gesellen (Bundesbeschluß v. 13. Jan. 1835) haben ihrer Zeit einige Mo- dificationen in das Recht der Wanderbücher gebracht, doch sind dieselben seit 1848 wieder verschwunden. (Vergl. Zöpfl, Staatsrecht II. §. 463, und Rönne, Preußisches Staatsrecht §. 333.) Die Wanderbücher sind an sich zweckmäßig, indem sie die Legitimation für das gewerbliche Wandern sind, und damit vor den polizeilichen Maßregeln gegen Vaga- bunden schützen, wobei nur die Frage bleibt, wo die objektive Gränze zwischen dem gewerblichen und ungewerblichen Wandern zu setzen ist. (S. später.) Es ist auch hier kein Grund eines direkten Befehles zur Führung von Wanderbüchern, wenn nur die Behandlung als Vaga- bund ohne Wanderbuch feststeht. Das Kriterium des reinen Legiti- mationssystems bestände hier darin, daß ein Wanderbuch für rechtlich überflüssig gehalten wird, wo sonstige Legitimation vorhanden ist, wäh- rend die Führung der erstern wegen der Unbequemlichkeiten der letztern anzurathen wäre. Freilich wird bei den Meisten dieses Standes ein solcher Rath meistens die Wirkung und fast immer die Form eines Befehles haben müssen, um seinen Zweck zu erreichen. Die Arbeits- bücher als solche gehören dagegen der socialen Richtung des Gewerbe- wesens an, und werden bei diesem wieder erscheinen.
6) Gewerbs- und Hausirpässe. Beide sind ihrem Wesen nach Legitimationen für Gewerbe die im Herumziehen ausgeübt werden. Ob sie dem Meldungs- oder Legitimationssystem angehören, hängt hier nicht von dem Wesen der letzteren, sondern vielmehr von der Anerkennung oder dem Mangel der Gewerbefreiheit, beziehungweise der Ordnung der letzteren ab. Wo keine Gewerbefreiheit existirt, haben diese Pässe einen doppelten Charakter. Sie sind erstlich gewerbliche Concessionen, und zweitens Erlaubnißscheine zur Reise; der Mangel der Gewerbefreiheit macht sie daher ohne weiteres zu Theilen des Meldungswesens. Bei der Gewerbe- freiheit dagegen sind sie Legitimationen für das Vorhandensein des be- stimmten Gewerbebetriebes, und der Zweck ihrer Verleihung ist nicht die Erlaubniß zum Gewerbe und zum Herumziehen, sondern die Legiti- mation des gewerblichen Wanderns, welche die Betreffenden von dem Vagabunden scheidet. Grundsätzlich sollte man es diesen Leuten über- lassen, ob sie auf die Gefahr der polizeilichen Abführung hin es unter- lassen wollen, einen solchen Paß zu nehmen; praktischer ist es wohl, die Lösung einer solchen Legitimation direkt zu befehlen. Die meisten Staaten haben das Verhältniß durch specielle Vorschriften geordnet. Oesterreich: Hausirpatent vom 4. Sept. 1852 (Stubenrauch, II. §. 511). Preußen: (Regul. vom 28. April 1824 und 4. Jul. 1836 Rönne, II. §. 336). Bayern: Pözl §. 181. -- Wir kommen natür- lich beim Gewerbswesen genauer auf dieß Verhältniß zurück.
geſellen (Bundesbeſchluß v. 13. Jan. 1835) haben ihrer Zeit einige Mo- dificationen in das Recht der Wanderbücher gebracht, doch ſind dieſelben ſeit 1848 wieder verſchwunden. (Vergl. Zöpfl, Staatsrecht II. §. 463, und Rönne, Preußiſches Staatsrecht §. 333.) Die Wanderbücher ſind an ſich zweckmäßig, indem ſie die Legitimation für das gewerbliche Wandern ſind, und damit vor den polizeilichen Maßregeln gegen Vaga- bunden ſchützen, wobei nur die Frage bleibt, wo die objektive Gränze zwiſchen dem gewerblichen und ungewerblichen Wandern zu ſetzen iſt. (S. ſpäter.) Es iſt auch hier kein Grund eines direkten Befehles zur Führung von Wanderbüchern, wenn nur die Behandlung als Vaga- bund ohne Wanderbuch feſtſteht. Das Kriterium des reinen Legiti- mationsſyſtems beſtände hier darin, daß ein Wanderbuch für rechtlich überflüſſig gehalten wird, wo ſonſtige Legitimation vorhanden iſt, wäh- rend die Führung der erſtern wegen der Unbequemlichkeiten der letztern anzurathen wäre. Freilich wird bei den Meiſten dieſes Standes ein ſolcher Rath meiſtens die Wirkung und faſt immer die Form eines Befehles haben müſſen, um ſeinen Zweck zu erreichen. Die Arbeits- bücher als ſolche gehören dagegen der ſocialen Richtung des Gewerbe- weſens an, und werden bei dieſem wieder erſcheinen.
6) Gewerbs- und Hauſirpäſſe. Beide ſind ihrem Weſen nach Legitimationen für Gewerbe die im Herumziehen ausgeübt werden. Ob ſie dem Meldungs- oder Legitimationsſyſtem angehören, hängt hier nicht von dem Weſen der letzteren, ſondern vielmehr von der Anerkennung oder dem Mangel der Gewerbefreiheit, beziehungweiſe der Ordnung der letzteren ab. Wo keine Gewerbefreiheit exiſtirt, haben dieſe Päſſe einen doppelten Charakter. Sie ſind erſtlich gewerbliche Conceſſionen, und zweitens Erlaubnißſcheine zur Reiſe; der Mangel der Gewerbefreiheit macht ſie daher ohne weiteres zu Theilen des Meldungsweſens. Bei der Gewerbe- freiheit dagegen ſind ſie Legitimationen für das Vorhandenſein des be- ſtimmten Gewerbebetriebes, und der Zweck ihrer Verleihung iſt nicht die Erlaubniß zum Gewerbe und zum Herumziehen, ſondern die Legiti- mation des gewerblichen Wanderns, welche die Betreffenden von dem Vagabunden ſcheidet. Grundſätzlich ſollte man es dieſen Leuten über- laſſen, ob ſie auf die Gefahr der polizeilichen Abführung hin es unter- laſſen wollen, einen ſolchen Paß zu nehmen; praktiſcher iſt es wohl, die Löſung einer ſolchen Legitimation direkt zu befehlen. Die meiſten Staaten haben das Verhältniß durch ſpecielle Vorſchriften geordnet. Oeſterreich: Hauſirpatent vom 4. Sept. 1852 (Stubenrauch, II. §. 511). Preußen: (Regul. vom 28. April 1824 und 4. Jul. 1836 Rönne, II. §. 336). Bayern: Pözl §. 181. — Wir kommen natür- lich beim Gewerbsweſen genauer auf dieß Verhältniß zurück.
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geſellen (Bundesbeſchluß v. 13. Jan. 1835) haben ihrer Zeit einige Mo-
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ſeit 1848 wieder verſchwunden. (Vergl. Zöpfl, Staatsrecht II. §. 463,
und Rönne, Preußiſches Staatsrecht §. 333.) Die Wanderbücher ſind
an ſich zweckmäßig, indem ſie die Legitimation für das gewerbliche
Wandern ſind, und damit vor den polizeilichen Maßregeln gegen Vaga-
bunden ſchützen, wobei nur die Frage bleibt, wo die objektive Gränze
zwiſchen dem gewerblichen und ungewerblichen Wandern zu ſetzen iſt.
(S. ſpäter.) Es iſt auch hier kein Grund eines direkten Befehles
zur Führung von Wanderbüchern, wenn nur die Behandlung als Vaga-
bund ohne Wanderbuch feſtſteht. Das Kriterium des reinen Legiti-
mationsſyſtems beſtände hier darin, daß ein Wanderbuch für rechtlich
überflüſſig gehalten wird, wo ſonſtige Legitimation vorhanden iſt, wäh-
rend die Führung der erſtern wegen der Unbequemlichkeiten der letztern
anzurathen wäre. Freilich wird bei den Meiſten dieſes Standes ein
ſolcher Rath meiſtens die Wirkung und faſt immer die Form eines
Befehles haben müſſen, um ſeinen Zweck zu erreichen. Die Arbeits-
bücher als ſolche gehören dagegen der ſocialen Richtung des Gewerbe-
weſens an, und werden bei dieſem wieder erſcheinen.
6) Gewerbs- und Hauſirpäſſe. Beide ſind ihrem Weſen nach
Legitimationen für Gewerbe die im Herumziehen ausgeübt werden. Ob ſie
dem Meldungs- oder Legitimationsſyſtem angehören, hängt hier nicht von
dem Weſen der letzteren, ſondern vielmehr von der Anerkennung oder dem
Mangel der Gewerbefreiheit, beziehungweiſe der Ordnung der letzteren
ab. Wo keine Gewerbefreiheit exiſtirt, haben dieſe Päſſe einen doppelten
Charakter. Sie ſind erſtlich gewerbliche Conceſſionen, und zweitens
Erlaubnißſcheine zur Reiſe; der Mangel der Gewerbefreiheit macht ſie
daher ohne weiteres zu Theilen des Meldungsweſens. Bei der Gewerbe-
freiheit dagegen ſind ſie Legitimationen für das Vorhandenſein des be-
ſtimmten Gewerbebetriebes, und der Zweck ihrer Verleihung iſt nicht
die Erlaubniß zum Gewerbe und zum Herumziehen, ſondern die Legiti-
mation des gewerblichen Wanderns, welche die Betreffenden von
dem Vagabunden ſcheidet. Grundſätzlich ſollte man es dieſen Leuten über-
laſſen, ob ſie auf die Gefahr der polizeilichen Abführung hin es unter-
laſſen wollen, einen ſolchen Paß zu nehmen; praktiſcher iſt es wohl,
die Löſung einer ſolchen Legitimation direkt zu befehlen. Die meiſten
Staaten haben das Verhältniß durch ſpecielle Vorſchriften geordnet.
Oeſterreich: Hauſirpatent vom 4. Sept. 1852 (Stubenrauch,
II. §. 511). Preußen: (Regul. vom 28. April 1824 und 4. Jul. 1836
Rönne, II. §. 336). Bayern: Pözl §. 181. — Wir kommen natür-
lich beim Gewerbsweſen genauer auf dieß Verhältniß zurück.
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/293>, abgerufen am 21.11.2024.
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