wie jetzt gemeldt, in Examinibus bestanden." Teutscher Fürsten- Staat Bd. II. Cap. 14. 7.) Damit nun war der Weg betreten, auf welchem die Universitäten Staatsanstalten wurden und die volle amt- liche Härte der polizeilichen Grundsätze auf sie angewendet ward. Natürlich begann aber eben dadurch zugleich der Kampf gegen die Bevor- mundung; bei den Studirenden durch eine immer wachsende Ver- wilderung des Studentenwesens, in der Wissenschaft aber als das erste Auftreten der Universitätsfrage. Schon Justi konnte geradezu die Frage aufwerfen: "Ob Universitäten nothwendig sind"; seine Antwort lautet halb zweifelhaft bejahend, aber mit dem eigenthümlichen Zusatz: "Eine der hauptsächlichsten Ursachen ist, um einen großen Geld-Aus- fluß aus dem Lande zu verhintern" Bd. IX. 37. Hauptst. §. 88 ff. Seine Kritik der deutschen Universitäten (§. 90) ist jedoch wesentlich gegen die Ungebundenheit, ja Roheit der damaligen Studenten ge- richtet; er hält das englische Universitätsleben, als dessen Nachahmung er das Coll. Theresianum in Wien und das Coll. Carolinum in Braun- schwerg bezeichnet, für viel vorzüglicher. In seinem Schmerze über die Verwilderung der Studenten geht ihm die Idee der Universitäten ganz verloren. Auf einem ganz andern, aber eben so niedern Standpunkt steht ein Mann, von dem man eine solche Auffassung am wenigsten hätte erwarten sollen. Das ist Adam Smith. Trotz seiner geist- reichen Auffassung des gesammten Bildungswesens ist ihm doch das Verständniß dessen, was eine deutsche Universität ist und sein kann, nicht geworden. Ihm sind die Universitäten nur Unterrichtsanstalten, deren Werth nach den allgemeinen Principien des gewerblichen Lebens gemessen werden muß. Auch vermag er nicht über die schlechte Univer- sitätswirthschaft Englands wegzusehen. Das erste Kapitel des fünften Buches gehört dem Bildungswesen. Er sagt: "In England sind die öffentlichen Schulen viel weniger verderbt, als die Universitäten." Allein in der Beurtheilung des Lehrwesens der Universitäten fällt er ganz in den Standpunkt der gewerblichen Freiheit. Er ist der erste, der sich ausdrücklich gegen jedes Zwangscollegium ausspricht. "Eine gewisse Anzahl von Studirenden zwingen, irgend eine bestimmte Universität oder Vorlesung zu hören, heißt die Professoren von der Verpflichtung freisprechen, Verdienst oder Ruhm zu erwerben." Die akademischen Grade sind ihm "Privilegien." "Es ist unmöglich, daß die festen Einkünfte der hohen Schulen nicht wenigstens dem Eifer der Lehrer schmeicheln sollten, sich Mühe zu geben;" und "der größte Theil von demjenigen, was man in den Schulen und Universitäten lehrt, erscheint nicht sehr geeignet, diejenigen Leute für den Stand vorzubereiten, den sie ergreifen werden." Ja Adam Smith erklärt sich
wie jetzt gemeldt, in Examinibus beſtanden.“ Teutſcher Fürſten- Staat Bd. II. Cap. 14. 7.) Damit nun war der Weg betreten, auf welchem die Univerſitäten Staatsanſtalten wurden und die volle amt- liche Härte der polizeilichen Grundſätze auf ſie angewendet ward. Natürlich begann aber eben dadurch zugleich der Kampf gegen die Bevor- mundung; bei den Studirenden durch eine immer wachſende Ver- wilderung des Studentenweſens, in der Wiſſenſchaft aber als das erſte Auftreten der Univerſitätsfrage. Schon Juſti konnte geradezu die Frage aufwerfen: „Ob Univerſitäten nothwendig ſind“; ſeine Antwort lautet halb zweifelhaft bejahend, aber mit dem eigenthümlichen Zuſatz: „Eine der hauptſächlichſten Urſachen iſt, um einen großen Geld-Aus- fluß aus dem Lande zu verhintern“ Bd. IX. 37. Hauptſt. §. 88 ff. Seine Kritik der deutſchen Univerſitäten (§. 90) iſt jedoch weſentlich gegen die Ungebundenheit, ja Roheit der damaligen Studenten ge- richtet; er hält das engliſche Univerſitätsleben, als deſſen Nachahmung er das Coll. Theresianum in Wien und das Coll. Carolinum in Braun- ſchwerg bezeichnet, für viel vorzüglicher. In ſeinem Schmerze über die Verwilderung der Studenten geht ihm die Idee der Univerſitäten ganz verloren. Auf einem ganz andern, aber eben ſo niedern Standpunkt ſteht ein Mann, von dem man eine ſolche Auffaſſung am wenigſten hätte erwarten ſollen. Das iſt Adam Smith. Trotz ſeiner geiſt- reichen Auffaſſung des geſammten Bildungsweſens iſt ihm doch das Verſtändniß deſſen, was eine deutſche Univerſität iſt und ſein kann, nicht geworden. Ihm ſind die Univerſitäten nur Unterrichtsanſtalten, deren Werth nach den allgemeinen Principien des gewerblichen Lebens gemeſſen werden muß. Auch vermag er nicht über die ſchlechte Univer- ſitätswirthſchaft Englands wegzuſehen. Das erſte Kapitel des fünften Buches gehört dem Bildungsweſen. Er ſagt: „In England ſind die öffentlichen Schulen viel weniger verderbt, als die Univerſitäten.“ Allein in der Beurtheilung des Lehrweſens der Univerſitäten fällt er ganz in den Standpunkt der gewerblichen Freiheit. Er iſt der erſte, der ſich ausdrücklich gegen jedes Zwangscollegium ausſpricht. „Eine gewiſſe Anzahl von Studirenden zwingen, irgend eine beſtimmte Univerſität oder Vorleſung zu hören, heißt die Profeſſoren von der Verpflichtung freiſprechen, Verdienſt oder Ruhm zu erwerben.“ Die akademiſchen Grade ſind ihm „Privilegien.“ „Es iſt unmöglich, daß die feſten Einkünfte der hohen Schulen nicht wenigſtens dem Eifer der Lehrer ſchmeicheln ſollten, ſich Mühe zu geben;“ und „der größte Theil von demjenigen, was man in den Schulen und Univerſitäten lehrt, erſcheint nicht ſehr geeignet, diejenigen Leute für den Stand vorzubereiten, den ſie ergreifen werden.“ Ja Adam Smith erklärt ſich
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wie jetzt gemeldt, in Examinibus beſtanden.“ Teutſcher Fürſten-
Staat Bd. II. Cap. 14. 7.) Damit nun war der Weg betreten, auf
welchem die Univerſitäten Staatsanſtalten wurden und die volle amt-
liche Härte der polizeilichen Grundſätze auf ſie angewendet ward.
Natürlich begann aber eben dadurch zugleich der Kampf gegen die Bevor-
mundung; bei den Studirenden durch eine immer wachſende Ver-
wilderung des Studentenweſens, in der Wiſſenſchaft aber als das erſte
Auftreten der Univerſitätsfrage. Schon Juſti konnte geradezu die
Frage aufwerfen: „Ob Univerſitäten nothwendig ſind“; ſeine Antwort
lautet halb zweifelhaft bejahend, aber mit dem eigenthümlichen Zuſatz:
„Eine der hauptſächlichſten Urſachen iſt, um einen großen Geld-Aus-
fluß aus dem Lande zu verhintern“ Bd. IX. 37. Hauptſt. §. 88 ff.
Seine Kritik der deutſchen Univerſitäten (§. 90) iſt jedoch weſentlich
gegen die Ungebundenheit, ja Roheit der damaligen Studenten ge-
richtet; er hält das engliſche Univerſitätsleben, als deſſen Nachahmung
er das Coll. Theresianum in Wien und das Coll. Carolinum in Braun-
ſchwerg bezeichnet, für viel vorzüglicher. In ſeinem Schmerze über die
Verwilderung der Studenten geht ihm die Idee der Univerſitäten ganz
verloren. Auf einem ganz andern, aber eben ſo niedern Standpunkt
ſteht ein Mann, von dem man eine ſolche Auffaſſung am wenigſten
hätte erwarten ſollen. Das iſt Adam Smith. Trotz ſeiner geiſt-
reichen Auffaſſung des geſammten Bildungsweſens iſt ihm doch das
Verſtändniß deſſen, was eine deutſche Univerſität iſt und ſein kann,
nicht geworden. Ihm ſind die Univerſitäten nur Unterrichtsanſtalten,
deren Werth nach den allgemeinen Principien des gewerblichen Lebens
gemeſſen werden muß. Auch vermag er nicht über die ſchlechte Univer-
ſitätswirthſchaft Englands wegzuſehen. Das erſte Kapitel des fünften
Buches gehört dem Bildungsweſen. Er ſagt: „In England ſind
die öffentlichen Schulen viel weniger verderbt, als die Univerſitäten.“
Allein in der Beurtheilung des Lehrweſens der Univerſitäten fällt er
ganz in den Standpunkt der gewerblichen Freiheit. Er iſt der erſte,
der ſich ausdrücklich gegen jedes Zwangscollegium ausſpricht. „Eine
gewiſſe Anzahl von Studirenden zwingen, irgend eine beſtimmte
Univerſität oder Vorleſung zu hören, heißt die Profeſſoren von der
Verpflichtung freiſprechen, Verdienſt oder Ruhm zu erwerben.“ Die
akademiſchen Grade ſind ihm „Privilegien.“ „Es iſt unmöglich, daß
die feſten Einkünfte der hohen Schulen nicht wenigſtens dem Eifer
der Lehrer ſchmeicheln ſollten, ſich Mühe zu geben;“ und „der größte
Theil von demjenigen, was man in den Schulen und Univerſitäten
lehrt, erſcheint nicht ſehr geeignet, diejenigen Leute für den Stand
vorzubereiten, den ſie ergreifen werden.“ Ja Adam Smith erklärt ſich
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/259>, abgerufen am 22.11.2024.
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