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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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dagegen nur die speziellen Interessen und innern Aufgaben vertreten,
erscheint die örtliche Einheit des wirklichen Lebens, welche alle
Lebensverhältnisse aber örtlich begränzt und daher auch örtlich gestaltet,
wieder als ein selbständiges Element der verwaltenden Thätigkeit und
damit als ein Gegenstand der Selbstverwaltung. Die letztere ist daher
die örtliche Regierung, insofern die allgemeine Regierung durch die
Orts- und Landesverhältnisse Modifikationen empfängt; vermöge dieser
örtlichen Einheit ist sie ein äußerlich bestimmtes, vermöge der innern
staatlichen Natur ein innerlich organisirtes Ganzes, und in diesem
Sinne nennen wir das Ganze einen Selbstverwaltungskörper.

Diese Selbstverwaltungskörper haben nun, wie es sich schon aus
dem Obigen ergibt, eine viel selbständigere Natur wie die Vertretungen.
Mit der äußeren Gränze, welche sie besitzen, kommt ihre Gestalt, mit
dem Theil des Regierungsrechts, welches sie ausüben, ihr organisches
Verhältniß zum Staatsorganismus nothwendig in weit bestimmterer
Weise zur Erscheinung. Daher sind auch diese Selbstverwaltungskörper
die Träger des eigentlichen Rechts der Selbstverwaltung; sie haben
ihr eigenes Recht, und hängen nicht mehr von dem Ermessen und der
Zweckmäßigkeit ab, sondern sind mit der örtlichen Lebensgestaltung
selbst gegeben. Wir werden daher hier mit dem Unterscheiden des
staatlichen und des innern Rechts eigentlich erst ganz concrete Rechts-
gebiete scheiden können.

2) Das staatliche Recht der Selbstverwaltungskörper ergibt sich
in seinen, für alle drei Grundformen desselben gemeinsam gültigen
Princpien aus der obigen Natur derselben.

Das erste dieser Principien folgt aus dem Satze, daß diese
Körper, indem sie die Organisation und Polizei auf Grundlage ihrer
eigenen Verordnungsgewalt wirklich ausüben, auch die erste Bedin-
gung jeder wirklichen That besitzen müssen; das ist, um wirklich han-
deln zu können, müssen sie als Persönlichkeiten anerkannt sein.
So entsteht hier bei ihnen juristisch und historisch zuerst der Begriff
der sogenannten juristischen Persönlichkeit; die Selbstverwaltungs-
körper sind daher die höchste Form dieser juristischen Persönlichkeit. Wir
werden unten bei dem Vereinswesen diesen Begriff in seiner weitern
Entwicklung zu verfolgen haben, der gewöhnlich so höchst einseitig und
unorganisch aufgefaßt wird. Hier dürfen wir uns mit dem allgemeinen
Grundsatze begnügen, daß jeder Selbstverwaltungskörper sich am ersten
und wesentlichsten dadurch von den Vertretungen unterscheidet, daß er
eine juristische Persönlichkeit mit allen daraus folgenden Rechten und
Funktionen ist, was die Vertretungen weder sind noch sein können; sie
sind eben nur Organismen des Wollens und Wissens, aber nicht der

dagegen nur die ſpeziellen Intereſſen und innern Aufgaben vertreten,
erſcheint die örtliche Einheit des wirklichen Lebens, welche alle
Lebensverhältniſſe aber örtlich begränzt und daher auch örtlich geſtaltet,
wieder als ein ſelbſtändiges Element der verwaltenden Thätigkeit und
damit als ein Gegenſtand der Selbſtverwaltung. Die letztere iſt daher
die örtliche Regierung, inſofern die allgemeine Regierung durch die
Orts- und Landesverhältniſſe Modifikationen empfängt; vermöge dieſer
örtlichen Einheit iſt ſie ein äußerlich beſtimmtes, vermöge der innern
ſtaatlichen Natur ein innerlich organiſirtes Ganzes, und in dieſem
Sinne nennen wir das Ganze einen Selbſtverwaltungskörper.

Dieſe Selbſtverwaltungskörper haben nun, wie es ſich ſchon aus
dem Obigen ergibt, eine viel ſelbſtändigere Natur wie die Vertretungen.
Mit der äußeren Gränze, welche ſie beſitzen, kommt ihre Geſtalt, mit
dem Theil des Regierungsrechts, welches ſie ausüben, ihr organiſches
Verhältniß zum Staatsorganismus nothwendig in weit beſtimmterer
Weiſe zur Erſcheinung. Daher ſind auch dieſe Selbſtverwaltungskörper
die Träger des eigentlichen Rechts der Selbſtverwaltung; ſie haben
ihr eigenes Recht, und hängen nicht mehr von dem Ermeſſen und der
Zweckmäßigkeit ab, ſondern ſind mit der örtlichen Lebensgeſtaltung
ſelbſt gegeben. Wir werden daher hier mit dem Unterſcheiden des
ſtaatlichen und des innern Rechts eigentlich erſt ganz concrete Rechts-
gebiete ſcheiden können.

2) Das ſtaatliche Recht der Selbſtverwaltungskörper ergibt ſich
in ſeinen, für alle drei Grundformen deſſelben gemeinſam gültigen
Princpien aus der obigen Natur derſelben.

Das erſte dieſer Principien folgt aus dem Satze, daß dieſe
Körper, indem ſie die Organiſation und Polizei auf Grundlage ihrer
eigenen Verordnungsgewalt wirklich ausüben, auch die erſte Bedin-
gung jeder wirklichen That beſitzen müſſen; das iſt, um wirklich han-
deln zu können, müſſen ſie als Perſönlichkeiten anerkannt ſein.
So entſteht hier bei ihnen juriſtiſch und hiſtoriſch zuerſt der Begriff
der ſogenannten juriſtiſchen Perſönlichkeit; die Selbſtverwaltungs-
körper ſind daher die höchſte Form dieſer juriſtiſchen Perſönlichkeit. Wir
werden unten bei dem Vereinsweſen dieſen Begriff in ſeiner weitern
Entwicklung zu verfolgen haben, der gewöhnlich ſo höchſt einſeitig und
unorganiſch aufgefaßt wird. Hier dürfen wir uns mit dem allgemeinen
Grundſatze begnügen, daß jeder Selbſtverwaltungskörper ſich am erſten
und weſentlichſten dadurch von den Vertretungen unterſcheidet, daß er
eine juriſtiſche Perſönlichkeit mit allen daraus folgenden Rechten und
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ſind eben nur Organismen des Wollens und Wiſſens, aber nicht der

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[376/0400] dagegen nur die ſpeziellen Intereſſen und innern Aufgaben vertreten, erſcheint die örtliche Einheit des wirklichen Lebens, welche alle Lebensverhältniſſe aber örtlich begränzt und daher auch örtlich geſtaltet, wieder als ein ſelbſtändiges Element der verwaltenden Thätigkeit und damit als ein Gegenſtand der Selbſtverwaltung. Die letztere iſt daher die örtliche Regierung, inſofern die allgemeine Regierung durch die Orts- und Landesverhältniſſe Modifikationen empfängt; vermöge dieſer örtlichen Einheit iſt ſie ein äußerlich beſtimmtes, vermöge der innern ſtaatlichen Natur ein innerlich organiſirtes Ganzes, und in dieſem Sinne nennen wir das Ganze einen Selbſtverwaltungskörper. Dieſe Selbſtverwaltungskörper haben nun, wie es ſich ſchon aus dem Obigen ergibt, eine viel ſelbſtändigere Natur wie die Vertretungen. Mit der äußeren Gränze, welche ſie beſitzen, kommt ihre Geſtalt, mit dem Theil des Regierungsrechts, welches ſie ausüben, ihr organiſches Verhältniß zum Staatsorganismus nothwendig in weit beſtimmterer Weiſe zur Erſcheinung. Daher ſind auch dieſe Selbſtverwaltungskörper die Träger des eigentlichen Rechts der Selbſtverwaltung; ſie haben ihr eigenes Recht, und hängen nicht mehr von dem Ermeſſen und der Zweckmäßigkeit ab, ſondern ſind mit der örtlichen Lebensgeſtaltung ſelbſt gegeben. Wir werden daher hier mit dem Unterſcheiden des ſtaatlichen und des innern Rechts eigentlich erſt ganz concrete Rechts- gebiete ſcheiden können. 2) Das ſtaatliche Recht der Selbſtverwaltungskörper ergibt ſich in ſeinen, für alle drei Grundformen deſſelben gemeinſam gültigen Princpien aus der obigen Natur derſelben. Das erſte dieſer Principien folgt aus dem Satze, daß dieſe Körper, indem ſie die Organiſation und Polizei auf Grundlage ihrer eigenen Verordnungsgewalt wirklich ausüben, auch die erſte Bedin- gung jeder wirklichen That beſitzen müſſen; das iſt, um wirklich han- deln zu können, müſſen ſie als Perſönlichkeiten anerkannt ſein. So entſteht hier bei ihnen juriſtiſch und hiſtoriſch zuerſt der Begriff der ſogenannten juriſtiſchen Perſönlichkeit; die Selbſtverwaltungs- körper ſind daher die höchſte Form dieſer juriſtiſchen Perſönlichkeit. Wir werden unten bei dem Vereinsweſen dieſen Begriff in ſeiner weitern Entwicklung zu verfolgen haben, der gewöhnlich ſo höchſt einſeitig und unorganiſch aufgefaßt wird. Hier dürfen wir uns mit dem allgemeinen Grundſatze begnügen, daß jeder Selbſtverwaltungskörper ſich am erſten und weſentlichſten dadurch von den Vertretungen unterſcheidet, daß er eine juriſtiſche Perſönlichkeit mit allen daraus folgenden Rechten und Funktionen iſt, was die Vertretungen weder ſind noch ſein können; ſie ſind eben nur Organismen des Wollens und Wiſſens, aber nicht der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/400>, abgerufen am 22.11.2024.