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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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sich als gemeingefährlich anerkannt werden muß, sei es, daß dieselbe
durch Affiliation, sei es durch andere Verbindungsformen ausgeübt wird.
Hier tritt die Funktion der höheren Sicherheitspolizei ein, welche solche
Affiliationen zu hindern, eventuell zu entdecken hat; sowie dieß letztere
aber geschehen ist, hat sie die Betreffenden dem Gerichte zu übergeben.

Viertens endlich kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die
höhere Sicherheitspolizei das Recht haben muß, durch polizeiliche Ver-
fügungen die einzelnen Versammlungen solcher Vereine aufzuheben,
und sogar ohne gerichtliche Intervention die gesammte Thätigkeit der
Vereine zu sistiren. Wir sind sogar der Ansicht, daß der Polizei das
Recht zustehen muß, polizeilich solche Vereine aufzulösen. Nur sollte
dabei ein geordnetes, nach französischem Muster eingerichtetes Beschwerde-
verfahren hergestellt werden. Daß diese Auflösung außerdem im Falle
eines verbrecherischen Vorgehens von Seiten des Gerichtes durch Ur-
theil
ausgesprochen werden kann, bedarf keines Beweises.

Dieß sind nun die allgemeinen Grundsätze für das Recht der
höheren Sicherheitspolizei. Das positive Recht derselben ist, wie schon
gesagt, noch sehr unfertig. Wir beschränken uns darauf, dasselbe in
seiner gegenwärtigen Gestalt zu charakterisiren.

Auch im englischen Recht geht der oben bezeichnete Proceß vor
sich; jedoch nur in Beziehung auf die geheimen Gesellschaften, während
die politischen Verbindungen frei blieben. Der Grund lag nicht etwa
in der freieren Auffassung von Seiten der Regierung, sondern in der
höchst begränzten Funktion der Sicherheitspolizei überhaupt, und die
Stellung, welche das öffentliche Klagrecht hier einnimmt. Daher ist es
der einfache Grundsatz, daß jede Art von Verbindung als solche frei
ist; beabsichtigte Verbrechen unterliegen dem Strafgesetz; für geschehene
Rechtsverletzung haften die Mitglieder. Die Sicherheitspolizei ist hier
rein gerichtlich. Ueber die Entstehung der Clubbs als Lesegesellschaften,
und die sich daran anschließenden Discussing Societies des vorigen Jahr-
hunderts, wie der Robin Hood Society in London, s. Buckle, History
of Civil. I.
394. -- In Frankreich wird neben dem vollkommen freien
Recht des Vereinswesens das Clubbwesen in den societes secretes schon
durch das Decret vom 29. September 1791 verboten, nebst der Affi-
liation
und der petition en nom collectif. Eine feste Gestalt gewinnt
jedoch dieß ganze Recht erst unter dem Kaiserthum, durch den viel be-
sprochenen Art. 291 des Code Penal. Derselbe ist zugleich die Basis
des ganzen französischen Vereinsrechts. Nach ihm soll jede Association, die
sich mit "objets religieux, litteraires, politiques ou autres" beschäftigt
und zu gewissen Zeiten zusammentritt, der Erlaubniß bedürfen, widri-
genfalls die Vereinigung aufgehoben und die Leiter bestraft werden

ſich als gemeingefährlich anerkannt werden muß, ſei es, daß dieſelbe
durch Affiliation, ſei es durch andere Verbindungsformen ausgeübt wird.
Hier tritt die Funktion der höheren Sicherheitspolizei ein, welche ſolche
Affiliationen zu hindern, eventuell zu entdecken hat; ſowie dieß letztere
aber geſchehen iſt, hat ſie die Betreffenden dem Gerichte zu übergeben.

Viertens endlich kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die
höhere Sicherheitspolizei das Recht haben muß, durch polizeiliche Ver-
fügungen die einzelnen Verſammlungen ſolcher Vereine aufzuheben,
und ſogar ohne gerichtliche Intervention die geſammte Thätigkeit der
Vereine zu ſiſtiren. Wir ſind ſogar der Anſicht, daß der Polizei das
Recht zuſtehen muß, polizeilich ſolche Vereine aufzulöſen. Nur ſollte
dabei ein geordnetes, nach franzöſiſchem Muſter eingerichtetes Beſchwerde-
verfahren hergeſtellt werden. Daß dieſe Auflöſung außerdem im Falle
eines verbrecheriſchen Vorgehens von Seiten des Gerichtes durch Ur-
theil
ausgeſprochen werden kann, bedarf keines Beweiſes.

Dieß ſind nun die allgemeinen Grundſätze für das Recht der
höheren Sicherheitspolizei. Das poſitive Recht derſelben iſt, wie ſchon
geſagt, noch ſehr unfertig. Wir beſchränken uns darauf, daſſelbe in
ſeiner gegenwärtigen Geſtalt zu charakteriſiren.

Auch im engliſchen Recht geht der oben bezeichnete Proceß vor
ſich; jedoch nur in Beziehung auf die geheimen Geſellſchaften, während
die politiſchen Verbindungen frei blieben. Der Grund lag nicht etwa
in der freieren Auffaſſung von Seiten der Regierung, ſondern in der
höchſt begränzten Funktion der Sicherheitspolizei überhaupt, und die
Stellung, welche das öffentliche Klagrecht hier einnimmt. Daher iſt es
der einfache Grundſatz, daß jede Art von Verbindung als ſolche frei
iſt; beabſichtigte Verbrechen unterliegen dem Strafgeſetz; für geſchehene
Rechtsverletzung haften die Mitglieder. Die Sicherheitspolizei iſt hier
rein gerichtlich. Ueber die Entſtehung der Clubbs als Leſegeſellſchaften,
und die ſich daran anſchließenden Discussing Societies des vorigen Jahr-
hunderts, wie der Robin Hood Society in London, ſ. Buckle, History
of Civil. I.
394. — In Frankreich wird neben dem vollkommen freien
Recht des Vereinsweſens das Clubbweſen in den sociétés secrètes ſchon
durch das Decret vom 29. September 1791 verboten, nebſt der Affi-
liation
und der petition en nom collectif. Eine feſte Geſtalt gewinnt
jedoch dieß ganze Recht erſt unter dem Kaiſerthum, durch den viel be-
ſprochenen Art. 291 des Code Pénal. Derſelbe iſt zugleich die Baſis
des ganzen franzöſiſchen Vereinsrechts. Nach ihm ſoll jede Aſſociation, die
ſich mit „objets religieux, littéraires, politiques ou autres beſchäftigt
und zu gewiſſen Zeiten zuſammentritt, der Erlaubniß bedürfen, widri-
genfalls die Vereinigung aufgehoben und die Leiter beſtraft werden

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[111/0133] ſich als gemeingefährlich anerkannt werden muß, ſei es, daß dieſelbe durch Affiliation, ſei es durch andere Verbindungsformen ausgeübt wird. Hier tritt die Funktion der höheren Sicherheitspolizei ein, welche ſolche Affiliationen zu hindern, eventuell zu entdecken hat; ſowie dieß letztere aber geſchehen iſt, hat ſie die Betreffenden dem Gerichte zu übergeben. Viertens endlich kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die höhere Sicherheitspolizei das Recht haben muß, durch polizeiliche Ver- fügungen die einzelnen Verſammlungen ſolcher Vereine aufzuheben, und ſogar ohne gerichtliche Intervention die geſammte Thätigkeit der Vereine zu ſiſtiren. Wir ſind ſogar der Anſicht, daß der Polizei das Recht zuſtehen muß, polizeilich ſolche Vereine aufzulöſen. Nur ſollte dabei ein geordnetes, nach franzöſiſchem Muſter eingerichtetes Beſchwerde- verfahren hergeſtellt werden. Daß dieſe Auflöſung außerdem im Falle eines verbrecheriſchen Vorgehens von Seiten des Gerichtes durch Ur- theil ausgeſprochen werden kann, bedarf keines Beweiſes. Dieß ſind nun die allgemeinen Grundſätze für das Recht der höheren Sicherheitspolizei. Das poſitive Recht derſelben iſt, wie ſchon geſagt, noch ſehr unfertig. Wir beſchränken uns darauf, daſſelbe in ſeiner gegenwärtigen Geſtalt zu charakteriſiren. Auch im engliſchen Recht geht der oben bezeichnete Proceß vor ſich; jedoch nur in Beziehung auf die geheimen Geſellſchaften, während die politiſchen Verbindungen frei blieben. Der Grund lag nicht etwa in der freieren Auffaſſung von Seiten der Regierung, ſondern in der höchſt begränzten Funktion der Sicherheitspolizei überhaupt, und die Stellung, welche das öffentliche Klagrecht hier einnimmt. Daher iſt es der einfache Grundſatz, daß jede Art von Verbindung als ſolche frei iſt; beabſichtigte Verbrechen unterliegen dem Strafgeſetz; für geſchehene Rechtsverletzung haften die Mitglieder. Die Sicherheitspolizei iſt hier rein gerichtlich. Ueber die Entſtehung der Clubbs als Leſegeſellſchaften, und die ſich daran anſchließenden Discussing Societies des vorigen Jahr- hunderts, wie der Robin Hood Society in London, ſ. Buckle, History of Civil. I. 394. — In Frankreich wird neben dem vollkommen freien Recht des Vereinsweſens das Clubbweſen in den sociétés secrètes ſchon durch das Decret vom 29. September 1791 verboten, nebſt der Affi- liation und der petition en nom collectif. Eine feſte Geſtalt gewinnt jedoch dieß ganze Recht erſt unter dem Kaiſerthum, durch den viel be- ſprochenen Art. 291 des Code Pénal. Derſelbe iſt zugleich die Baſis des ganzen franzöſiſchen Vereinsrechts. Nach ihm ſoll jede Aſſociation, die ſich mit „objets religieux, littéraires, politiques ou autres“ beſchäftigt und zu gewiſſen Zeiten zuſammentritt, der Erlaubniß bedürfen, widri- genfalls die Vereinigung aufgehoben und die Leiter beſtraft werden

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/133>, abgerufen am 05.12.2024.