Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.Dienstlosigkeit zu überwachen und ihre Heimathsberechtigung zu constatiren, 5) Wanderbücher. Die Wanderbücher sind im Grunde nichts Dienſtloſigkeit zu überwachen und ihre Heimathsberechtigung zu conſtatiren, 5) Wanderbücher. Die Wanderbücher ſind im Grunde nichts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0292" n="270"/> Dienſtloſigkeit zu überwachen und ihre Heimathsberechtigung zu conſtatiren,<lb/> ſo nützt die Meldung beim Dienſ<hi rendition="#g">tantritt</hi> nichts, da dann die Heimath-<lb/> frage ohnehin unpraktiſch iſt, und beim Dienſtaustritt nicht, weil der<lb/> Betreffende ja doch nicht gleich ausgewieſen werden kann. Das wahre<lb/> Syſtem iſt daher hier auch nicht die Meldung, ſondern die Veranlaſſung<lb/> zur eigenen Legitimation, die durch regelmäßige Ausweiſung <hi rendition="#g">unlegiti-<lb/> mirter</hi> Dienſtboten von ſelbſt entſteht. Die <hi rendition="#g">Geſindebücher</hi> gehören<lb/> dagegen als eine Form der Zeugniſſe in das Gebiet der Arbeitsbücher<lb/> und damit in die Geſellſchaftslehre. Es iſt ohne allen Zweifel gut, ſie<lb/> einzuführen und zu erhalten; allein das <hi rendition="#g">rechte</hi> Mittel dazu iſt wieder<lb/> nicht der polizeiliche Zwang, ſondern die Verbindung des <hi rendition="#g">Rechts auf<lb/> den Aufenthalt</hi> mit dem Beſitze dieſer Bücher, das ſie allein ein-<lb/> führen wird, ſo weit ſie überhaupt eingeführt werden können. Die<lb/> Geſetze darüber ſind in den verſchiedenen Staaten ſehr verſchieden und<lb/> bilden einen Theil der Geſindeordnung, welche ſpäter zu behandeln ſind.<lb/> S. <hi rendition="#g">Rönne</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 349. <hi rendition="#g">Pözl</hi>, Verwaltungsrecht §. 113. <hi rendition="#g">Stuben-<lb/> rauch</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 443. <hi rendition="#g">Funke</hi> (Königreich Sachſen) <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 179 — Mel-<lb/> dung bei Strafe trotz der jährlichen polizeilichen Geſindereviſion (Geſinde-<lb/> ordnung vom 10. Januar 1835 §. 78).</p><lb/> <p>5) <hi rendition="#g">Wanderbücher</hi>. Die Wanderbücher ſind im Grunde nichts<lb/> als eine beſondere Form des polizeilichen Paßweſens. Sie beruhen<lb/> darauf, daß das gewerbliche Leben zum Theil die Wande<hi rendition="#g">rpflicht</hi> für<lb/> die Geſellen ausſprach, während im Princip des polizeilichen Paßweſens<lb/> das Recht der <hi rendition="#g">Erlaubniß</hi> zur Reiſe als Grundſatz galt. Andererſeits<lb/> forderte der Kampf gegen das Vagabundenthum die Möglichkeit, den<lb/> Geſellen, der zum Zweck ſeiner gewerblichen Ausbildung reist, von dem<lb/> zu unterſcheiden, der bloß heimathslos ſich umhertreibt. Das Wander-<lb/> buch iſt daher ein Paß für die Reiſe im Inlande, <hi rendition="#g">verbunden</hi> mit einem<lb/> Arbeitsbuch und Zeugniß über die <hi rendition="#g">Zwecke</hi> ſeiner Reiſe, <hi rendition="#g">ohne</hi> daß der<lb/> Geſelle dabei wie beim Paß ein Ziel anzugeben habe. Das Wanderbuch<lb/> iſt daher eine Legitimation für den gewerblichen Zweck der Reiſe, und<lb/> daher auch allenthalben von dem Paſſe ſowie von den Legitimations-<lb/> urkunden geſetzlich unterſchieden. In <hi rendition="#g">Preußen</hi> hat ſchon das Paß-<lb/> edikt von 1817 §. 2 das ordnungsmäßige Wanderbuch dem Paß gleich-<lb/> geſtellt; in <hi rendition="#g">Bayern</hi> iſt das <hi rendition="#g">Arbeitsbuch und Wanderbuch</hi> ver-<lb/> ſchmolzen (<hi rendition="#g">Pözl</hi> §. 156); eben ſo in <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> (<hi rendition="#g">Stubenrauch</hi>,<lb/> §. 447). Für Königreich <hi rendition="#g">Sachſen</hi> beſtehen Wanderbücher <hi rendition="#g">und</hi> Wander-<lb/> päſſe (<hi rendition="#g">Funke</hi>, Polizeigeſetze Bd. <hi rendition="#aq">IV. I.</hi> C. 1. 2). Für <hi rendition="#g">Württem-<lb/> berg</hi> gilt die Verordnung vom 4. Juli 1809 ſpeziell für die Wander-<lb/> bücher (<hi rendition="#g">Mohl</hi>, Württembergiſches Verwaltungsrecht §. 185). Die<lb/> Vorſchriften des Deutſchen Bundes über das Wandern der Handwerks-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0292]
Dienſtloſigkeit zu überwachen und ihre Heimathsberechtigung zu conſtatiren,
ſo nützt die Meldung beim Dienſtantritt nichts, da dann die Heimath-
frage ohnehin unpraktiſch iſt, und beim Dienſtaustritt nicht, weil der
Betreffende ja doch nicht gleich ausgewieſen werden kann. Das wahre
Syſtem iſt daher hier auch nicht die Meldung, ſondern die Veranlaſſung
zur eigenen Legitimation, die durch regelmäßige Ausweiſung unlegiti-
mirter Dienſtboten von ſelbſt entſteht. Die Geſindebücher gehören
dagegen als eine Form der Zeugniſſe in das Gebiet der Arbeitsbücher
und damit in die Geſellſchaftslehre. Es iſt ohne allen Zweifel gut, ſie
einzuführen und zu erhalten; allein das rechte Mittel dazu iſt wieder
nicht der polizeiliche Zwang, ſondern die Verbindung des Rechts auf
den Aufenthalt mit dem Beſitze dieſer Bücher, das ſie allein ein-
führen wird, ſo weit ſie überhaupt eingeführt werden können. Die
Geſetze darüber ſind in den verſchiedenen Staaten ſehr verſchieden und
bilden einen Theil der Geſindeordnung, welche ſpäter zu behandeln ſind.
S. Rönne II. 349. Pözl, Verwaltungsrecht §. 113. Stuben-
rauch II. §. 443. Funke (Königreich Sachſen) II. S. 179 — Mel-
dung bei Strafe trotz der jährlichen polizeilichen Geſindereviſion (Geſinde-
ordnung vom 10. Januar 1835 §. 78).
5) Wanderbücher. Die Wanderbücher ſind im Grunde nichts
als eine beſondere Form des polizeilichen Paßweſens. Sie beruhen
darauf, daß das gewerbliche Leben zum Theil die Wanderpflicht für
die Geſellen ausſprach, während im Princip des polizeilichen Paßweſens
das Recht der Erlaubniß zur Reiſe als Grundſatz galt. Andererſeits
forderte der Kampf gegen das Vagabundenthum die Möglichkeit, den
Geſellen, der zum Zweck ſeiner gewerblichen Ausbildung reist, von dem
zu unterſcheiden, der bloß heimathslos ſich umhertreibt. Das Wander-
buch iſt daher ein Paß für die Reiſe im Inlande, verbunden mit einem
Arbeitsbuch und Zeugniß über die Zwecke ſeiner Reiſe, ohne daß der
Geſelle dabei wie beim Paß ein Ziel anzugeben habe. Das Wanderbuch
iſt daher eine Legitimation für den gewerblichen Zweck der Reiſe, und
daher auch allenthalben von dem Paſſe ſowie von den Legitimations-
urkunden geſetzlich unterſchieden. In Preußen hat ſchon das Paß-
edikt von 1817 §. 2 das ordnungsmäßige Wanderbuch dem Paß gleich-
geſtellt; in Bayern iſt das Arbeitsbuch und Wanderbuch ver-
ſchmolzen (Pözl §. 156); eben ſo in Oeſterreich (Stubenrauch,
§. 447). Für Königreich Sachſen beſtehen Wanderbücher und Wander-
päſſe (Funke, Polizeigeſetze Bd. IV. I. C. 1. 2). Für Württem-
berg gilt die Verordnung vom 4. Juli 1809 ſpeziell für die Wander-
bücher (Mohl, Württembergiſches Verwaltungsrecht §. 185). Die
Vorſchriften des Deutſchen Bundes über das Wandern der Handwerks-
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