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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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dem peinlichen Strafrecht und Strafproceß nicht ein Verwaltungsstraf-
recht und Verfahren geben wird.

2) Das polizeiliche Hausrecht.

Nachdem wir nunmehr die polizeiliche Verhaftung von der gericht-
lichen geschieden, wird es leicht sein, auf derselben Grundlage das Recht
der Hausdurchsuchung in seinen zwei Formen zu bestimmen.

Das Betreten des Hauses hat als Beschränkung der persönlichen
Freiheit einen andern Charakter als die Verhaftung; da nämlich bei
ihr natürlich das Moment der Flucht ganz und die der handhaften
That und der Collusion zum Theil wegfallen, so folgt schon im Allge-
meinen, daß die Beschränkung des polizeilichen Betretens eines Hauses
viel größer sein muß als die der Verhaftung. Während es daher un-
zweifelhaft ist, daß das Gericht unbedingt das Recht hat, das Betreten
eines Hauses durch seinen Befehl zu erwirken, entsteht daher die Frage,
ob überhaupt die Polizei ohne einen solchen Befehl das Recht haben
solle, nach ihrem Ermessen in das Haus einzudringen.

Die aus dem englischen Recht stammende Regel, daß "mein Haus
meine Burg" sein solle, hat nun durch den Mangel durchgreifender
Unterscheidung zwischen gerichtlichem und polizeilichem Hausrecht viel
Unklarheit hervorgerufen. Dennoch ist das System des letzteren im
Grunde ein sehr einfaches.

Das gerichtliche Hausrecht haben wir wohl nunmehr unbestritten
den Strafproceßordnungen zu überlassen. Wir bemerken nur, daß das
Verfahren bei dem Eindringen in das Haus etwas anderes ist als das
Verfahren innerhalb des Hauses, dessen Charakter durch das Recht der
Beschlagnahme (s. unten) gegeben ist.

Das polizeiliche Hausrecht ist dagegen das Recht der Polizei, nach
eigenem Ermessen mit amtlicher Gewalt Einlaß in ein Haus zu fordern.

Wenn es bei diesem polizeilichen Hausrecht einerseits klar ist, daß
dieß Eindringen niemals der zufälligen und willkürlichen Ansicht des
Polizeiorganes überlassen werden kann, ohne die Freiheit des Indivi-
duums ernstlich zu gefährden, so ist andererseits nicht weniger klar,
daß man das polizeiliche Eindringen auch nicht allein auf den Fall
eines gerichtlichen Befehles absolut beschränken kann, ohne die Sicher-
heit in Gefahr zu bringen. Während daher die Vorstellung von dem
freien Hausrecht mit dem unbezweifelten Recht des Gerichts, das Be-
treten eines Hauses zu befehlen, gar nichts zu thun hat, besteht die
rechtliche Freiheit des Hauses demnach 1) in den rechtlichen Bedin-
gungen
, unter denen die Polizei nach ihrem Ermessen auch

dem peinlichen Strafrecht und Strafproceß nicht ein Verwaltungsſtraf-
recht und Verfahren geben wird.

2) Das polizeiliche Hausrecht.

Nachdem wir nunmehr die polizeiliche Verhaftung von der gericht-
lichen geſchieden, wird es leicht ſein, auf derſelben Grundlage das Recht
der Hausdurchſuchung in ſeinen zwei Formen zu beſtimmen.

Das Betreten des Hauſes hat als Beſchränkung der perſönlichen
Freiheit einen andern Charakter als die Verhaftung; da nämlich bei
ihr natürlich das Moment der Flucht ganz und die der handhaften
That und der Colluſion zum Theil wegfallen, ſo folgt ſchon im Allge-
meinen, daß die Beſchränkung des polizeilichen Betretens eines Hauſes
viel größer ſein muß als die der Verhaftung. Während es daher un-
zweifelhaft iſt, daß das Gericht unbedingt das Recht hat, das Betreten
eines Hauſes durch ſeinen Befehl zu erwirken, entſteht daher die Frage,
ob überhaupt die Polizei ohne einen ſolchen Befehl das Recht haben
ſolle, nach ihrem Ermeſſen in das Haus einzudringen.

Die aus dem engliſchen Recht ſtammende Regel, daß „mein Haus
meine Burg“ ſein ſolle, hat nun durch den Mangel durchgreifender
Unterſcheidung zwiſchen gerichtlichem und polizeilichem Hausrecht viel
Unklarheit hervorgerufen. Dennoch iſt das Syſtem des letzteren im
Grunde ein ſehr einfaches.

Das gerichtliche Hausrecht haben wir wohl nunmehr unbeſtritten
den Strafproceßordnungen zu überlaſſen. Wir bemerken nur, daß das
Verfahren bei dem Eindringen in das Haus etwas anderes iſt als das
Verfahren innerhalb des Hauſes, deſſen Charakter durch das Recht der
Beſchlagnahme (ſ. unten) gegeben iſt.

Das polizeiliche Hausrecht iſt dagegen das Recht der Polizei, nach
eigenem Ermeſſen mit amtlicher Gewalt Einlaß in ein Haus zu fordern.

Wenn es bei dieſem polizeilichen Hausrecht einerſeits klar iſt, daß
dieß Eindringen niemals der zufälligen und willkürlichen Anſicht des
Polizeiorganes überlaſſen werden kann, ohne die Freiheit des Indivi-
duums ernſtlich zu gefährden, ſo iſt andererſeits nicht weniger klar,
daß man das polizeiliche Eindringen auch nicht allein auf den Fall
eines gerichtlichen Befehles abſolut beſchränken kann, ohne die Sicher-
heit in Gefahr zu bringen. Während daher die Vorſtellung von dem
freien Hausrecht mit dem unbezweifelten Recht des Gerichts, das Be-
treten eines Hauſes zu befehlen, gar nichts zu thun hat, beſteht die
rechtliche Freiheit des Hauſes demnach 1) in den rechtlichen Bedin-
gungen
, unter denen die Polizei nach ihrem Ermeſſen auch

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[151/0173] dem peinlichen Strafrecht und Strafproceß nicht ein Verwaltungsſtraf- recht und Verfahren geben wird. 2) Das polizeiliche Hausrecht. Nachdem wir nunmehr die polizeiliche Verhaftung von der gericht- lichen geſchieden, wird es leicht ſein, auf derſelben Grundlage das Recht der Hausdurchſuchung in ſeinen zwei Formen zu beſtimmen. Das Betreten des Hauſes hat als Beſchränkung der perſönlichen Freiheit einen andern Charakter als die Verhaftung; da nämlich bei ihr natürlich das Moment der Flucht ganz und die der handhaften That und der Colluſion zum Theil wegfallen, ſo folgt ſchon im Allge- meinen, daß die Beſchränkung des polizeilichen Betretens eines Hauſes viel größer ſein muß als die der Verhaftung. Während es daher un- zweifelhaft iſt, daß das Gericht unbedingt das Recht hat, das Betreten eines Hauſes durch ſeinen Befehl zu erwirken, entſteht daher die Frage, ob überhaupt die Polizei ohne einen ſolchen Befehl das Recht haben ſolle, nach ihrem Ermeſſen in das Haus einzudringen. Die aus dem engliſchen Recht ſtammende Regel, daß „mein Haus meine Burg“ ſein ſolle, hat nun durch den Mangel durchgreifender Unterſcheidung zwiſchen gerichtlichem und polizeilichem Hausrecht viel Unklarheit hervorgerufen. Dennoch iſt das Syſtem des letzteren im Grunde ein ſehr einfaches. Das gerichtliche Hausrecht haben wir wohl nunmehr unbeſtritten den Strafproceßordnungen zu überlaſſen. Wir bemerken nur, daß das Verfahren bei dem Eindringen in das Haus etwas anderes iſt als das Verfahren innerhalb des Hauſes, deſſen Charakter durch das Recht der Beſchlagnahme (ſ. unten) gegeben iſt. Das polizeiliche Hausrecht iſt dagegen das Recht der Polizei, nach eigenem Ermeſſen mit amtlicher Gewalt Einlaß in ein Haus zu fordern. Wenn es bei dieſem polizeilichen Hausrecht einerſeits klar iſt, daß dieß Eindringen niemals der zufälligen und willkürlichen Anſicht des Polizeiorganes überlaſſen werden kann, ohne die Freiheit des Indivi- duums ernſtlich zu gefährden, ſo iſt andererſeits nicht weniger klar, daß man das polizeiliche Eindringen auch nicht allein auf den Fall eines gerichtlichen Befehles abſolut beſchränken kann, ohne die Sicher- heit in Gefahr zu bringen. Während daher die Vorſtellung von dem freien Hausrecht mit dem unbezweifelten Recht des Gerichts, das Be- treten eines Hauſes zu befehlen, gar nichts zu thun hat, beſteht die rechtliche Freiheit des Hauſes demnach 1) in den rechtlichen Bedin- gungen, unter denen die Polizei nach ihrem Ermeſſen auch

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/173>, abgerufen am 09.11.2024.