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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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nicht wie in Frankreich, Sache der Behörde unter Vorlage an die Ge-
meinde. Uebrigens sind diese Verhältnisse nirgends gehörig zusam-
mengestellt. In den einzelnen Staaten gilt folgendes.

Preußens Schulrecht (im obigen Sinn) leidet in seiner Klarheit
darunter, daß die Verpflichtung des Staats, für genügende Schulan-
anstalten zu sorgen, allerdings durch die Verfassung von 1850 aner-
kannt, aber in ihrer Ausführung noch immer nicht durch ein allgemeines
Schulgesetz geordnet ist. Princip ist jedoch nach Art. 25, daß zu-
nächst
die Gemeinde, der Staat erst in zweiter Linie zu Herstellung
der Schulen verpflichtet ist. In Gemäßheit dieser leitenden Grundsätze
ist die Schulgemeinde eine selbständige Corporation, welche für jede
einzelne Schule eine selbständige "Societät" bildet (also eigentlich eine
Verwaltungsgemeinde für die Elementarschule). Die Schullast ist schon
seit dem Allgemeinen Landrecht II. S. 12, 29--38 eine Last dieser So-
cietät, ertheilt "nach Verhältniß der Besitzungen und Nahrungen" §. 31.
Das Verhältniß der alten Grundherren erst 1855 nach dem Einkommen
bestimmt. Minimalsätze sind noch nicht allgemein bestimmt; ebenso
ist die Pflicht des Staats zur Unterstützung nicht organisirt, jedoch
werden dieselben erforderlichen Falles regelmäßig bewilligt. Rönne
hat diese Verhältnisse sehr gut zusammengefaßt in seinem Staatsrecht I.
§. 201. Das Schulgeld ist Gegenstand heftiger Controversen. Früher
fast allgemein, ist es zwar durch die Verfassung von 1850 (Art. 25) auf-
gehoben, besteht aber nicht nur fort, sondern ward ausdrücklich als das
"naturgemäßeste Emolument der Lehrerbesoldung" anerkannt. (Circ.
vom 6. März 1852.) Regulirung desselben durch die Regierungen,
Erhebung durch die Gemeinden. Schulhaus und Lehrerwohnung
durch die Societät herzustellen, schon nach dem Allgemeinen Landrecht
a. a. O. §. 31. Die Verwaltung geschieht durch die Schuldeputationen,
die wieder theils unter den "Patronen" der ständischen, theils unter
den "Landräthen" der polizeilichen Epoche stehen. Auch hier sehr genaue
Vorschriften. Im Ganzen hat jedoch bei aller principiellen Gleichheit
noch immer jede Provinz ihr Schulrecht (s. Ebmeyer, Rechtsver-
hältnisse der preußischen Elementarschule 1861; Rönne, Unterrichts-
wesen Bd. I. Desselben Staatsrecht I. §. 201 und II. §. 445).

Oesterreich. Schulhäuser früher gemeinschaftlich durch die
"Patrone" und Gemeinden, jetzt durch Grundsteuerzuschläge (Erlaß
vom 3. September 1849.) Genaue Vorschriften über die Errichtung und
Erhaltung der Schulen schon seit der Verfügung von 1805. Die sog.
"Schul-Concurrenz" s. bei Ficker a. a. O. S. 244 ff.; die Gesetze
seit 1848; Darstellung S. 294 ff. In jeder Gemeinde soll mindestens
eine Gemeindeschule bei 100 schulpflichtigen Kindern sein. Gehalt

nicht wie in Frankreich, Sache der Behörde unter Vorlage an die Ge-
meinde. Uebrigens ſind dieſe Verhältniſſe nirgends gehörig zuſam-
mengeſtellt. In den einzelnen Staaten gilt folgendes.

Preußens Schulrecht (im obigen Sinn) leidet in ſeiner Klarheit
darunter, daß die Verpflichtung des Staats, für genügende Schulan-
anſtalten zu ſorgen, allerdings durch die Verfaſſung von 1850 aner-
kannt, aber in ihrer Ausführung noch immer nicht durch ein allgemeines
Schulgeſetz geordnet iſt. Princip iſt jedoch nach Art. 25, daß zu-
nächſt
die Gemeinde, der Staat erſt in zweiter Linie zu Herſtellung
der Schulen verpflichtet iſt. In Gemäßheit dieſer leitenden Grundſätze
iſt die Schulgemeinde eine ſelbſtändige Corporation, welche für jede
einzelne Schule eine ſelbſtändige „Societät“ bildet (alſo eigentlich eine
Verwaltungsgemeinde für die Elementarſchule). Die Schullaſt iſt ſchon
ſeit dem Allgemeinen Landrecht II. S. 12, 29—38 eine Laſt dieſer So-
cietät, ertheilt „nach Verhältniß der Beſitzungen und Nahrungen“ §. 31.
Das Verhältniß der alten Grundherren erſt 1855 nach dem Einkommen
beſtimmt. Minimalſätze ſind noch nicht allgemein beſtimmt; ebenſo
iſt die Pflicht des Staats zur Unterſtützung nicht organiſirt, jedoch
werden dieſelben erforderlichen Falles regelmäßig bewilligt. Rönne
hat dieſe Verhältniſſe ſehr gut zuſammengefaßt in ſeinem Staatsrecht I.
§. 201. Das Schulgeld iſt Gegenſtand heftiger Controverſen. Früher
faſt allgemein, iſt es zwar durch die Verfaſſung von 1850 (Art. 25) auf-
gehoben, beſteht aber nicht nur fort, ſondern ward ausdrücklich als das
„naturgemäßeſte Emolument der Lehrerbeſoldung“ anerkannt. (Circ.
vom 6. März 1852.) Regulirung deſſelben durch die Regierungen,
Erhebung durch die Gemeinden. Schulhaus und Lehrerwohnung
durch die Societät herzuſtellen, ſchon nach dem Allgemeinen Landrecht
a. a. O. §. 31. Die Verwaltung geſchieht durch die Schuldeputationen,
die wieder theils unter den „Patronen“ der ſtändiſchen, theils unter
den „Landräthen“ der polizeilichen Epoche ſtehen. Auch hier ſehr genaue
Vorſchriften. Im Ganzen hat jedoch bei aller principiellen Gleichheit
noch immer jede Provinz ihr Schulrecht (ſ. Ebmeyer, Rechtsver-
hältniſſe der preußiſchen Elementarſchule 1861; Rönne, Unterrichts-
weſen Bd. I. Deſſelben Staatsrecht I. §. 201 und II. §. 445).

Oeſterreich. Schulhäuſer früher gemeinſchaftlich durch die
„Patrone“ und Gemeinden, jetzt durch Grundſteuerzuſchläge (Erlaß
vom 3. September 1849.) Genaue Vorſchriften über die Errichtung und
Erhaltung der Schulen ſchon ſeit der Verfügung von 1805. Die ſog.
„Schul-Concurrenz“ ſ. bei Ficker a. a. O. S. 244 ff.; die Geſetze
ſeit 1848; Darſtellung S. 294 ff. In jeder Gemeinde ſoll mindeſtens
eine Gemeindeſchule bei 100 ſchulpflichtigen Kindern ſein. Gehalt

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[126/0154] nicht wie in Frankreich, Sache der Behörde unter Vorlage an die Ge- meinde. Uebrigens ſind dieſe Verhältniſſe nirgends gehörig zuſam- mengeſtellt. In den einzelnen Staaten gilt folgendes. Preußens Schulrecht (im obigen Sinn) leidet in ſeiner Klarheit darunter, daß die Verpflichtung des Staats, für genügende Schulan- anſtalten zu ſorgen, allerdings durch die Verfaſſung von 1850 aner- kannt, aber in ihrer Ausführung noch immer nicht durch ein allgemeines Schulgeſetz geordnet iſt. Princip iſt jedoch nach Art. 25, daß zu- nächſt die Gemeinde, der Staat erſt in zweiter Linie zu Herſtellung der Schulen verpflichtet iſt. In Gemäßheit dieſer leitenden Grundſätze iſt die Schulgemeinde eine ſelbſtändige Corporation, welche für jede einzelne Schule eine ſelbſtändige „Societät“ bildet (alſo eigentlich eine Verwaltungsgemeinde für die Elementarſchule). Die Schullaſt iſt ſchon ſeit dem Allgemeinen Landrecht II. S. 12, 29—38 eine Laſt dieſer So- cietät, ertheilt „nach Verhältniß der Beſitzungen und Nahrungen“ §. 31. Das Verhältniß der alten Grundherren erſt 1855 nach dem Einkommen beſtimmt. Minimalſätze ſind noch nicht allgemein beſtimmt; ebenſo iſt die Pflicht des Staats zur Unterſtützung nicht organiſirt, jedoch werden dieſelben erforderlichen Falles regelmäßig bewilligt. Rönne hat dieſe Verhältniſſe ſehr gut zuſammengefaßt in ſeinem Staatsrecht I. §. 201. Das Schulgeld iſt Gegenſtand heftiger Controverſen. Früher faſt allgemein, iſt es zwar durch die Verfaſſung von 1850 (Art. 25) auf- gehoben, beſteht aber nicht nur fort, ſondern ward ausdrücklich als das „naturgemäßeſte Emolument der Lehrerbeſoldung“ anerkannt. (Circ. vom 6. März 1852.) Regulirung deſſelben durch die Regierungen, Erhebung durch die Gemeinden. Schulhaus und Lehrerwohnung durch die Societät herzuſtellen, ſchon nach dem Allgemeinen Landrecht a. a. O. §. 31. Die Verwaltung geſchieht durch die Schuldeputationen, die wieder theils unter den „Patronen“ der ſtändiſchen, theils unter den „Landräthen“ der polizeilichen Epoche ſtehen. Auch hier ſehr genaue Vorſchriften. Im Ganzen hat jedoch bei aller principiellen Gleichheit noch immer jede Provinz ihr Schulrecht (ſ. Ebmeyer, Rechtsver- hältniſſe der preußiſchen Elementarſchule 1861; Rönne, Unterrichts- weſen Bd. I. Deſſelben Staatsrecht I. §. 201 und II. §. 445). Oeſterreich. Schulhäuſer früher gemeinſchaftlich durch die „Patrone“ und Gemeinden, jetzt durch Grundſteuerzuſchläge (Erlaß vom 3. September 1849.) Genaue Vorſchriften über die Errichtung und Erhaltung der Schulen ſchon ſeit der Verfügung von 1805. Die ſog. „Schul-Concurrenz“ ſ. bei Ficker a. a. O. S. 244 ff.; die Geſetze ſeit 1848; Darſtellung S. 294 ff. In jeder Gemeinde ſoll mindeſtens eine Gemeindeſchule bei 100 ſchulpflichtigen Kindern ſein. Gehalt

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/154>, abgerufen am 25.11.2024.