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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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für sich, sondern sie enthält die Gesammtheit der Regeln und Grund-
sätze, nach welchen die in der Heilkunde gegebenen Kenntnisse und
Erfahrungen als Beweismittel im Strafproceß benützt werden.
Die gerichtliche Medicin hat daher mit dem Gesundheitswesen an sich
gar nichts zu thun, und ist eben so wenig auf die Organe der
letzteren oder auf ihre Vorschriften angewiesen. Sie ist vielmehr ein
streng gesondertes Gebiet für sich, das das Verhalten der medicinischen
Wissenschaften zur Rechtspflege enthält, während das Gesundheits-
wesen das Verhalten derselben zur inneren Verwaltung bestimmt.
Sie kann daher mit der letzteren weder in einer gemeinsamen Gesetz-
gebung, noch in einer gemeinsamen wissenschaftlichen Darstellung vermengt
werden; denn die gerichtliche Medicin bildet einen Theil der Gesetze und
der Lehren von dem bürgerlichen und Strafproceß, das Gesundheits-
wesen dagegen einen Theil der Verwaltungs-Gesetze und Lehren. Beide
haben daher auch, obwohl allerdings einerseits von dem formellen Be-
griff der Allgemeinen Verwaltung umfaßt, und andererseits auf denselben
allgemein wissenschaftlichen Grundlagen beruhend, keineswegs denselben
wissenschaftlichen Inhalt oder dieselben theoretischen und praktischen
Voraussetzungen. Während die gerichtliche Medicin die medicinischen
oder physiologischen Voraussetzungen oder Folgen von Demjenigen fest-
stellen muß, was ein Einzelner gethan hat, muß die Medicin im Ge-
sundheitswesen vielmehr sagen, was die Verwaltung befehlen oder thun
soll. Während die Funktion der Heilkundigen in der ersten nur auf
Verlangen des Gerichts eintritt, also unter Umständen gar nicht benutzt
wird, ist die Funktion des Gesundheitswesens eine organische und be-
ständige, ohne welche eine gute Verwaltung nicht sein kann. Während
die Heilkunde in der ersteren sich darauf beschränken muß, die ihr vor-
gelegten bestimmten und einzelnen Fragen zu beantworten, hat sie in
der zweiten sich vielmehr nach ihrem eigenen Ermessen mit allgemeinen
Zuständen und Kräften abzugeben. Während das Gericht in der ersten
den geschehenen Ausspruch der Heilkundigen als endgültig maßgebend
für sein Urtheil anzuerkennen hat, muß die Verwaltung in der letzteren
vielmehr neben dem Urtheil des Arztes noch eine nicht minder wichtige
eigene Thätigkeit in Beziehung auf die Gesundheit entwickeln. Beide
sind daher eben so verschieden wie Rechtspflege und innere
Verwaltung
. Es wird daher kaum nöthig sein, sie weiter zu schei-
den. Dagegen ist es allerdings nothwendig, zu erklären, wie trotzdem
eine, leider noch immer nicht ganz gehobene Vermischung so wesentlich
verschiedener Gebiete hat entstehen und sich bis auf die neueste Zeit
theilweise hat fortsetzen können.

Die allgemeine Grundlage dieser Erscheinung ist die öffentliche

für ſich, ſondern ſie enthält die Geſammtheit der Regeln und Grund-
ſätze, nach welchen die in der Heilkunde gegebenen Kenntniſſe und
Erfahrungen als Beweismittel im Strafproceß benützt werden.
Die gerichtliche Medicin hat daher mit dem Geſundheitsweſen an ſich
gar nichts zu thun, und iſt eben ſo wenig auf die Organe der
letzteren oder auf ihre Vorſchriften angewieſen. Sie iſt vielmehr ein
ſtreng geſondertes Gebiet für ſich, das das Verhalten der mediciniſchen
Wiſſenſchaften zur Rechtspflege enthält, während das Geſundheits-
weſen das Verhalten derſelben zur inneren Verwaltung beſtimmt.
Sie kann daher mit der letzteren weder in einer gemeinſamen Geſetz-
gebung, noch in einer gemeinſamen wiſſenſchaftlichen Darſtellung vermengt
werden; denn die gerichtliche Medicin bildet einen Theil der Geſetze und
der Lehren von dem bürgerlichen und Strafproceß, das Geſundheits-
weſen dagegen einen Theil der Verwaltungs-Geſetze und Lehren. Beide
haben daher auch, obwohl allerdings einerſeits von dem formellen Be-
griff der Allgemeinen Verwaltung umfaßt, und andererſeits auf denſelben
allgemein wiſſenſchaftlichen Grundlagen beruhend, keineswegs denſelben
wiſſenſchaftlichen Inhalt oder dieſelben theoretiſchen und praktiſchen
Vorausſetzungen. Während die gerichtliche Medicin die mediciniſchen
oder phyſiologiſchen Vorausſetzungen oder Folgen von Demjenigen feſt-
ſtellen muß, was ein Einzelner gethan hat, muß die Medicin im Ge-
ſundheitsweſen vielmehr ſagen, was die Verwaltung befehlen oder thun
ſoll. Während die Funktion der Heilkundigen in der erſten nur auf
Verlangen des Gerichts eintritt, alſo unter Umſtänden gar nicht benutzt
wird, iſt die Funktion des Geſundheitsweſens eine organiſche und be-
ſtändige, ohne welche eine gute Verwaltung nicht ſein kann. Während
die Heilkunde in der erſteren ſich darauf beſchränken muß, die ihr vor-
gelegten beſtimmten und einzelnen Fragen zu beantworten, hat ſie in
der zweiten ſich vielmehr nach ihrem eigenen Ermeſſen mit allgemeinen
Zuſtänden und Kräften abzugeben. Während das Gericht in der erſten
den geſchehenen Ausſpruch der Heilkundigen als endgültig maßgebend
für ſein Urtheil anzuerkennen hat, muß die Verwaltung in der letzteren
vielmehr neben dem Urtheil des Arztes noch eine nicht minder wichtige
eigene Thätigkeit in Beziehung auf die Geſundheit entwickeln. Beide
ſind daher eben ſo verſchieden wie Rechtspflege und innere
Verwaltung
. Es wird daher kaum nöthig ſein, ſie weiter zu ſchei-
den. Dagegen iſt es allerdings nothwendig, zu erklären, wie trotzdem
eine, leider noch immer nicht ganz gehobene Vermiſchung ſo weſentlich
verſchiedener Gebiete hat entſtehen und ſich bis auf die neueſte Zeit
theilweiſe hat fortſetzen können.

Die allgemeine Grundlage dieſer Erſcheinung iſt die öffentliche

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/21>, abgerufen am 22.11.2024.