Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Persönlichkeit, sondern enthält die Bestimmungen, unter welchen die
Genehmigung der Vereine von Seiten der Regierung ge-
geben wird
. Diese Bestimmungen bilden das Recht der Genehmigung,
und der Inhalt dieses Rechts, sowie sein Unterschied von dem Rechte
der Gesellschaften und der juristischen Persönlichkeit, wird demgemäß von
dem Begriffe und Wesen diese Genehmigung bedingt werden.

Wir wollen versuchen, dieß darzulegen.

b) Das Recht der Genehmigung. England, Frankreich, Deutschland.

Das Recht der Genehmigung geht nur aus dem Wesen desselben her-
vor, welches seinerseits auf dem Wesen des Vereins beruht. Die Genehmi-
gung ist nämlich die Anerkennung einer Vereinigung als eines Organes
der freien Selbstverwaltung für einen bestimmten Zweck der Verwaltung.
Daß sie damit nothwendig ist für für den letzteren, ist klar; ein Verein
ohne eine Genehmigung ist aber so wenig denkbar, als etwa eine Ge-
meinde ohne Anerkennung. Sie enthält nämlich die dreifache Erklä-
rung, daß erstlich der Zweck des Vereins in Harmonie steht mit den
Aufgaben des Staats, daß zweitens die innere Ordnung des Vereins
nicht in Widerspruch steht mit dem Rechte der Staatsbürger, und
drittens daß die im Vereinsvertrage liegenden Thätigkeiten nicht in
Widerspruch stehen mit den Forderungen der Verwaltung.

Es ergibt sich aus diesem Inhalt der Genehmigung die Erledigung
der Hauptfrage, welche bei dem Vereinswesen stets aufgeworfen wird,
der Frage nach dem Verhältniß derselben zur bürgerlichen Freiheit, und
der Meinung, als stehe dieß Recht der Genehmigung mit der letzteren
in Widerspruch.

Jede Genehmigung, mag sie in was immer für einer Form auf-
treten (s. unten), ist rein negativ; das ist, sie ist nicht die Erlaubniß,
neue Vereine bilden zu dürfen, sondern die Erklärung, daß das innere
Recht des Vereins mit dem öffentlichen Recht nicht in Widerspruch
stehe. Die Staatsbürger empfangen daher nicht etwa erst durch die
Regierung das Recht, Vereine zu bilden, was allerdings eine ent-
schiedene Begränzung des staatsbürgerlichen Rechts wäre, sondern sie
haben nur für den Verein, den sie bilden, jene Erklärung zu erwarten,
um denselben ins Leben treten zu lassen. Diese Genehmigung ist ferner
wie gesagt weder für Vereinigungen, noch Verträge, noch für die Bildung
von Gesellschaften nothwendig, sondern tritt erst ein, wo ein öffentlicher
Zweck der Vereinigung eintritt. Das Recht auf Bildungen von Gesell-
schaften unterliegt daher der Erlaubniß und Genehmigung überhaupt
nicht; hier ist die völligste Freiheit ohnehin gegeben. Nur wenn man

Perſönlichkeit, ſondern enthält die Beſtimmungen, unter welchen die
Genehmigung der Vereine von Seiten der Regierung ge-
geben wird
. Dieſe Beſtimmungen bilden das Recht der Genehmigung,
und der Inhalt dieſes Rechts, ſowie ſein Unterſchied von dem Rechte
der Geſellſchaften und der juriſtiſchen Perſönlichkeit, wird demgemäß von
dem Begriffe und Weſen dieſe Genehmigung bedingt werden.

Wir wollen verſuchen, dieß darzulegen.

b) Das Recht der Genehmigung. England, Frankreich, Deutſchland.

Das Recht der Genehmigung geht nur aus dem Weſen deſſelben her-
vor, welches ſeinerſeits auf dem Weſen des Vereins beruht. Die Genehmi-
gung iſt nämlich die Anerkennung einer Vereinigung als eines Organes
der freien Selbſtverwaltung für einen beſtimmten Zweck der Verwaltung.
Daß ſie damit nothwendig iſt für für den letzteren, iſt klar; ein Verein
ohne eine Genehmigung iſt aber ſo wenig denkbar, als etwa eine Ge-
meinde ohne Anerkennung. Sie enthält nämlich die dreifache Erklä-
rung, daß erſtlich der Zweck des Vereins in Harmonie ſteht mit den
Aufgaben des Staats, daß zweitens die innere Ordnung des Vereins
nicht in Widerſpruch ſteht mit dem Rechte der Staatsbürger, und
drittens daß die im Vereinsvertrage liegenden Thätigkeiten nicht in
Widerſpruch ſtehen mit den Forderungen der Verwaltung.

Es ergibt ſich aus dieſem Inhalt der Genehmigung die Erledigung
der Hauptfrage, welche bei dem Vereinsweſen ſtets aufgeworfen wird,
der Frage nach dem Verhältniß derſelben zur bürgerlichen Freiheit, und
der Meinung, als ſtehe dieß Recht der Genehmigung mit der letzteren
in Widerſpruch.

Jede Genehmigung, mag ſie in was immer für einer Form auf-
treten (ſ. unten), iſt rein negativ; das iſt, ſie iſt nicht die Erlaubniß,
neue Vereine bilden zu dürfen, ſondern die Erklärung, daß das innere
Recht des Vereins mit dem öffentlichen Recht nicht in Widerſpruch
ſtehe. Die Staatsbürger empfangen daher nicht etwa erſt durch die
Regierung das Recht, Vereine zu bilden, was allerdings eine ent-
ſchiedene Begränzung des ſtaatsbürgerlichen Rechts wäre, ſondern ſie
haben nur für den Verein, den ſie bilden, jene Erklärung zu erwarten,
um denſelben ins Leben treten zu laſſen. Dieſe Genehmigung iſt ferner
wie geſagt weder für Vereinigungen, noch Verträge, noch für die Bildung
von Geſellſchaften nothwendig, ſondern tritt erſt ein, wo ein öffentlicher
Zweck der Vereinigung eintritt. Das Recht auf Bildungen von Geſell-
ſchaften unterliegt daher der Erlaubniß und Genehmigung überhaupt
nicht; hier iſt die völligſte Freiheit ohnehin gegeben. Nur wenn man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0645" n="621"/>
Per&#x017F;önlichkeit, &#x017F;ondern enthält die Be&#x017F;timmungen, <hi rendition="#g">unter welchen die<lb/>
Genehmigung der Vereine von Seiten der Regierung ge-<lb/>
geben wird</hi>. Die&#x017F;e Be&#x017F;timmungen bilden das <hi rendition="#g">Recht</hi> der Genehmigung,<lb/>
und der <hi rendition="#g">Inhalt</hi> die&#x017F;es Rechts, &#x017F;owie &#x017F;ein Unter&#x017F;chied von dem Rechte<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften und der juri&#x017F;ti&#x017F;chen Per&#x017F;önlichkeit, wird demgemäß von<lb/>
dem <hi rendition="#g">Begriffe</hi> und We&#x017F;en die&#x017F;e Genehmigung bedingt werden.</p><lb/>
                  <p>Wir wollen ver&#x017F;uchen, dieß darzulegen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#aq">b)</hi> Das Recht der Genehmigung. England, Frankreich, Deut&#x017F;chland.</head><lb/>
                  <p>Das Recht der Genehmigung geht nur aus dem We&#x017F;en de&#x017F;&#x017F;elben her-<lb/>
vor, welches &#x017F;einer&#x017F;eits auf dem We&#x017F;en des Vereins beruht. Die Genehmi-<lb/>
gung i&#x017F;t nämlich die Anerkennung einer Vereinigung als eines Organes<lb/>
der freien Selb&#x017F;tverwaltung für einen be&#x017F;timmten Zweck der Verwaltung.<lb/>
Daß &#x017F;ie damit nothwendig i&#x017F;t für für den letzteren, i&#x017F;t klar; ein Verein<lb/>
ohne eine Genehmigung i&#x017F;t aber &#x017F;o wenig denkbar, als etwa eine Ge-<lb/>
meinde ohne Anerkennung. Sie <hi rendition="#g">enthält</hi> nämlich die dreifache Erklä-<lb/>
rung, daß <hi rendition="#g">er&#x017F;tlich</hi> der Zweck des Vereins in Harmonie &#x017F;teht mit den<lb/>
Aufgaben des Staats, daß <hi rendition="#g">zweitens</hi> die innere Ordnung des Vereins<lb/>
nicht in Wider&#x017F;pruch &#x017F;teht mit dem Rechte der Staatsbürger, und<lb/><hi rendition="#g">drittens</hi> daß die im Vereinsvertrage liegenden Thätigkeiten nicht in<lb/>
Wider&#x017F;pruch &#x017F;tehen mit den Forderungen der Verwaltung.</p><lb/>
                  <p>Es ergibt &#x017F;ich aus die&#x017F;em Inhalt der Genehmigung die Erledigung<lb/>
der Hauptfrage, welche bei dem Vereinswe&#x017F;en &#x017F;tets aufgeworfen wird,<lb/>
der Frage nach dem Verhältniß der&#x017F;elben zur bürgerlichen Freiheit, und<lb/>
der Meinung, als &#x017F;tehe dieß Recht der Genehmigung mit der letzteren<lb/>
in Wider&#x017F;pruch.</p><lb/>
                  <p>Jede Genehmigung, mag &#x017F;ie in was immer für einer Form auf-<lb/>
treten (&#x017F;. unten), i&#x017F;t rein <hi rendition="#g">negativ</hi>; das i&#x017F;t, &#x017F;ie i&#x017F;t nicht die Erlaubniß,<lb/>
neue Vereine bilden zu dürfen, &#x017F;ondern die Erklärung, daß das innere<lb/>
Recht des Vereins mit dem öffentlichen Recht nicht in Wider&#x017F;pruch<lb/>
&#x017F;tehe. Die Staatsbürger empfangen daher nicht etwa er&#x017F;t durch die<lb/>
Regierung das Recht, Vereine zu bilden, was allerdings eine ent-<lb/>
&#x017F;chiedene Begränzung des &#x017F;taatsbürgerlichen Rechts wäre, &#x017F;ondern &#x017F;ie<lb/>
haben nur für den Verein, den &#x017F;ie bilden, jene Erklärung zu erwarten,<lb/>
um den&#x017F;elben ins Leben treten zu la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e Genehmigung i&#x017F;t ferner<lb/>
wie ge&#x017F;agt weder für Vereinigungen, noch Verträge, noch für die Bildung<lb/>
von Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften nothwendig, &#x017F;ondern tritt er&#x017F;t ein, wo ein öffentlicher<lb/>
Zweck der Vereinigung eintritt. Das Recht auf Bildungen von Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaften unterliegt daher der Erlaubniß und Genehmigung überhaupt<lb/>
nicht; hier i&#x017F;t die völlig&#x017F;te Freiheit ohnehin gegeben. Nur wenn man<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[621/0645] Perſönlichkeit, ſondern enthält die Beſtimmungen, unter welchen die Genehmigung der Vereine von Seiten der Regierung ge- geben wird. Dieſe Beſtimmungen bilden das Recht der Genehmigung, und der Inhalt dieſes Rechts, ſowie ſein Unterſchied von dem Rechte der Geſellſchaften und der juriſtiſchen Perſönlichkeit, wird demgemäß von dem Begriffe und Weſen dieſe Genehmigung bedingt werden. Wir wollen verſuchen, dieß darzulegen. b) Das Recht der Genehmigung. England, Frankreich, Deutſchland. Das Recht der Genehmigung geht nur aus dem Weſen deſſelben her- vor, welches ſeinerſeits auf dem Weſen des Vereins beruht. Die Genehmi- gung iſt nämlich die Anerkennung einer Vereinigung als eines Organes der freien Selbſtverwaltung für einen beſtimmten Zweck der Verwaltung. Daß ſie damit nothwendig iſt für für den letzteren, iſt klar; ein Verein ohne eine Genehmigung iſt aber ſo wenig denkbar, als etwa eine Ge- meinde ohne Anerkennung. Sie enthält nämlich die dreifache Erklä- rung, daß erſtlich der Zweck des Vereins in Harmonie ſteht mit den Aufgaben des Staats, daß zweitens die innere Ordnung des Vereins nicht in Widerſpruch ſteht mit dem Rechte der Staatsbürger, und drittens daß die im Vereinsvertrage liegenden Thätigkeiten nicht in Widerſpruch ſtehen mit den Forderungen der Verwaltung. Es ergibt ſich aus dieſem Inhalt der Genehmigung die Erledigung der Hauptfrage, welche bei dem Vereinsweſen ſtets aufgeworfen wird, der Frage nach dem Verhältniß derſelben zur bürgerlichen Freiheit, und der Meinung, als ſtehe dieß Recht der Genehmigung mit der letzteren in Widerſpruch. Jede Genehmigung, mag ſie in was immer für einer Form auf- treten (ſ. unten), iſt rein negativ; das iſt, ſie iſt nicht die Erlaubniß, neue Vereine bilden zu dürfen, ſondern die Erklärung, daß das innere Recht des Vereins mit dem öffentlichen Recht nicht in Widerſpruch ſtehe. Die Staatsbürger empfangen daher nicht etwa erſt durch die Regierung das Recht, Vereine zu bilden, was allerdings eine ent- ſchiedene Begränzung des ſtaatsbürgerlichen Rechts wäre, ſondern ſie haben nur für den Verein, den ſie bilden, jene Erklärung zu erwarten, um denſelben ins Leben treten zu laſſen. Dieſe Genehmigung iſt ferner wie geſagt weder für Vereinigungen, noch Verträge, noch für die Bildung von Geſellſchaften nothwendig, ſondern tritt erſt ein, wo ein öffentlicher Zweck der Vereinigung eintritt. Das Recht auf Bildungen von Geſell- ſchaften unterliegt daher der Erlaubniß und Genehmigung überhaupt nicht; hier iſt die völligſte Freiheit ohnehin gegeben. Nur wenn man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/645
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/645>, abgerufen am 22.11.2024.