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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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Denn während in England sich der Einzelne selbst gegen den nahe
liegenden Amtsmißbrauch durch jene Klage schützt, sucht auf dem Con-
tinent das Recht der polizeilichen Haft ihn gesetzlich zu schützen; dafür
aber ist das Recht der Privatklage beseitigt, und die künftige Rechts-
bildung Europas wird zur Aufgabe haben, beide Principien in an-
gemessener Form zu vereinigen.

Das continentale Verhaftungsrecht der Polizei beginnt mit der
französischen Constitution vom 3. Sept. 1791 auf Grundlage der Decl.
des droits.
Und da die ganze folgende Rechtsbildung auf diesen Be-
stimmungen beruht, und nur eine mehr oder weniger klare Entwicklung
derselben ist, so dürfen wir sie hierhersetzen, um so mehr, als die Theorie
gewöhnlich bei dem Code d'Instr. Crim. stehen bleibt, der nur in an-
derer Form dasselbe gesagt hat. Die betreffenden Stellen lauten:
Chap. V. Du pouvoir judiciaire. Art. 10. Nul homme ne peut etre
saisi
(polizeiliche Vorführung) que pour etre conduit devant l'officier
de police; et nul ne peut etre mis en arrestation ou detenu

(Verhaftung und Verwahrung) qu'en vertu d'un mandat des officiers
de policc
(polizeilicher Verhaftungs- und Vorführungsbefehl) oder eines
gerichtlichen Befehls: d'une ordonnance de prise de corps d'un
tribunal, d'un decret d'accusation du corps legislatif ou d'un
jugement de condemnation a prison ou detention correctionnelle.
Art. 11. Tout homme saisi et conduit devant l'officier de police
sera examine sur le champ ou au plus tard, dans les vingt-
quatre heures
. S'il resulte de l'examen qu'il n'y a aucun sujet
d'inculpation contre lui, il sera remis aussitot en liberte; ou s'il
y a lieu de l'envoyer a la maison d'arret, il y sera conduit dans
le plus bref delai, qui en aucun cas, ne pourra exceder trois
jours
. Art. 12. Nul homme arrete ne peut etre retenu, s'il donne
caution suffisante, dans tous les cas ou la loi permet de rester libre
sous cautionnement.
Folgen die trefflichen Bestimmungen über die
Aufnahme in die Gefängnisse: daß jeder Wächter eine Person nur gegen
Vorzeigung eines Haftbefehls aufnehmen, und die betreffende Person
dem Vorstande des Gefängnisses vorführen soll, die allerdings schon
dem Strafverfahren angehören. Unserer Ansicht nach ist eine bessere
Bestimmung über die polizeiliche Haft und das Verfahren nirgends auf-
gestellt. Die folgende Gesetzgebung hat nur mehr Schärfe in die ein-
zelnen Momente des letztern hineingebracht. Das allgemeine Haftungs-
recht der Polizei für unberechtigte Verhaftung ward dann im Code
Penal
119. 120 und Code d'Instr. Crim. 113--126 genauer als
Strafe für detentions illegales und arbitraires ausgeführt, und das
Recht der polizeilichen Verhaftung der Gendarmerie zugesprochen. (Gesetz

Denn während in England ſich der Einzelne ſelbſt gegen den nahe
liegenden Amtsmißbrauch durch jene Klage ſchützt, ſucht auf dem Con-
tinent das Recht der polizeilichen Haft ihn geſetzlich zu ſchützen; dafür
aber iſt das Recht der Privatklage beſeitigt, und die künftige Rechts-
bildung Europas wird zur Aufgabe haben, beide Principien in an-
gemeſſener Form zu vereinigen.

Das continentale Verhaftungsrecht der Polizei beginnt mit der
franzöſiſchen Conſtitution vom 3. Sept. 1791 auf Grundlage der Decl.
des droits.
Und da die ganze folgende Rechtsbildung auf dieſen Be-
ſtimmungen beruht, und nur eine mehr oder weniger klare Entwicklung
derſelben iſt, ſo dürfen wir ſie hierherſetzen, um ſo mehr, als die Theorie
gewöhnlich bei dem Code d’Instr. Crim. ſtehen bleibt, der nur in an-
derer Form daſſelbe geſagt hat. Die betreffenden Stellen lauten:
Chap. V. Du pouvoir judiciaire. Art. 10. Nul homme ne peut être
saisi
(polizeiliche Vorführung) que pour être conduit devant l’officier
de police; et nul ne peut être mis en arrestation ou déténu

(Verhaftung und Verwahrung) qu’en vertu d’un mandat des officiers
de policc
(polizeilicher Verhaftungs- und Vorführungsbefehl) oder eines
gerichtlichen Befehls: d’une ordonnance de prise de corps d’un
tribunal, d’un decret d’accusation du corps législatif ou d’un
jugement de condemnation à prison ou détention correctionnelle.
Art. 11. Tout homme saisi et conduit devant l’officier de police
sera examiné sur le champ ou au plus tard, dans les vingt-
quatre heures
. S’il résulte de l’éxamen qu’il n’y a aucun sujet
d’inculpation contre lui, il sera remis aussitôt en liberté; ou s’il
y a lieu de l’envoyer à la maison d’arrêt, il y sera conduit dans
le plus bref délai, qui en aucun cas, ne pourra excèder trois
jours
. Art. 12. Nul homme arrêté ne peut être rétenu, s’il donne
caution suffisante, dans tous les cas ou la loi permet de rester libre
sous cautionnement.
Folgen die trefflichen Beſtimmungen über die
Aufnahme in die Gefängniſſe: daß jeder Wächter eine Perſon nur gegen
Vorzeigung eines Haftbefehls aufnehmen, und die betreffende Perſon
dem Vorſtande des Gefängniſſes vorführen ſoll, die allerdings ſchon
dem Strafverfahren angehören. Unſerer Anſicht nach iſt eine beſſere
Beſtimmung über die polizeiliche Haft und das Verfahren nirgends auf-
geſtellt. Die folgende Geſetzgebung hat nur mehr Schärfe in die ein-
zelnen Momente des letztern hineingebracht. Das allgemeine Haftungs-
recht der Polizei für unberechtigte Verhaftung ward dann im Code
Pénal
119. 120 und Code d’Instr. Crim. 113—126 genauer als
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Recht der polizeilichen Verhaftung der Gendarmerie zugeſprochen. (Geſetz

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[146/0168] Denn während in England ſich der Einzelne ſelbſt gegen den nahe liegenden Amtsmißbrauch durch jene Klage ſchützt, ſucht auf dem Con- tinent das Recht der polizeilichen Haft ihn geſetzlich zu ſchützen; dafür aber iſt das Recht der Privatklage beſeitigt, und die künftige Rechts- bildung Europas wird zur Aufgabe haben, beide Principien in an- gemeſſener Form zu vereinigen. Das continentale Verhaftungsrecht der Polizei beginnt mit der franzöſiſchen Conſtitution vom 3. Sept. 1791 auf Grundlage der Decl. des droits. Und da die ganze folgende Rechtsbildung auf dieſen Be- ſtimmungen beruht, und nur eine mehr oder weniger klare Entwicklung derſelben iſt, ſo dürfen wir ſie hierherſetzen, um ſo mehr, als die Theorie gewöhnlich bei dem Code d’Instr. Crim. ſtehen bleibt, der nur in an- derer Form daſſelbe geſagt hat. Die betreffenden Stellen lauten: Chap. V. Du pouvoir judiciaire. Art. 10. Nul homme ne peut être saisi (polizeiliche Vorführung) que pour être conduit devant l’officier de police; et nul ne peut être mis en arrestation ou déténu (Verhaftung und Verwahrung) qu’en vertu d’un mandat des officiers de policc (polizeilicher Verhaftungs- und Vorführungsbefehl) oder eines gerichtlichen Befehls: d’une ordonnance de prise de corps d’un tribunal, d’un decret d’accusation du corps législatif ou d’un jugement de condemnation à prison ou détention correctionnelle. Art. 11. Tout homme saisi et conduit devant l’officier de police sera examiné sur le champ ou au plus tard, dans les vingt- quatre heures. S’il résulte de l’éxamen qu’il n’y a aucun sujet d’inculpation contre lui, il sera remis aussitôt en liberté; ou s’il y a lieu de l’envoyer à la maison d’arrêt, il y sera conduit dans le plus bref délai, qui en aucun cas, ne pourra excèder trois jours. Art. 12. Nul homme arrêté ne peut être rétenu, s’il donne caution suffisante, dans tous les cas ou la loi permet de rester libre sous cautionnement. Folgen die trefflichen Beſtimmungen über die Aufnahme in die Gefängniſſe: daß jeder Wächter eine Perſon nur gegen Vorzeigung eines Haftbefehls aufnehmen, und die betreffende Perſon dem Vorſtande des Gefängniſſes vorführen ſoll, die allerdings ſchon dem Strafverfahren angehören. Unſerer Anſicht nach iſt eine beſſere Beſtimmung über die polizeiliche Haft und das Verfahren nirgends auf- geſtellt. Die folgende Geſetzgebung hat nur mehr Schärfe in die ein- zelnen Momente des letztern hineingebracht. Das allgemeine Haftungs- recht der Polizei für unberechtigte Verhaftung ward dann im Code Pénal 119. 120 und Code d’Instr. Crim. 113—126 genauer als Strafe für détentions illegales und arbitraires ausgeführt, und das Recht der polizeilichen Verhaftung der Gendarmerie zugeſprochen. (Geſetz

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/168>, abgerufen am 23.11.2024.