> Verwaltung erzeugt, und hat ſie auch <hi rendition="#g">gebraucht</hi>, um ihre eigenen<lb/> Bedingungen durch Mitwirkung der jungen Staatsgewalt für ihre Herr-<lb/> ſchaft im neunzehnten Jahrhundert zu erſchaffen. Man wird ſich dabei<lb/> natürlich keine bewußte Abſicht denken, ſondern vielmehr einen elementaren<lb/> Proceß der Geſchichte. Die Wiſſenſchaft hat dabei nur die Aufgabe,<lb/> dieſem Proceß in ſeinen Elementen zu formuliren. Und das iſt für<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0059]
eine ſtaatliche Thätigkeit für das Bildungsweſen; jedoch iſt dieſelbe
ſehr verſchieden und vielfach unfertig; denn theils will ſie die geiſtigen
Selbſtverwaltungskörper in ihrer Funktion und ihren Rechten um ſo
weniger beſchränken, als ſie am Ende erkennt, daß dieſelben im Weſent-
lichen genügen und eine Aenderung ihrer Rechte keine Beſſerung ihrer
Thätigkeit enthält; theils aber erhält ſich aus der ſtändiſchen Zeit noch
das Princip der Grundherrlichkeit, nach welchem der Grundherr die
örtlich vollziehende Gewalt iſt, und ſich daher mit ſeinem Recht noch
immer zwiſchen das Geſetz des Staats und ſeine Ausführung ſtellt;
namentlich im Gebiete des Volkſchulweſens.
Die neue Staatsgewalt hat daher, wie überhaupt, auch noch nicht
recht die Form der Verwaltung für das Bildungsweſen gefunden, und
ihre Geſetze ſind in den meiſten Fällen beſſer als ihre Vollziehung.
Wohl aber hat dieſe Geſetzgebung Einen großen Erfolg. Sie ſcheidet
nämlich zuerſt objektiv die drei Grundformen, indem ſie für
die Elementarbildung ſpezielle Geſetze der Volksſchulen gibt, in den
Univerſitäten mit Studienordnungen und Prüfungsreglements aufzu-
treten beginnt, und für die allgemeine Bildung einerſeits eine Sitten-
polizei aufſtellt, andererſeits die Preſſe, deren Funktion ſich zu ent-
falten beginnt, unter die ſpezielle Thätigkeit der Polizei ſtellt, und
endlich die Benützung der öffentlichen Sammlungen reglementirt. Das
Bedeutſamſte aber unter dem, was ſie zu leiſten beginnt, iſt ohne
Zweifel — aber freilich nur noch in Deutſchland — die geſetzliche Ord-
nung des Volksſchulweſens, die ins achtzehnte Jahrhundert fällt.
Hier iſt der Staat mit ſeiner Verwaltungsthätigkeit das zum großen
Theil unbewußte Organ des erſten großen Faktors des ſich unwider-
ſtehlich entwickelnden Bildungsweſens, der entſtehenden ſtaatsbürgerlichen
Geſellſchaft. Dieſe geht in jener Entwicklung ihren ruhigen Gang fort,
und ſie iſt es, ohne welche man das, was ſcheinbar nur durch den
Staat geſchieht, weder überblicken, noch die Geſtalt der geiſtigen Arbeit
unſeres Jahrhunderts richtig beurtheilen kann. Dieß aber gibt uns den
Inhalt des neuen, mit der Staatsgewalt entſtehenden Bildungsweſens.
Die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft nämlich beginnt mit dem ſech-
zehnten Jahrhundert auf allen Punkten des öffentlichen Lebens und
Rechts lebendig einzugreifen. Sie hat die große Epoche der polizeilichen
Verwaltung erzeugt, und hat ſie auch gebraucht, um ihre eigenen
Bedingungen durch Mitwirkung der jungen Staatsgewalt für ihre Herr-
ſchaft im neunzehnten Jahrhundert zu erſchaffen. Man wird ſich dabei
natürlich keine bewußte Abſicht denken, ſondern vielmehr einen elementaren
Proceß der Geſchichte. Die Wiſſenſchaft hat dabei nur die Aufgabe,
dieſem Proceß in ſeinen Elementen zu formuliren. Und das iſt für
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |