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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Verwaltungslehre und ihres Rechts. Die Cameralia haben den Ruhm,
das wissenschaftliche Element auch für diese Gebiete festgehalten zu
haben; die Verwaltungslehre hat die Aufgabe, dasselbe zu einem organi-
schen Ganzen systematisch zu entwickeln.

Auf diese Weise beruht nun das System des Lehrplanes für die
(volks- und staats-) wirthschaftliche Fachbildung auf dem Princip, daß
jede Fachbildungsanstalt ihren eigenen Lehrplan habe, daß aber die
höchste wissenschaftliche Einheit nicht etwa in einem Polytechnikum,
sondern in der Verwaltungslehre an den Universitäten liegen muß, die
dann freilich wieder vermöge ihres vielartigen Stoffes einen eigenen
Lehrplan fordert, dessen Basis übrigens einfach ist. Derselbe muß
aus Einem Jahrgang, und kann aus zweien bestehen. Er enthält
Vorlesungen über den allgemeinen Theil, bestehend aus Nationalökonomie,
Statistik und den Institutionen der Verwaltungslehre; es ist gar nichts
dagegen einzuwenden, daß die letzteren im zweiten Semester gehört
werden. Der besondere Theil enthält das positive Verwaltungsrecht
der einzelnen Fächer (z. B. Bergrecht, Baurecht, Maschinenpolizei,
Wasserrecht, Gewerberecht, Forstrecht, geistiges Eigenthumsrecht, Land-
wirthschaftsrecht etwa mit Gesinderecht, daneben die Elemente des
Wechselrechts, des Grundbuchsrechts, des Wegerechts, des Postwesens,
Zollwesens, Münzwesens u. s. w.) in der Weise, daß jeder wirthschaft-
liche Fachmann sein Verwaltungsrecht höre. Die Specialität gerade
dieser Fächer ist von hoher Wichtigkeit; ihren praktischen Werth wird
niemand bestreiten; da jeder nur Ein, höchstens zwei von diesen (kleinen)
Collegien hören wird, so bleibt die Zeit durch Betheiligung an den all-
gemeinen Universitätscollegien den Blick zu erweitern; der Werth dieser
inneren Verbindung mit den letztern ist nicht zweifelhaft; und so wird
gerade auf diese Weise dasjenige auch äußerlich hergestellt, was in der
höheren Natur der Sache liegt, das Aufstellen einer formalen Einheit
des Bildungswesens, welche die innere geistige Einheit zum geltenden
Ausdruck bringt. Die Ausführung des Einzelnen gehört nicht hierher.
Gewiß ist aber, daß nur dadurch auch in das dritte Gebiet endgültige
Klarheit gebracht werden kann, die Studienpflicht und das Prüfungswesen.

Was nun diese beiden Punkte betrifft, so ist es allerdings klar, daß
von einer durchgreifenden Aufstellung derselben wie bei der gelehrten Fach-
bildung keine Rede sein kann; dem widerspricht die Freiheit des wirthschaft-
lichen Berufes. Wo aber dieser Beruf eine öffentliche, selbständige, wirth-
schaftliche Funktion enthält (Schiffer, Forstleute, Bergmänner, Bauleute,
Maschinenbauer), da hat die Verwaltung das Recht und die Aufgabe, ein
Minimum der Berufsbildung zu fordern, als Sicherung des Gesammtinter-
esses, das sich der Benützung dieser bestimmten Personen nicht entziehen

Verwaltungslehre und ihres Rechts. Die Cameralia haben den Ruhm,
das wiſſenſchaftliche Element auch für dieſe Gebiete feſtgehalten zu
haben; die Verwaltungslehre hat die Aufgabe, daſſelbe zu einem organi-
ſchen Ganzen ſyſtematiſch zu entwickeln.

Auf dieſe Weiſe beruht nun das Syſtem des Lehrplanes für die
(volks- und ſtaats-) wirthſchaftliche Fachbildung auf dem Princip, daß
jede Fachbildungsanſtalt ihren eigenen Lehrplan habe, daß aber die
höchſte wiſſenſchaftliche Einheit nicht etwa in einem Polytechnikum,
ſondern in der Verwaltungslehre an den Univerſitäten liegen muß, die
dann freilich wieder vermöge ihres vielartigen Stoffes einen eigenen
Lehrplan fordert, deſſen Baſis übrigens einfach iſt. Derſelbe muß
aus Einem Jahrgang, und kann aus zweien beſtehen. Er enthält
Vorleſungen über den allgemeinen Theil, beſtehend aus Nationalökonomie,
Statiſtik und den Inſtitutionen der Verwaltungslehre; es iſt gar nichts
dagegen einzuwenden, daß die letzteren im zweiten Semeſter gehört
werden. Der beſondere Theil enthält das poſitive Verwaltungsrecht
der einzelnen Fächer (z. B. Bergrecht, Baurecht, Maſchinenpolizei,
Waſſerrecht, Gewerberecht, Forſtrecht, geiſtiges Eigenthumsrecht, Land-
wirthſchaftsrecht etwa mit Geſinderecht, daneben die Elemente des
Wechſelrechts, des Grundbuchsrechts, des Wegerechts, des Poſtweſens,
Zollweſens, Münzweſens u. ſ. w.) in der Weiſe, daß jeder wirthſchaft-
liche Fachmann ſein Verwaltungsrecht höre. Die Specialität gerade
dieſer Fächer iſt von hoher Wichtigkeit; ihren praktiſchen Werth wird
niemand beſtreiten; da jeder nur Ein, höchſtens zwei von dieſen (kleinen)
Collegien hören wird, ſo bleibt die Zeit durch Betheiligung an den all-
gemeinen Univerſitätscollegien den Blick zu erweitern; der Werth dieſer
inneren Verbindung mit den letztern iſt nicht zweifelhaft; und ſo wird
gerade auf dieſe Weiſe dasjenige auch äußerlich hergeſtellt, was in der
höheren Natur der Sache liegt, das Aufſtellen einer formalen Einheit
des Bildungsweſens, welche die innere geiſtige Einheit zum geltenden
Ausdruck bringt. Die Ausführung des Einzelnen gehört nicht hierher.
Gewiß iſt aber, daß nur dadurch auch in das dritte Gebiet endgültige
Klarheit gebracht werden kann, die Studienpflicht und das Prüfungsweſen.

Was nun dieſe beiden Punkte betrifft, ſo iſt es allerdings klar, daß
von einer durchgreifenden Aufſtellung derſelben wie bei der gelehrten Fach-
bildung keine Rede ſein kann; dem widerſpricht die Freiheit des wirthſchaft-
lichen Berufes. Wo aber dieſer Beruf eine öffentliche, ſelbſtändige, wirth-
ſchaftliche Funktion enthält (Schiffer, Forſtleute, Bergmänner, Bauleute,
Maſchinenbauer), da hat die Verwaltung das Recht und die Aufgabe, ein
Minimum der Berufsbildung zu fordern, als Sicherung des Geſammtinter-
eſſes, das ſich der Benützung dieſer beſtimmten Perſonen nicht entziehen

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[275/0303] Verwaltungslehre und ihres Rechts. Die Cameralia haben den Ruhm, das wiſſenſchaftliche Element auch für dieſe Gebiete feſtgehalten zu haben; die Verwaltungslehre hat die Aufgabe, daſſelbe zu einem organi- ſchen Ganzen ſyſtematiſch zu entwickeln. Auf dieſe Weiſe beruht nun das Syſtem des Lehrplanes für die (volks- und ſtaats-) wirthſchaftliche Fachbildung auf dem Princip, daß jede Fachbildungsanſtalt ihren eigenen Lehrplan habe, daß aber die höchſte wiſſenſchaftliche Einheit nicht etwa in einem Polytechnikum, ſondern in der Verwaltungslehre an den Univerſitäten liegen muß, die dann freilich wieder vermöge ihres vielartigen Stoffes einen eigenen Lehrplan fordert, deſſen Baſis übrigens einfach iſt. Derſelbe muß aus Einem Jahrgang, und kann aus zweien beſtehen. Er enthält Vorleſungen über den allgemeinen Theil, beſtehend aus Nationalökonomie, Statiſtik und den Inſtitutionen der Verwaltungslehre; es iſt gar nichts dagegen einzuwenden, daß die letzteren im zweiten Semeſter gehört werden. Der beſondere Theil enthält das poſitive Verwaltungsrecht der einzelnen Fächer (z. B. Bergrecht, Baurecht, Maſchinenpolizei, Waſſerrecht, Gewerberecht, Forſtrecht, geiſtiges Eigenthumsrecht, Land- wirthſchaftsrecht etwa mit Geſinderecht, daneben die Elemente des Wechſelrechts, des Grundbuchsrechts, des Wegerechts, des Poſtweſens, Zollweſens, Münzweſens u. ſ. w.) in der Weiſe, daß jeder wirthſchaft- liche Fachmann ſein Verwaltungsrecht höre. Die Specialität gerade dieſer Fächer iſt von hoher Wichtigkeit; ihren praktiſchen Werth wird niemand beſtreiten; da jeder nur Ein, höchſtens zwei von dieſen (kleinen) Collegien hören wird, ſo bleibt die Zeit durch Betheiligung an den all- gemeinen Univerſitätscollegien den Blick zu erweitern; der Werth dieſer inneren Verbindung mit den letztern iſt nicht zweifelhaft; und ſo wird gerade auf dieſe Weiſe dasjenige auch äußerlich hergeſtellt, was in der höheren Natur der Sache liegt, das Aufſtellen einer formalen Einheit des Bildungsweſens, welche die innere geiſtige Einheit zum geltenden Ausdruck bringt. Die Ausführung des Einzelnen gehört nicht hierher. Gewiß iſt aber, daß nur dadurch auch in das dritte Gebiet endgültige Klarheit gebracht werden kann, die Studienpflicht und das Prüfungsweſen. Was nun dieſe beiden Punkte betrifft, ſo iſt es allerdings klar, daß von einer durchgreifenden Aufſtellung derſelben wie bei der gelehrten Fach- bildung keine Rede ſein kann; dem widerſpricht die Freiheit des wirthſchaft- lichen Berufes. Wo aber dieſer Beruf eine öffentliche, ſelbſtändige, wirth- ſchaftliche Funktion enthält (Schiffer, Forſtleute, Bergmänner, Bauleute, Maſchinenbauer), da hat die Verwaltung das Recht und die Aufgabe, ein Minimum der Berufsbildung zu fordern, als Sicherung des Geſammtinter- eſſes, das ſich der Benützung dieſer beſtimmten Perſonen nicht entziehen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/303>, abgerufen am 22.11.2024.