Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.12. Jahrhundert allenthalben mit ziemlich gleichem Charakter. Es ist Wir werden zu dem Ende die ständische Verwaltungsordnung zu- Das erste Princip ist, daß in der ständischen Epoche jeder ständische 12. Jahrhundert allenthalben mit ziemlich gleichem Charakter. Es iſt Wir werden zu dem Ende die ſtändiſche Verwaltungsordnung zu- Das erſte Princip iſt, daß in der ſtändiſchen Epoche jeder ſtändiſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0337" n="315"/> 12. Jahrhundert allenthalben mit ziemlich gleichem Charakter. Es iſt<lb/> durchaus nothwendig, ſie in ihren Grundzügen darzuſtellen; und zwar<lb/> deßhalb, weil ſie eben ſo ſehr wie die Geſchlechtsordnung dem heutigen<lb/> Gemeinde- und Heimathsrecht Deutſchlands zum Grunde liegt, und es<lb/> gerade dieſe innige Verbindung mit derſelben iſt, welche das letztere<lb/> von Englands und Frankreichs Rechtszuſtänden in Auffaſſung und den<lb/> einzelnen geltenden Beſtimmungen unterſcheidet.</p><lb/> <p>Wir werden zu dem Ende die ſtändiſche Verwaltungsordnung zu-<lb/> nächſt in ihre zwei großen Gebiete ſcheiden, die <hi rendition="#g">corporative</hi>, und die<lb/><hi rendition="#g">feudale</hi>. Die corporative Verwaltungsordnung iſt diejenige, welche<lb/> die geſammten Angehörigkeitsverhältniſſe nach dem Berufe in den Be-<lb/> rufskörperſchaften beſtimmt. Die feudale iſt dagegen diejenige, welche<lb/> der Angehörigkeit einerſeits die Abſtammung, andrerſeits den Beſitz zum<lb/> Grunde legt. An dieſe ſchließt ſich die dritte Geſtalt, welche die Ele-<lb/> mente der noch unklaren, theils von corporativen, theils von feudalen<lb/> Grundſätzen durchdrungenen und beherrſchten ſtaatsbürgerlichen Geſell-<lb/> ſchaft enthält, die <hi rendition="#g">ſtädtiſche</hi> Ordnung mit ihrer Angehörigkeit und ihrem<lb/> öffentlichen Recht. Jede dieſer Ordnungen bildet nun ein großes, in<lb/> Princip und Recht, alſo auch in der Angehörigkeit weſentlich ſelbſtän-<lb/> diges Syſtem, das ſich von jedem der beiden andern möglichſt unab-<lb/> hängig zu ſtellen trachtet. Ein ſolches Syſtem, mit Princip, Recht,<lb/> Beſitz, wirthſchaftlichem und geiſtigem Leben und mithin auch mit eignem<lb/> Syſteme der Angehörigkeit verſehen, nennen wir einen <hi rendition="#g">Stand</hi>. Die<lb/> ſtändiſche Epoche hat daher die bekannten drei Stände, die Geiſtlichkeit,<lb/> die Ritterſchaft, die Städte, oder den Stand des geiſtigen Berufs, der<lb/> Waffen und der Arbeit. Jeder Stand hat <hi rendition="#g">ſein Syſtem der An-<lb/> gehörigkeit</hi>. Dieſe Syſteme greifen vielfach in einander; theils nehmen<lb/> Waffen und Arbeit Charakter und Form des Berufes an, theils ge-<lb/> winnt der geiſtliche Stand mit dem Grundbeſitz auch Antheil an der<lb/> Organiſation der übrigen Stände. Es entſteht daher ein äußerlich<lb/> ſehr verwirrtes Bild, deſſen oft ganz unauflösbaren Verhältniſſe es<lb/> allmählig nothwendig machen, für die geſammte Verwaltung eine ganz<lb/> neue, gegen das Bisherige grundſätzlich <hi rendition="#g">gleichgültige</hi> Ordnung der<lb/> Bevölkerung aufzuſtellen, die wir als die amtliche bezeichnen werden.<lb/> Allein da dieſe zwar in Frankreich, nicht aber in Deutſchland die ſtän-<lb/> diſche Bevölkerungsordnung vernichtet, ſo müſſen wir die letztere hier<lb/> darſtellen, wie ſie in der folgenden Epoche, ja auch in der Gegenwart<lb/> wieder erſcheint. Dieß iſt nun im Allgemeinen nicht ſchwer, da bei<lb/> aller äußern Verwirrung die Principien, auf denen dieſe Syſteme be-<lb/> ruhen, ziemlich einfach ſind.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">erſte</hi> Princip iſt, daß in der ſtändiſchen Epoche jeder ſtändiſche<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [315/0337]
12. Jahrhundert allenthalben mit ziemlich gleichem Charakter. Es iſt
durchaus nothwendig, ſie in ihren Grundzügen darzuſtellen; und zwar
deßhalb, weil ſie eben ſo ſehr wie die Geſchlechtsordnung dem heutigen
Gemeinde- und Heimathsrecht Deutſchlands zum Grunde liegt, und es
gerade dieſe innige Verbindung mit derſelben iſt, welche das letztere
von Englands und Frankreichs Rechtszuſtänden in Auffaſſung und den
einzelnen geltenden Beſtimmungen unterſcheidet.
Wir werden zu dem Ende die ſtändiſche Verwaltungsordnung zu-
nächſt in ihre zwei großen Gebiete ſcheiden, die corporative, und die
feudale. Die corporative Verwaltungsordnung iſt diejenige, welche
die geſammten Angehörigkeitsverhältniſſe nach dem Berufe in den Be-
rufskörperſchaften beſtimmt. Die feudale iſt dagegen diejenige, welche
der Angehörigkeit einerſeits die Abſtammung, andrerſeits den Beſitz zum
Grunde legt. An dieſe ſchließt ſich die dritte Geſtalt, welche die Ele-
mente der noch unklaren, theils von corporativen, theils von feudalen
Grundſätzen durchdrungenen und beherrſchten ſtaatsbürgerlichen Geſell-
ſchaft enthält, die ſtädtiſche Ordnung mit ihrer Angehörigkeit und ihrem
öffentlichen Recht. Jede dieſer Ordnungen bildet nun ein großes, in
Princip und Recht, alſo auch in der Angehörigkeit weſentlich ſelbſtän-
diges Syſtem, das ſich von jedem der beiden andern möglichſt unab-
hängig zu ſtellen trachtet. Ein ſolches Syſtem, mit Princip, Recht,
Beſitz, wirthſchaftlichem und geiſtigem Leben und mithin auch mit eignem
Syſteme der Angehörigkeit verſehen, nennen wir einen Stand. Die
ſtändiſche Epoche hat daher die bekannten drei Stände, die Geiſtlichkeit,
die Ritterſchaft, die Städte, oder den Stand des geiſtigen Berufs, der
Waffen und der Arbeit. Jeder Stand hat ſein Syſtem der An-
gehörigkeit. Dieſe Syſteme greifen vielfach in einander; theils nehmen
Waffen und Arbeit Charakter und Form des Berufes an, theils ge-
winnt der geiſtliche Stand mit dem Grundbeſitz auch Antheil an der
Organiſation der übrigen Stände. Es entſteht daher ein äußerlich
ſehr verwirrtes Bild, deſſen oft ganz unauflösbaren Verhältniſſe es
allmählig nothwendig machen, für die geſammte Verwaltung eine ganz
neue, gegen das Bisherige grundſätzlich gleichgültige Ordnung der
Bevölkerung aufzuſtellen, die wir als die amtliche bezeichnen werden.
Allein da dieſe zwar in Frankreich, nicht aber in Deutſchland die ſtän-
diſche Bevölkerungsordnung vernichtet, ſo müſſen wir die letztere hier
darſtellen, wie ſie in der folgenden Epoche, ja auch in der Gegenwart
wieder erſcheint. Dieß iſt nun im Allgemeinen nicht ſchwer, da bei
aller äußern Verwirrung die Principien, auf denen dieſe Syſteme be-
ruhen, ziemlich einfach ſind.
Das erſte Princip iſt, daß in der ſtändiſchen Epoche jeder ſtändiſche
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