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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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und sie der gesammten Verwaltung derselben unterwerfend, besteht
daher jetzt nur noch in der Gesammtheit der Bestimmungen, welche ver-
möge der Angehörigkeit dem Einzelnen das Recht auf die
Armenunterstützung der Heimathsgemeinde geben
.

Um nun den Begriff und Inhalt der Angehörigkeit im weitesten Sinne
zu einem vollständigen, das ganze Gebiet derselben erschöpfenden Bilde
zu machen, wird es wohl hier gestattet sein, noch zwei Verhältnisse und
Rechtsbegriffe aufzustellen und zu definiren, ohne welche das Ganze
vielen unvollständig erscheinen wird, und die auch historisch und selbst
gesetzlich vielfach mit dem Obigen in Berührung stehen, jedenfalls sie
aber in den wichtigsten Beziehungen erklären. Das sind die beiden Be-
griffe von Staatsbürgerthum und Indigenat, namentlich mit
der Beziehung des letzteren zum Gemeindebürgerrecht und Heimathswesen.

1) Staatsbürgerthum. Das Staatsbürgerthum ist nämlich
das Angehören einer Persönlichkeit an den Staat, insofern dieß An-
gehören der letztern in irgend einer gesetzlich oder historisch feststehenden
Form das Recht gibt, an der Bildung des Staatswillens als Ange-
höriger des Staats (also nicht vermöge amtlicher Stellung u. s. w.)
Theil zu nehmen. Der Begriff des Staatsbürgerthums ist daher nur
dann recht klar, wenn eine Verfassung in gesetzlicher Form dieß Recht
des Einzelnen juristisch formulirt hat, und dasselbe daher als ein indi-
viduelles Rechtsverhältniß des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft
und Einheit aller Andern auftritt. Es ist daher jetzt wohl leicht er-
klärlich, weßhalb das Wort und der Begriff des Staatsbürgerthums
so neu ist, und erst in diesem Jahrhundert entsteht, während die Sache
so alt ist, wie die Thatsache der Verfassung. Da dieß Ganze eine
Frage der Verfassungslehre ist, so können wir hier nicht darauf ein-
gehen. Nur die Bemerkung fügen wir hinzu, daß wo die Angehörigkeit
als solche schon ein Recht zur Theilnahme an der Verfassung gibt,
wie in Athen, Rom, der ersten französischen Republik, auch kein Unter-
schied zwischen Staatsbürgerthum und Staatsangehörigkeit denkbar ist,
so weit es sich eben um mündige Männer handelt, während da wo
zwischen den letztern der Unterschied von stimm- und wahlberechtigten
existirt, auch das Staatsbürgerthum sich streng von der Staatsange-
hörigkeit oder Staatsunterthanschaft scheidet, wie in den deutschen
Verfassungen. Hält man diese so äußerst einfachen Begriffe fest, so
verschwinden damit eine Menge von Unklarheiten im Gebrauch der Worte
und dem Sinn, den man mit ihnen zu verbinden pflegt.

2) Das Indigenat. Während demnach die beiden Begriffe von
(Staats-) Unterthanschaft und Staatsbürgerthum das Verhältniß des In-
dividuums zum Staatswillen und seiner Bildung ausdrücken, und die

und ſie der geſammten Verwaltung derſelben unterwerfend, beſteht
daher jetzt nur noch in der Geſammtheit der Beſtimmungen, welche ver-
möge der Angehörigkeit dem Einzelnen das Recht auf die
Armenunterſtützung der Heimathsgemeinde geben
.

Um nun den Begriff und Inhalt der Angehörigkeit im weiteſten Sinne
zu einem vollſtändigen, das ganze Gebiet derſelben erſchöpfenden Bilde
zu machen, wird es wohl hier geſtattet ſein, noch zwei Verhältniſſe und
Rechtsbegriffe aufzuſtellen und zu definiren, ohne welche das Ganze
vielen unvollſtändig erſcheinen wird, und die auch hiſtoriſch und ſelbſt
geſetzlich vielfach mit dem Obigen in Berührung ſtehen, jedenfalls ſie
aber in den wichtigſten Beziehungen erklären. Das ſind die beiden Be-
griffe von Staatsbürgerthum und Indigenat, namentlich mit
der Beziehung des letzteren zum Gemeindebürgerrecht und Heimathsweſen.

1) Staatsbürgerthum. Das Staatsbürgerthum iſt nämlich
das Angehören einer Perſönlichkeit an den Staat, inſofern dieß An-
gehören der letztern in irgend einer geſetzlich oder hiſtoriſch feſtſtehenden
Form das Recht gibt, an der Bildung des Staatswillens als Ange-
höriger des Staats (alſo nicht vermöge amtlicher Stellung u. ſ. w.)
Theil zu nehmen. Der Begriff des Staatsbürgerthums iſt daher nur
dann recht klar, wenn eine Verfaſſung in geſetzlicher Form dieß Recht
des Einzelnen juriſtiſch formulirt hat, und daſſelbe daher als ein indi-
viduelles Rechtsverhältniß des Einzelnen gegenüber der Gemeinſchaft
und Einheit aller Andern auftritt. Es iſt daher jetzt wohl leicht er-
klärlich, weßhalb das Wort und der Begriff des Staatsbürgerthums
ſo neu iſt, und erſt in dieſem Jahrhundert entſteht, während die Sache
ſo alt iſt, wie die Thatſache der Verfaſſung. Da dieß Ganze eine
Frage der Verfaſſungslehre iſt, ſo können wir hier nicht darauf ein-
gehen. Nur die Bemerkung fügen wir hinzu, daß wo die Angehörigkeit
als ſolche ſchon ein Recht zur Theilnahme an der Verfaſſung gibt,
wie in Athen, Rom, der erſten franzöſiſchen Republik, auch kein Unter-
ſchied zwiſchen Staatsbürgerthum und Staatsangehörigkeit denkbar iſt,
ſo weit es ſich eben um mündige Männer handelt, während da wo
zwiſchen den letztern der Unterſchied von ſtimm- und wahlberechtigten
exiſtirt, auch das Staatsbürgerthum ſich ſtreng von der Staatsange-
hörigkeit oder Staatsunterthanſchaft ſcheidet, wie in den deutſchen
Verfaſſungen. Hält man dieſe ſo äußerſt einfachen Begriffe feſt, ſo
verſchwinden damit eine Menge von Unklarheiten im Gebrauch der Worte
und dem Sinn, den man mit ihnen zu verbinden pflegt.

2) Das Indigenat. Während demnach die beiden Begriffe von
(Staats-) Unterthanſchaft und Staatsbürgerthum das Verhältniß des In-
dividuums zum Staatswillen und ſeiner Bildung ausdrücken, und die

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[278/0300] und ſie der geſammten Verwaltung derſelben unterwerfend, beſteht daher jetzt nur noch in der Geſammtheit der Beſtimmungen, welche ver- möge der Angehörigkeit dem Einzelnen das Recht auf die Armenunterſtützung der Heimathsgemeinde geben. Um nun den Begriff und Inhalt der Angehörigkeit im weiteſten Sinne zu einem vollſtändigen, das ganze Gebiet derſelben erſchöpfenden Bilde zu machen, wird es wohl hier geſtattet ſein, noch zwei Verhältniſſe und Rechtsbegriffe aufzuſtellen und zu definiren, ohne welche das Ganze vielen unvollſtändig erſcheinen wird, und die auch hiſtoriſch und ſelbſt geſetzlich vielfach mit dem Obigen in Berührung ſtehen, jedenfalls ſie aber in den wichtigſten Beziehungen erklären. Das ſind die beiden Be- griffe von Staatsbürgerthum und Indigenat, namentlich mit der Beziehung des letzteren zum Gemeindebürgerrecht und Heimathsweſen. 1) Staatsbürgerthum. Das Staatsbürgerthum iſt nämlich das Angehören einer Perſönlichkeit an den Staat, inſofern dieß An- gehören der letztern in irgend einer geſetzlich oder hiſtoriſch feſtſtehenden Form das Recht gibt, an der Bildung des Staatswillens als Ange- höriger des Staats (alſo nicht vermöge amtlicher Stellung u. ſ. w.) Theil zu nehmen. Der Begriff des Staatsbürgerthums iſt daher nur dann recht klar, wenn eine Verfaſſung in geſetzlicher Form dieß Recht des Einzelnen juriſtiſch formulirt hat, und daſſelbe daher als ein indi- viduelles Rechtsverhältniß des Einzelnen gegenüber der Gemeinſchaft und Einheit aller Andern auftritt. Es iſt daher jetzt wohl leicht er- klärlich, weßhalb das Wort und der Begriff des Staatsbürgerthums ſo neu iſt, und erſt in dieſem Jahrhundert entſteht, während die Sache ſo alt iſt, wie die Thatſache der Verfaſſung. Da dieß Ganze eine Frage der Verfaſſungslehre iſt, ſo können wir hier nicht darauf ein- gehen. Nur die Bemerkung fügen wir hinzu, daß wo die Angehörigkeit als ſolche ſchon ein Recht zur Theilnahme an der Verfaſſung gibt, wie in Athen, Rom, der erſten franzöſiſchen Republik, auch kein Unter- ſchied zwiſchen Staatsbürgerthum und Staatsangehörigkeit denkbar iſt, ſo weit es ſich eben um mündige Männer handelt, während da wo zwiſchen den letztern der Unterſchied von ſtimm- und wahlberechtigten exiſtirt, auch das Staatsbürgerthum ſich ſtreng von der Staatsange- hörigkeit oder Staatsunterthanſchaft ſcheidet, wie in den deutſchen Verfaſſungen. Hält man dieſe ſo äußerſt einfachen Begriffe feſt, ſo verſchwinden damit eine Menge von Unklarheiten im Gebrauch der Worte und dem Sinn, den man mit ihnen zu verbinden pflegt. 2) Das Indigenat. Während demnach die beiden Begriffe von (Staats-) Unterthanſchaft und Staatsbürgerthum das Verhältniß des In- dividuums zum Staatswillen und ſeiner Bildung ausdrücken, und die

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/300>, abgerufen am 22.11.2024.